Kirche der Armen?. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Kirche der Armen? - Группа авторов страница 5

Kirche der Armen? - Группа авторов

Скачать книгу

bedingte auch eine gewisse notwendige Auswahl von AutorInnen und Themen.

      Die Orthodoxen Kirchen stellen in Österreich eine wichtige Größe der Gesellschaft dar. Ein eigener Beitrag zur Orthodoxie fehlt im Buch. Beim Symposium 2016 legte Radu Preda, orthodoxer Sozialtheologe in Cluj (Rumänien), der zugleich als Staatssekretär in der Aufarbeitung kommunistischer Verbrechen beschäftigt ist, zentrale Linien einer orthodoxen Theologie der Diakonie vor.16

      Da es in der Orthodoxie kein zentrales Lehramt (wie den Papst) gibt, versuche jede national verfasste orthodoxe Kirche auf ihre je eigene Form auf die Fragen der Zeit zu antworten. Damit sei die orthodoxe Kirche viel kontextgebundener. Für ihn liegt dabei ein Schwerpunkt auf der Gerechtigkeit, die jedoch nicht zu verabsolutieren sei. Theologisch ist Gerechtigkeit für ihn nur ein Attribut Gottes und müsse im Kontext der anderen Eigenschaften Gottes gesehen werden.

      In Rumänien gab es auch vor dem Kommunismus soziale Institutionen; diese waren aber zumeist in privater bzw. kirchlicher Trägerschaft. Im Zentrum war und ist stärker die Nachbarschaftshilfe, und die Gemeinde war wichtiger als übergeordnete Strukturen. Daher ist eine Verbandsarbeit für Rumänien auch ein Novum.

      In der orthodoxen Kirche (vor allem Rumäniens) gäbe es zwar eine Praxis der Diakonie, aber wenig theologische Reflexion dazu. Als Hauptbegriff sieht er dabei die „Philanthropie“ an, die „Menschenfreundlichkeit“. Aus dem Griechischen gäbe es auch noch die Rede von der „apostolischen Diakonie“. Dabei bestünde jedoch die Gefahr, sich mit der Diakonie nur nach außen zu legitimieren und eine Rechtfertigung zu haben für den Besitz. So werde beispielsweise das Netzwerk „philantropia“ zu einem Großteil über die EU finanziert.

      Ein Problem sieht Preda darin, dass zu wenig Reflexion auf die Ursachen der Armut (und deren Beseitigung) gelegt werde. Für ihn ist die (orthodoxe) Kirche in Rumänien daher gewissermaßen die „metaphysische Putzfrau des gescheiterten Sozialstaats“: Sie helfe dabei, den Müll zu beseitigen. Es werde aber nicht danach gefragt, warum so viel Müll entsteht.

      Ein Ziel wäre es, nicht mehr nur ein Projekt von Philantropie zu haben, sondern zu einem Prinzip von Philantropie zu kommen, bei welchem wirklich das Wohl der Menschen im Zentrum stünde. Dies müsste sich aber auch strukturell auswirken, da ansonsten keine Nachhaltigkeit erzielt werden könnte und die alten (kommunistischen) Strukturen weiterhin wirkmächtig wären.

      Preda wies auch auf die vorhandenen Sündenbockmechanismen hin, durch die von den tatsächlichen Problemen abgelenkt und eine Veränderung der sozialen Situationen von der Wurzel her erschwert werden würde.

      Für ihn ist zentral, dass die Armut in den osteuropäischen Ländern ein anderes Gesicht hat als im Westen. Aber auch innerhalb der osteuropäischen Länder sei die Armut nicht überall gleich. Es gäbe einige wenige, die extrem reich wären, bei gleichzeitiger großer Armut sehr vieler Menschen. Das Armutsgefälle zwischen West und Ost ist aus seiner Sicht „abyssal“.

