Saarland-Connection. Greta R. Kuhn
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Ein spitzer Schrei ließ sie aus dem Programm hochfahren, in dem sie sich in der Hoffnung vergraben hatte, dass der Abend schneller vorbeigehen würde. Ihr Blick fiel auf das Kunstwerk, welches fast die gesamte Leinwand ausfüllte. Dass so etwas schon als Kunst galt? Die Aufregung um sie herum wuchs, da bemerkte sie den mutmaßlichen Auslöser. In der Installation kniete ein nackter Mann, die toten Augen weit aufgerissen nach oben gerichtet, mit einer klaffenden Wunde auf dem Rippenbogen. Zunächst konnte sie nicht erkennen, ob es sich um eine lebensechte Puppe oder einen Menschen handelte, doch Pausinis Gesichtsausdruck, den die Kamera jetzt einfing, sprach für sich.
Ihr Blick traf auf den von Lothar Klein, der gerade die gleichen Schlüsse gezogen hatte. Handlungsbedarf. Sofort.
Adrenalin schoss augenblicklich durch ihre Adern und löschte jede noch verbleibende Wirkung des Alkohols. Sie war voll da. Klein nickte ihr zu.
»Hart, Sie übernehmen hier an der Stelle. Wir müssen verhindern, dass alle wegrennen. Ich mache eine Durchsage und lasse den kleinen Raum sperren. Kümmern Sie sich darum, dass die Namen und Adressen aller erfasst werden, die hier waren. Ich fordere derweil die Kollegen an.«
Veronika mischte sich unter diejenigen, die bereits versuchten, die Gasgebläsehallen zu verlassen, und beeilte sich, vor ihnen den Eingang zu erreichen. Dort standen die zwei jungen Frauen, die gelangweilt auf ihre Handys starrten und von dem Trubel noch nichts mitbekommen hatten. Sie erklärte ihnen in knappen Worten, was sie von ihnen brauchte: jeden einzelnen Namen mit Kontaktdaten der Personen, die heute gekommen waren.
»Haben Sie Funkverbindung zu Ihren Kollegen?«
Beide nickten stumm.
»Gut, dann fragen Sie bitte nach Verstärkung. Sie werden mehrere Anlaufstellen benötigen, die Security kann sicher innen für Ordnung sorgen, damit hier alles in Ruhe vonstattengeht. Sollten zwei Personen aus einem Haushalt da sein, dann reicht uns ein Name. Versuchen Sie einfach, den Vorgang so effizient wie möglich zu halten. Ach ja, können Sie mir noch Ihren Chef herrufen? Wie heißt er?«
»Sicher, kein Problem«, stammelte eine der beiden, die nun hektisch versuchten, sich auf den kommenden Ansturm vorzubereiten. »Er heißt Gerrit, Gerrit Jahnke.«
»Super, ich unterstütze Sie hier, bis Ihre Verstärkung kommt. Dann legen wir mal los.«
In den kommenden Minuten war Veronika Security-Frau, Psychologin, Dompteurin und Kindergärtnerin in einem. Sie war erleichtert, als einer der Männer, der sich als Gerrit Jahnke vorstellte, weitere Kollegen mitbrachte und sie die Diskussionen mit den aufgebrachten Gästen dem Team der Völklinger Hütte überlassen konnte.
Klein hatte es in der Zwischenzeit geschafft, den Nebenraum zu evakuieren, lediglich Paulo Pausini, sein Manager und Sebastian Kirschmeier hatten sich vor der Kunstinstallation versammelt, als Veronika und Jahnke dazustießen.
Pausini lehnte gehockt gegen die Wand, das Gesicht in seinen Händen vergraben. Sein Manager stand neben ihm und tätschelte ihm den Kopf, als wäre der Künstler ein alternder Schäferhund, der seine Dienste getan hatte. Klein und Kirschmeier tauschten sich murmelnd aus und öffneten ihren kleinen Kreis für die beiden Neuankömmlinge.
»Verstärkung habe ich angefordert, ebenso die Spurensicherung. Die sollten jeden Moment da sein. Wie läuft es am Ausgang?«
»Herr Jahnke hier ist der verantwortliche Eventmanager, er hat seinen Mitarbeitern Anweisung gegeben, jeden einzelnen Gast zu registrieren«, informierte Veronika ihren Chef.
