Wo heute predigen?. Группа авторов

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Gründe. Einerseits sind alle meine Verwandten, die älter sind als ich, bereits gefirmt und deswegen möchte ich das auch. Außerdem finde ich, dass die Firmung zum Leben eines Christen einfach dazugehört. Durch die Firmung hat man auch jemanden, […] mit dem man über Probleme reden kann. Einerseits Gott, andererseits den Firmpaten. [Sebastian]

      Bei Sebastian taucht zweimal das „einerseits“ und „anderseits“ auf. Einerseits seine Verwandtschaft, anderseits das Bewusstsein, dass die Firmung „dazugehört“. Seine Problembewältigungsstrategien sind einerseits gottbezogen, andererseits patenbezogen. Mehr „Innenansicht“ von seinem Seelenleben oder von Erlebnisqualitäten bietet er nicht dar. Das erlebe ich bei den Briefen von Burschen als sehr typisch. Viel gesprächiger ist Viola und sie steht damit in der Linie der weiblichen Firmlinge, die von ihrem Erleben immer wieder Blitzlichter preisgeben und ein hohes Maß an Introspektionsfähigkeit verraten.

      [… So] wurde Gott zu so einem wichtigen Bestandteil meines Lebens, der er heute ist, als meine Großmutter vor drei Jahren verstarb. Auch mit meiner Freundin erlitt ich zu der Zeit eine schwierige Phase. Die Kirche war der Ort, wo ich über alles nachdenken konnte, wo ich mich nicht verstellen musste. […] Vor allem beim Vaterunser, wo wir uns alle die Hände reichen, überkommt mich immer dieses wunderbare, wohlige Gefühl. Es ist, als würde ich alle meine Sorgen loslassen, als würde ich frei sein von all meinen Sünden. Wie aus einem Bilderbuch überkommt mich dann ein Lächeln, die ehrlichsten und freudigsten Lächeln meines ganzen Lebens. Manchmal fragt man uns, was der wichtigste Teil der Messe für uns ist; die meisten antworten die Heilige Kommunion, doch für mich ist es das Vaterunser, das gemeinsame Beten. Denn dort fühle ich mich, als würde ich mit Gott in Verbindung sein […]. [Viola]

      Viola scheint in hohem Maße kirchlich eingebunden zu sein. Sie bringt religiöse Erfahrung zur Sprache und weiß gleichzeitig für sich, wo sich das „Einfallstor“ ihrer Glaubenserfahrung geöffnet hat. Der Vergleich vom „Bilderbuch“ in Verbindung mit dem Lächeln weist auf hohe sprachliche Kompetenz hin. Beim folgenden Brief von Fabian, der zur Gänze wiedergegeben wird, stellt sich wiederum männliches Normalmaß ein: kurz, ehrlich, unpoetisch …

      […] Mein Name ist [Fabian].

      Meine Hobbys sind Jiu Jitsu, ein wenig Fußball, im Winter Eishockey und dann spiel ich noch Gitarre. Mit der Religion hab ich mich außer der Schule nicht so intensiv beschäftigt. Ich habe mich zur Firmung angemeldet, weil ich finde, dass es zu unserem Glauben dazu gehört. Ich würde in die Kirche, wenn ich was ändern könnte, würde ich mehr Schwung rein bringen. Was ich später arbeiten will, weiß ich noch nicht so genau.

      Ich werde nach der Firmung wahrscheinlich nicht mehr so oft in die Kirche gehen, weil ich dann kein Ministrant mehr bin und ich ein wenig faul bin und nicht aufgefordert werde, in die Kirche zu gehen. Bei der Vorbereitung auf die Firmung hat mir besonders gut gefallen das Zusammensein, aber eigentlich hat mir alles sehr gut gefallen. Mit besten Grüßen, [Fabian].

      Allein aus diesen Ausschnitten der Briefe öffnet sich ein Kosmos von unterschiedlichsten Lebenslagen von jungen Menschen, die sich gerade in der Lebensphase erster Grundentscheidungen befinden. Was werden sie nach Abschluss der Pflichtschule tun? Fabian ist sich da nicht so sicher. Und die Distanz zu regelmäßigem Gottesdienstbesuch ist programmiert, da offenbar keine weitere Stützung aus dem familiären Umfeld zu erwarten ist.

      Manche werden dann die Frage stellen: Darf man dann überhaupt firmen? Es ist doch vorhersehbar, dass keine Integration in die Pfarrgemeinde erfolgen wird. Die Hoffnung, dass sich mit der Firmung Pfarrgemeindebezug einstellen wird, wird größtenteils enttäuscht. Der Firmling Stefan formuliert:

      Nun will ich mich firmen lassen. Da ich an Gott glaube, glaube ich auch daran, nach der Firmung auf meinem Weg mit Gott bekräftigt zu werden. Deshalb lasse ich mich firmen.