      Schließlich betont er noch die zentrale Bedeutung der Menschenrechte. In der orthodoxen Diskussion gingen dabei die Meinungen weit auseinander. So werde von einigen die Meinung vertreten, mit den Menschenrechten werde der Mensch an die Stelle Gottes gesetzt. Menschenrechte würden da oft in karikierter Form dargestellt: Menschenrechte werden nur zitiert zur Begründung für gleichgeschlechtliche Ehen, für Abtreibung oder als Grundlage für Propaganda der amerikanischen Sekten in Russland. Da sie in der Rezeption nur verkürzt wahrgenommen würden, käme es häufig auch zu einer grundlegenden Ablehnung der Menschenrechte. Hier bräuchte es mehr ökumenisches Engagement. Westliche Kirchen müssten mehr zeigen, dass auch die eigene Kulturgeschichte nicht so geradlinig gelaufen ist.

      Preda hielt schließlich offene Fragen fest, die aus seiner Sicht im Blick auf eine Theologie der Diakonie für die Orthodoxie zu stellen sind:

      • In einer noch zu schreibenden Sozialgeschichte der Orthodoxie müsste skizziert werden, dass man die Andersartigkeit der orthodoxen Kirche sieht (nicht als Gegensatz, sondern als andere Form bei gemeinsamer Basis).

      • Wie stellen sich orthodoxe Kirchen dem Dialog mit der Moderne?

      • Welche Rolle spielt das Trauma des Totalitarismus? Wie sieht die Diakonie nach dem Gulag aus (als Frage nach der „gescheiterten Nächstenliebe“).

      • Wie stehen die Orthodoxen in der westlichen Gesellschaft zu ihrer Aufgabe, Träger der Nächstenliebe zu sein?

       Literatur

      Bettazzi, Luigi, Die Kirche der Armen vom Konzil bis zu Papst Franziskus, Würzburg 2015. (Original: La chiesa dei poveri. Dal concilio a Papa Francesco, übers. v. Barbara Häußler)

      Ganne, Pierre, Die Prophetie der Armen, Einsiedeln 1986. (Original: Le Pauvre et le Prophète, Culture et Foi, Lyon 1973, übers. v. Hans Urs von Balthasar)

      Laubach, Thomas / Wahl, Stefanie A. (Hg.), Arme Kirche? Die Botschaft des Papstes in der Diskussion, Freiburg 2014.

      Moser, Maria Katharina, Corona als Karfreitagsmoment, in: https://theocare.wordpress.com/2020/06/26/corona-als-karfreitagsmoment-maria-katharina-moser/ [Zugriff: 26.06.2020].

      Tippow, Rainald, Hoffnung statt Isolation, in: https://theocare.word-press.com/2020/04/07/hoffnung-statt-isolation-gastautor-rainald-tip-pow/ [Zugriff: 10.05.2020].

      1 Laubach / Wahl (Hg.), Arme Kirche?

      2 Vgl. ebd., 8.

      3 Vgl. Bettazzi, Kirche der Armen. Dieses Buch hatte Bischof Bettazzi schon 2001 verfasst und dann aufgrund des Pontifikats von Papst Franziskus 2015 aktualisiert, vor allem aufgrund der 50-Jahr-Feier des Abschlusses des II. Vatikanums und des Auftauchens des Originaldokuments des sogenannten „Katakombenpakts“ von 1965, der damals von 40 Bischöfen unterschrieben worden war.

      4 Ebd., 7.

      5 Ebd.

      6 Ebd., 40.

      7 Ganne, Prophetie der Armen.

      8 Ebd., 120.

      9 Ebd., 122.

      10 Ebd.

      11 Ebd., 134.

      12 Ebd., 134f.

      13 Ebd., 135.

      14 Moser, Corona als Karfreitagsmoment. Vgl. auch https://www.sn.at/panorama/oesterreich/ein-drittel-der-corona-cluster-in-senioren-und-pflegeheimen-87207229.

      15 Vgl. Tippow, Hoffnung statt Isolation.

      16 Die folgenden Gedanken entstammen dem Symposium.

       1. Begriffsklärungen

       Armut

       1. Elisabeth Jünemann

      Der

Скачать книгу