Kirche der Armen?. Группа авторов

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[Zugriff: 06.05.2020].

      2 Michael Landau zur Corona-Krise (29.4.2020): https://www.caritas.at/aktuell/news/detail/news/86477-corona-wir-brauchen-nicht-nur-impfstoff-gegen-das-virus-sondern-auch-rezepte-gegen-armut-un/ [Zugriff: 06.05.2020].

      3 Bundeszentrale für politische Bildung: Armutsfolgen der Banken- und Finanzkrise (2016): https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/arbeitsmarkt-politik/55396/armutsfolgen-der-krise [Zugriff: 06.05.2020].

      4 Kirche der Armen – Weltkirche: https://weltkirche.katholisch.de/Themen/Kirche-der-Armen [Zugriff: 06.05.2020].

      5 Ansprache von Papst Franziskus: Audienz für die Medienvertreter, Vatikan, 16. März 2013, http://www.vatican.va/content/francesco/de/speeches/2013/march/documents/papa-francesco_20130316_rappresentanti-media.html [Zugriff: 06.05.2020].

       Kirche der Armen? Eine Einleitung

      Johann Pock / Regina Polak / Frank G. C. Sauer/ Rainald Tippow

      Als Jorge Mario Bergoglio 2013 bei seiner Papstwahl den Namen Franziskus wählte, war das mit Bedacht und als Programm gewählt. „Vergiss die Armen nicht!“, soll ihm Kardinal Claudio Hummes nach seiner Wahl zugeflüstert haben. In den mittlerweile sieben Jahren seines Pontifikats hat Papst Franziskus dann das Thema der Armut und auch der armen Kirche vielfach angesprochen, aber auch symbolische Akte gesetzt, wie gleich zu Beginn seine Reise zu den Geflüchteten und MigrantInnen in Lampedusa oder nach Lesbos. Wie Laubach und Wahl in ihrem Buch „Arme Kirche?“1 im Jahr 2014 hervorheben, ist die Rede von der armen Kirche heftig umstritten. Jon Sobrino wurde für die Aussage, dass die Kirche der Armen der ekklesiale Ort für die Christologie sei, von der Glaubenskongregation noch 2007 kritisiert.2

      Papst Franziskus spricht jedoch in seiner programmatischen Antrittsenzyklika „Evangelii gaudium“ (EG) vom 24.11.2013 explizit von der „armen Kirche für die Armen“ (EG 198). Was aber kann darunter konkret verstanden werden bzw. welche Fragen werden damit aufgeworfen? Und woher kommt dieses Motiv?

       1. Das Motiv „Kirche der Armen“ – ein Kind des II. Vatikanums?

      In den vergangenen Jahren haben sich international unterschiedliche AutorInnen der Frage gewidmet, in welcher Form das Thema der „Armut“ auch für die Kirchen und Religionen von Bedeutung ist. Eine wichtige Stimme ist dabei Luigi Bettazzi.3 Er war während des Konzils 1963 zum Bischof geweiht worden – und er war (wie er selbst schreibt „zufällig“) auch einer jener 40 Bischöfe, die 1965 den sogenannten „Katakombenpakt“ unterschrieben hatten. Für ihn liegt ein wesentlicher Grund dafür, dass sich gerade die römischkatholische Kirche so schwer tut mit dem Motiv der Armut darin, dass hinter jeder Äußerung zur ungerechten Verteilung des Reichtums der „Einfluss der marxistischen Ideologie“ gewittert würde.4 Dem hält er entgegen, dass jemand, der „Aussagen über Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit dämonisiert und pauschal als marxistisch aburteilt“, damit zugleich „die eigenen, einstmals ‚bürgerlich‘ genannten gesellschaftlichen Privilegien“5 verteidigt.

      Bettazzi benennt die wichtigsten biblischen Aussagen, die das Thema der Armut zentral in die christliche Botschaft einschreiben: In der Bergpredigt werden die „Armen im Geiste“ (Mt 5,3) seliggesprochen. Damit seien jene gemeint, die sich vor Gott als niedrig empfingen, wie z.B. Maria im Magnifikat (Lk 1,48). Für Lukas hingegen sind es die tatsächlich physisch Armen (Lk 6,20ff), denen er mit einem Wehe-Ruf die Reichen gegenüberstellt. Diese spannende Differenz zwischen dem matthäischen und dem lukanischen Armutsverständnis versucht Bettazzi zu übersteigen mit dem Begriff der „Kirche der Armen“.

