Kirche der Armen?. Группа авторов

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Kirchliche Sozialberatungsstellen, Senioren- und Pflegezentren, Hospize, Krankenhäuser oder Jugendhilfe- und Behinderteneinrichtungen zeichnen sich dabei nicht nur durch hochprofessionelles Engagement und hervorragende Dienstleistungen aus. Sie sind auch in der Breite des Lebensraumes und in der Tiefe des unmittelbaren Kontaktes zum Menschen angesiedelt, besonders an den „geographischen und existentiellen Peripherien“ der Gesellschaft.

      In der institutionalisierten Caritas gibt es folglich nicht nur starke christliche Tat- und Wortzeugnisse, es gibt dort auch einen oft übersehenen, aber verheißungsvollen ekklesiogenetischen Entwicklungsprozess. Wer beispielsweise Gottesdienste in einer Behinderteneinrichtung oder Segensfeiern in einem Hospiz erlebt, kann die starke Ausstrahlung einer feiernden Kirche mit einer starken Botschaft am Ort der Armen und Bedrängten aller Art selbst erfahren. Das heißt: Seit langem wird in der institutionalisierten Caritas Kirche, vor allem durch gelebte „caritas“. Damit verbindet sich der spannende Selbstvergewisserungsprozess der dortigen Akteure, wie (die) caritas im Rahmen von institutionalisierter, ökonomisierter und professionalisierter Dienstleistungsarbeit glaubwürdig gelebt und verwirklicht werden kann. Oder: Wie das Evangelium mit seiner ganzen Kraft und Originalität in der Organisation zu wirken und die Verbundenheit mit den Armen, die Dienstgemeinschaft, ihre Feierkultur und ihre Botschaft und Unternehmensphilosophie nachhaltig zu prägen vermag. Und das Besondere: Diese Denk- und Entwicklungsprozesse verknüpfen sich vielerorts mit denen anderer Kirchenorte, z.B. von Pfarrgemeinden, ziehen diese mit an den Ort der Armen und stimulieren sie nachhaltig, bei und mit diesen Kirche der Armen zu werden.

       Diakonie

       1. Herbert Haslinger

      Diakonie ist in einer Kurzdefinition das christliche Hilfehandeln zugunsten Not leidender Menschen.

      Für die diakoniewissenschaftliche Reflexion kann man differenzierter definieren: „Diakonie“ bezeichnet die im christlichen Glauben begründeten und an ihm ausgerichteten Praxisformen, in denen Not leidende Menschen durch Solidarität, durch individuelle Bearbeitung ihrer Lebenslage sowie durch gesellschaftsstrukturelle Bekämpfung von Notursachen Hilfe in bzw. Befreiung aus ihrer Not erfahren, so dass sie entsprechend ihrer Würde als Menschen leben können.

      „Not“ meint jedwede den Menschen aufgezwungene Einschränkung ihrer Lebensmöglichkeiten, welche ein erfülltes individuelles Leben wie auch eine gleichberechtigte Teilnahme am sozialen Leben erschwert oder verhindert.

      Als „Hilfe“ firmieren Akte, in denen jemand seine Handlungsmöglichkeiten einsetzt, um bei anderen Personen einen diesbezüglichen Mangel auszugleichen.

      Die bewusste Rede von „Menschen“ zeigt an, dass die christliche Diakonie grundsätzlich und ohne jede Unterscheidung allen Menschen gilt.

      Diakonie ist auch ein Moment der Identität der Kirche: Der Begriff „Diakonie“ meint nicht nur einen spezifischen Praxisbereich der Kirche, sondern auch den verausgabenden Dienst für Menschen und ihr menschenwürdiges Leben, der die durchgängige Identität der Kirche bilden muss.

       2. Klaus Baumann

      Diakonie kann als ein Synonym für die Sendung des Volkes Gottes (der Kirche) auf dem (Pilger-)Weg durch die Zeit angesehen werden. Die Ergebnisse der exegetischen Studien über Diakonia im NT stellen die Aspekte der bevollmächtigten Beauftragung oder Sendung in den Vordergrund. Sie rücken traditionelle Schieflagen eines einseitig-unterwürfigen Dienst-Verständnisses zurecht. Diese wiederentdeckten Aspekte von Diakonie passen hervorragend zur Verwendung von „Diakonie“ in LG 29: „diaconia liturgiae, verbi et caritatis“.