      In diesen drei Sätzen formuliert er (stellvertretend für viele Firmlinge) den Gottesbezug bzw. Christusbezug seiner Firmung, aber wenig dazugehörigen Kirchen(gemeinde)bezug, obwohl die Firmvorbereitung, die ja in den Pfarrgemeinden stattfindet, fast immer als positiv bis sehr positiv wahrgenommen wird.

      Das ist eine Realität bzw. Konstellation, in der die Firmung gefeiert wird. Dennoch schreiben zwei weitere Firmlinge:

      Ich werde nach der Firmung weiterhin die Kirche besuchen.

      Nach der Firmung möchte ich persönlich weiter in die Kirche gehen, da ich dann ein Teil der Kirche bin.

      2. Konfiguration und Transfiguration

      An Konstellationen kann man zuerst einmal nichts ändern. Auch die Vorstellung, in einer (Moral)Predigt gegen sie aufzutreten, um es den Leuten einmal „hineinzusagen“, kann ad acta gelegt werden. Ich kann mich vor den Großglockner hinstellen und ihm befehlen: „Spring!“; er wird sich nicht bewegen. Ich kann allerdings den Moment des Firmgottesdienstes nützen, um großzügig auszusäen (vgl. Mk 4,1-9) und um in einer evangeliumsgemäßen Konfiguration des Gottesdienstes die Chance auf die Transfiguration zu erhöhen. Unter Konfiguration verstehe ich Vorgangsweisen und Interventionen eines Firmspenders, um das Ganze des Gottesdienstes zu einer figura, zu einem (atmenden) Gesamtgebilde zusammenzuführen, das man auch als einen „Großleib“2 bezeichnen kann. Den Begriff der Transfiguration entnehme ich der lateinischen Bibelübersetzung, in welcher die Verklärung des Herrn als transfiguratio bezeichnet wird. Aus Jesus, den viele seiner damaligen Begleiter_innen als besonderen Menschen kennen, bricht für eine begrenzte Zahl der Jünger Licht hervor (vgl. Mk 9,2-8). Eine himmlische Stimme erklärt ihn zum geliebten Sohn, auf den sie hören sollen.

      In Anlehnung an dieses Gipfelereignis kann ein ähnliches Erleben seitens der Mitfeiernden stattfinden. Während man in der Konfiguration Vorgangsweisen benennen kann, die häufig erfolgversprechend sind, ist die Dimension der Transfiguration nicht einfachhin herstellbar bzw. auch nicht einsehbar (wer weiß schon, was zwischen Gott und dem Firmling geschieht?), aber dennoch manchmal im „Großleib“ spürbar. Theologisch kann dieser Erfahrungsraum als geisterfüllte Ergriffenheit bezeichnet werden, die man auch als Gnadenerfahrung qualifizieren kann.3 Die zusammengekommene Gemeinschaft wird transzendiert und weist auf eine größere figura hin, an der sie im Moment der Feier Teil hat. Erst daran kann Mystagogie ansetzen: Zuerst diese Form des „Lichts“, dann das deutende Wort. Anders gesagt: Ohne vorliegenden Erfahrungsraum keine „griffige“ Deutung. So muss man daher zuerst versuchen, durch Konfiguration der Transfiguration eine Chance zu geben. Deshalb werden nun einige Elemente skizziert, welche für die Konfiguration wichtig sind.

      Das Rollenrepertoire des Firmspenders

      Seitens des Firmspenders gibt es verschiedene Rollen, in denen er in Erscheinung tritt:

      1) Er ist der Vertreter des Bischofs. Es ist nicht der Pfarrer, der firmt, sondern jemand, der von „Außen“ und von „Oben“ aus der kirchlichen Hierarchie kommt und dem dadurch ein besonderes Augenmerk geschenkt wird. Die sonntägliche Routine wird durchbrochen.

      2) Der Firmspender ist Vorsteher der Feier. Ein bisher Unbekannter steht „vorne“, und das beinhaltet die Chance, einmal jemand anderen als Leiter der Liturgie zu erleben, was durchaus auch Unsicherheit bei den Ministrant_innen und anderen Rollenträger_innen auslösen kann, weil die eingespielten Routinen durchbrochen werden können. Als Vorsteher trägt man auch die Verantwortung für die „Atemzüge“ der Feier (s.u. „Zusammenspiel der Stimmungslagen“).

      3) Immer wieder tritt man als Moderator in Erscheinung. In dieser Rolle gibt man kurze und (womöglich charmante) Handlungsanweisungen an die Teilnehmer_innen. „Ich bitte diejenigen, die die Fürbitten beten, hierher herauszukommen.“4 Das gibt vor allem den liturgisch nicht versierten Personen Sicherheit und sorgt für äußere und innere Ruhe. Der Vorsteher der Feier unterstützt den Fluss bzw. die „Atmung“

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