»Das stimmt, allerdings habe ich gerade die Info über Funk bekommen, dass es schon erste Kandidaten gibt, die über Personalausgänge nach draußen gelangt sind. Bei dem Chaos hier ist das nicht auszuschließen. Die Leute wollen einfach nicht länger in der Schlange stehen, es gibt bereits handfeste Diskussionen im Ausgangsbereich.«
»Okay, darum müssen wir uns später kümmern. Am wichtigsten ist zu klären, mit wem wir es hier zu tun haben.«
Veronika deutete auf das Opfer. Hautfarbe, Totenflecken und der starre Blick machten eine Überprüfung der Vitalfunktionen überflüssig. Dieser Mensch war schon länger tot. Je weniger sie am vermeintlichen Tatort berührten, desto besser war es für die Spurensicherung später.
Das Opfer war männlich und übergewichtig, die angegrauten Haare fielen ihm strähnig ins Gesicht. Er kniete in einer betenden Pose, die Hände und Füße hatte jemand mit Kabelbindern zusammengebunden, seine Augen waren starr auf die ineinander gefalteten Finger gerichtet.
»Da hat sich aber einer mit dem Anrichten wirklich Mühe gegeben«, durchbrach Kirschmeier die Stille. Veronika zuckte bei dem Wort zusammen, es gehörte aus ihrer Sicht nicht zum respektvollen Umgang mit Toten. Anrichten, er war doch kein Spanferkel. Sie stöhnte leise und suchte den Blick ihres Chefs, der immer noch mit gerunzelter Stirn vor dem Kunstwerk stand.
Doch der Staatsanwalt ließ sich nicht beirren.
»Irgendwie kommt mir der Kollege bekannt vor. Auch wenn der Tod bereits seine Spuren hinterlassen hat. Herr Klein, sagt Ihnen das Gesicht nichts? Ich könnte wetten, dass ich den schon auf diversen Empfängen gesehen habe. Aber ein Name?«
Veronika platzte der Kragen. »Herr Staatsanwalt, es wäre gut, wenn wir hier nicht von Kollegen und Anrichten sprechen könnten. Wir befinden uns an einem Leichenfundort, da erwarte ich einen etwas respektvolleren Ton, bitte.«
Kirschmeier schaute sie verdutzt an und wollte gerade etwas entgegnen, als Lothar Klein die beiden unterbrach.
»Das ist Hartmann, Benno Hartmann. Er ist Bauunternehmer, und wenn mich nicht alles täuscht, wohnt er auf dem Bübinger Berg. Er ist bei den Rotariern, wahrscheinlich haben Sie ihn dort gesehen, Herr Kirschmeier.«
Ihr Opfer hatte einen Namen.
»Und Kirschmeier, Frau Hart hat recht. Überdenken Sie bitte Ihre Wortwahl.«
12.
Was machte dieser Mann in seiner Installation? Als der Polizist, der sich ihm als Lothar Klein vorgestellt hatte, den Namen des Toten nannte, war er zusammengefahren. Er wusste, wer er war, aber er konnte sich nicht erklären, was er hier verloren hatte. Sie würden ihn verdächtigen, das getan zu haben. Er durfte jetzt nichts Falsches sagen.
»Ich kenne ihn nicht. Was soll das alles?«, presste er mit zusammengeschnürter Kehle hervor. Tränen traten ihm in die Augen.
Die kleine Gruppe vor ihm verstummte und sah ihn an. Er fühlte sich elend und hätte sich am liebsten in einer Mauerritze verkrochen. Wie sagte Achim immer? Wer hoch flog, konnte auch tief fallen. Und es war ein verdammt harter Aufprall gewesen. Zitternd und voller Adrenalin und Endorphine hatte er vor wenigen Minuten, kurz vor der Enthüllung, die Reißleine in der Hand gehalten. Monatelange harte Arbeit an diesem Werk lag hinter ihm.
Diese Installation sollte ihn auf die nächste Ebene in der Kunstszene katapultieren. Eine Hommage an Joseph Beuys, als Einheit von Formen, Materialien und praktischem sowie theoretischem Handeln, gemischt mit Einflüssen des japanischen Installationskünstlers Jun’ichi Kakizaki, von dem er die natürlichen Materialien übernommen hatte. Er hatte es geschafft, Metallartefakte der letzten Jahrzehnte, welche die Industrialisierung und Mechanisierung des menschlichen Lebens symbolisierten, mit echten Schlingpflanzen zu einem komplexen, sich selbst aufrechterhaltenden Kunstwerk zu kombinieren. Hierbei wurden die Gebrauchsgegenstände von Lianen und Efeu so eingefasst, dass diese die Überhand