      Alle drei Wesensvollzüge der Kirche sind Diakonie als bevollmächtigter Auftrag, d.h. als sakramentale Sendung der Kirche, der bzw. die ihr von ihrem Herrn in der Kraft Seines Geistes anvertraut ist: die Feier des Glaubens, die Verkündigung des Evangeliums und die organisierte Praxis der Nächstenliebe besonders für „die Armen und Bedrängten aller Art“ (GS 1). Ihre – stets unvollkommen bleibende, aber doch anfanghafte – Realisierung schafft jene koinonia oder communio, der es zuerst um das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit geht (vgl. Mt 6,33).

      Für alle drei Wesensvollzüge ist somit die (kenotisch bleibende) „diaconia Christi“ als Sendung Christi „Raum“, innere Form und Maß allen liturgischen, verkündenden und caritativen Tuns. Sie ist Selbstmitteilung (Offenbarung und Ereignis) der Liebe (=Agape=Caritas) Gottes selbst. Für die organisierte Nächstenliebe der katholischen Kirche zeigt sich darum, wie glücklich die Wahl des Namens „Caritas“ für die gemeinsame Verwirklichung des wichtigsten Gebotes „im Leben“ (vgl. Sacramentum caritatis, 89) gewesen ist. Es ist die Erfüllung des ganzen Gesetzes (vgl. Röm 13,10; Gal 5,14; Mt 5-7) und es ist „neu“, indem es sucht zu lieben „wie ich euch geliebt habe“ (Joh 13,34; 15,12). Es hat in der Diakonie der Kirche absolute Priorität (und damit Erneuerungspotenzial).

      Jesu Proexistenz wirkt weiter in der Proexistenz des Volkes Gottes „mitten in der Welt“, die – in allen seinen Wesensvollzügen, besonders und zuerst aber in seinem (kenotischen) Dasein und tätigen „Dazwischengehen“ für einander und für alle Menschen in Not – Gottes besondere Option für die Armen und Leidenden widerspiegelt. So wirkt es (prophetisch, priesterlich, königlich) daran mit, dass Sein Reich komme (Mt 6,10) – in konkreten Dienstleistungen, im Stiften von Solidarität, in politischer Anwaltschaft und in der (Bildung und) Befähigung zu solcher Praxis.

      Zugleich macht sie mit dem Blick und Geist Jesu frei dafür, alle Wirklichkeiten auch außerhalb der sichtbaren Kirche mit Freude wahrzunehmen, anzuerkennen und ggf. mit ihnen zusammenzuwirken, in denen auch Gottes Reich und seine Gerechtigkeit anbrechen und agape (caritas) realisiert werden kann.

       3. Johann Pock

      Das griechische Wort „diakonia“ meint zunächst einfach den „Dienst“. Im Neuen Testament bezeichnet es die Gesamtheit der fürsorgenden Tätigkeiten.

      Als eine Grunddimension der Kirche verpflichtet sie diese zu einer dienenden Grundhaltung – und zwar in allen ihren Handlungen. Nach dem Kirchenverständnis des II. Vatikanums liegt die Identität der Kirche in ihrem Gesendet-Sein, in ihrer Hingabe hinein in die Welt und mit der Welt: Ohne diesen Weltbezug ist sie nicht die Kirche Christi. Damit ist Diakonie eine Form der Evangelisierung – der Verkündigung der Botschaft Jesu in konkreten Werken.

      Der Maßstab für die Diakonie sind die Reich-Gottes-Kriterien (Mt 25), weshalb sie eine zuinnerst soziale und politische Ausrichtung der Kirche bedingt.

      Im Verständnis von Diakonie kann man verschiedene Akzente setzen. Hermann Steinkamp hebt die politische Dimension in Form der Sozialpastoral hervor – mit dem Schwerpunkt auf der Veränderung ungerechter Verhältnisse und weniger in der (systemstabilisierenden) Hilfe.

      Diakonie kann auch verstanden werden als das „absichtslose“ Helfen (das nicht hilft, um selbst davon zu profitieren oder um Menschen dadurch zu missionieren); das Maß des Helfens ist der/die Andere, was sich wiederum in der Achtung der Freiheit des Menschen begründet.

      Diakonie hat sich schließlich auch in der Ämterstruktur der Kirche abzubilden: einerseits als „dienende“ Ausrichtung aller Ämter; andererseits als amtliche Repräsentanz des faktischen Handelns. Deshalb ist das Diakonenamt, welches Christus als jenen repräsentiert, der sich „für alle Menschen“ zum Diener und „Sklaven“ gemacht hat, auch für Frauen zu öffnen.

      Meine Kurzformel lautet: Diakonie meint das absichtslose Handeln von ChristInnen, das Maß nimmt am Handeln Jesu und das als dienende Grundhaltung alle Dimensionen der Kirche wie auch ihre Ämterstruktur prägt.

      

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