      Bettazzi zeichnet die Entwicklung des Motivs der „Kirche der Armen“ auf und nach dem II. Vatikanischen Konzil nach. Er versteht darunter: „die Kirche muss sich selbst so verändern, dass sich die Armen in ihr ‚zu Hause‘ fühlen, dass sie nicht mehr Objekte der Nächstenliebe der Gläubigen sind, sondern selbst als Subjekte aktiv als Protagonisten das Leben der Kirche gestalten.“6 Bettazzi stellt jedoch zu Recht fest, dass die aktuelle Kirche eher eine „für“ die Armen als eine „der“ Armen ist.

      Einen anderen wichtigen Beitrag in der Ideengeschichte bietet Pierre Ganne, der 1973 vom „Armen und dem Propheten“ geschrieben hat.7 Er spricht davon, dass eine „Kirche der Armen“ noch keine arme Kirche ist. Nach ihm leidet die Beziehung „Kirche – Arme“ unter der gleichen Zweideutigkeit wie die Beziehung „Kirche – Welt“. Wenn man auf die Armen zugeht, ohne selbst arm zu sein, „ist [es] ein verdächtiges Unternehmen“8. Es bestehe immer die Gefahr der Paternalisierung oder Instrumentalisierung. Die Motivlage des Zugehens auf Arme müsse ständig kritisch hinterfragt werden. Denn auch Armut sei nicht ein eindeutiges Phänomen, sondern beruhe auf sehr unterschiedlichen Ursachen. Daher hält Ganne fest: „Die wahre Armut aber fordert … eine kritische Analyse der dauernden Ursachen des Elends“ 9.

      Wenn sich nun die Kirche (bzw. auch die Theologie als Wissenschaft) verstärkt der Armut bzw. den Armen zuwendet, bedarf es einer großen Achtsamkeit in der Form der Zugehensweise. Ganne meint beispielsweise zu Recht im Blick auf die Verkündigung und Mission der Kirche: „Wenn die Kirche anfängt, die ‚Armen‘ zu evangelisieren, ohne selber im Herzen arm zu sein, vermengt sie großmütige Verkündigung der Frohbotschaft mit verdächtigen Motiven.“10

      Für ihn besteht dabei eine doppelte Versuchung: den Glauben preiszugeben – oder Armen zu instrumentalisieren. Er sieht die einen, die bereit sind,

      „die Wahrheit Christi und ihren Glauben zugunsten der ‚Befreiung der Armen‘ preiszugeben, vergessend, daß der Kampf gegen das Elend und für die Gerechtigkeit nur eine Vorbedingung ist für die Fülle der Hoffnung und der Liebe, und daß die Gerechtigkeit ohne diesen wesenhaften Bezugspunkt verrotten muß und ebenso viele Verbrechen erzeugen kann, als solche im Namen der Freiheit begangen wurden. Die andern werden versucht sein, die Menschen und ihr Elend der Wahrheit ihres Glaubens zu opfern.“11

      Armut hat eine prophetische Funktion in einer jeweiligen Zeit und Gesellschaft. Problematisch ist für Ganne jedoch, wenn der „Arme“ und der „Prophet“ den Kontakt zueinander verlieren:

      „Der Arme, der nicht mehr weiß, wer er ist, wird zwar den Propheten spielen können … Die falschen Propheten ihrerseits, von den Armen getrennt und deren Glauben in ein Haben verwandelnd, werden vorgeben, die Hüter der Wahrheit zu sein, aber nicht mehr wissen, wie die Prophetie der wahren Menschheitszukunft lautet. Das prophetische Licht wird bei ihnen zu einer Theologie entwürdigt, die letzten Endes das Elend mit der Erbsünde erklärt. Diese Theologie wird schließlich den christlichen Glauben entmenschlichen und ihn ins ‚Noman’sland‘ einer gewissen Transzendenz verbannen, angeblich, um seine Reinheit zu sichern.“12

      Was Ganne hier erkennt, ist die Gefahr einer „idealisierten“, realitätsenthobenen Theologie oder Kirche, die „entmenschlicht“ ist.

      „Ohne die Gegenwart der Armen aber, die das prophetische Licht ‚inkarnieren‘, verliert die Theologie ihr Schwergewicht, sie beginnt, die Geschichte zu überschweben und hängt sie an ein angeblich Ewiges, das sich bloß als ein Zeitloses entpuppt.“13

      Die

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