Martin Fourcade. Martin Fourcade

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Martin Fourcade - Martin Fourcade

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die Begeisterung, sich sportlich zu betätigen, schon sehr früh. Wir sind beide in einer sportbegeisterten Familie aufgewachsen. Mit zehn Jahren Abstand folgte jeder von uns dem Vater und den großen Brüdern bei ihren sportlichen Ausflügen. Um es den »Großen nachzumachen« probierten wir alle möglichen Sportarten aus, die sich anboten, wobei wir die in der Natur am liebsten mochten und die Pyrenäen für uns ein perfektes Spielfeld waren.

      Hockey, Skilanglauf, Surfen, Kajakfahren, Mountainbiking …

      Martin ist nicht nur ein Biathlet. Er ist ein richtiger Sportfan, der es liebt, aktiv zu sein. Und zwar so sehr, dass es ihn kaum auf einer Tribüne hält, wenn er mal bei einem Wettkampf zuschaut, egal in welcher Sportart.

      Was uns ebenfalls verbindet, ist die besondere Geschichte mit unseren älteren Brüdern. Wie Martin auf den Spuren seines Bruders Simon wandelte, um ihm auf dem Weg zum Biathlon-Leistungssport nachzufolgen, machte ich das Gleiche mit meinem Bruder Patrice, der bei den Olympischen Spielen in Atlanta eine Bronzemedaille im Kanuslalom (Einer-Canadier) holte. Wie Martin bin auch ich nach und nach vom Status des kleinen Bruders, der dem großen nacheifert, in den des Konkurrenten gewechselt.

      Diese etwas außergewöhnliche Geschichte der Rivalität unter Brüdern war nicht immer leicht. Aber heute glaube ich, dass wir ermessen können, in welchem Maße die sportlichen Laufbahnen unserer älteren Brüder eine unerschöpfliche Inspirationsquelle waren. Dass wir einzigartige Emotionen bei Olympia erleben durften, verdanken wir zu großen Teilen ihnen.

      Das war es dann aber auch schon mit den Parallelen. Martin ist ein Mutant! Wenn wir zusammen »zum Spaß« Skilaufen gehen, läuft er in der gleichen Zeit, in der ich versuche, meinen Söhnen auf einem gewöhnlichen Hügel hinterherzukommen, eine rote Skipiste hoch … Und wenn er im »Off-Modus« ist, fährt er sechs Stunden lang mit dem Rad durch die Berge und überquert dabei mehrere Pässe!

      Besonders beeindruckend finde ich seine Konstanz. In meinem Sport muss man vier- oder fünfmal im Jahr auf Topniveau sein, doch Martin bestreitet an die dreißig Rennen jedes Jahr. Und oft ist es er, der am Ende die Arme nach oben reißt. Er läuft wie ein Kompressor!

      Abgesehen von seiner körperlichen Leistungsfähigkeit und seiner taktischen Intelligenz ist Martin aber auch ein engagierter Athlet mit einer außergewöhnlichen Neugier, Offenheit und Direktheit. Für die Kandidatur von Paris als Austragungsort der Olympischen wie der Paralympischen Spiele des Jahres 2024 hat er sich schon stark gemacht, als wir noch nicht einmal offiziell Kandidaten waren. Dann war er drei Jahre lang immer bereit, wenn man im Rahmen der Bewerbung seine Unterstützung brauchte – sogar zwischen den Weltmeisterschaftswettkämpfen –, bis Paris dann am 13. September 2017 das Rennen für 2024 machte.

      Martin ist noch keine dreißig Jahre alt und hat die Geschichte des Biathlons schon sehr geprägt. Er ist eine Ausnahmeerscheinung, wie es sie nur selten gibt, und ein echtes Vorbild – nicht nur für meinen Sohn, sondern für Millionen Franzosen und Sportfans auf der ganzen Welt. Sein Traum von Olympia ist der Traum von vielen Millionen Menschen geworden. Das ist die Macht des Sports: die Inspiration zu weiteren Träumen von Gold und Schnee.

       Für Manon und Inès, meine zwei großen Lieben.

      Zum Auftakt: eine Erinnerung

      Alles geht sehr schnell, nachdem ich die Ziellinie überquert habe. Ich habe gerade noch Zeit, Florent, meinen Physiotherapeuten, zu umarmen und meine Lebensgefährtin Hélène, die in Frankreich geblieben war, anzurufen, um ihr zu sagen, dass ich sie liebe, bevor ich vom Protokoll verschluckt werde.

      Von der Mixed Zone, wo ich live mit den verschiedenen Fernsehsendern spreche, werde ich zur Blumenzeremonie geschoben. Ich entdecke meine Eltern auf der Tribüne und winke ihnen zu. Ich würde sie gerne anfassen, um sicher zu sein, dass diese verrückte Situation tatsächlich echt ist, aber meine Verpflichtungen lassen das nicht zu. Ich gebe Cathy, der Pressesprecherin des Teams, den Blumenstrauß, damit sie ihn meiner Mutter überreicht, während ich zur Pressekonferenz eskortiert werde.

      Bei den vielen Glückwünschen stelle ich fest, dass ein erfolgreicher Wettkampf sogar viel länger dauert als nur 15 Kilometer3. Nachdem ich mich den Fragen der Journalisten gestellt habe, stehe ich vor den Ärzten zum Dopingtest. Im Warteraum habe ich Zeit, auf mein Handy zu schauen. Eine Flut an Glückwünschen trifft ein. Nur zehn Minuten nach dem Rennen sind es schon mehr als 150 Nachrichten, und mein Telefon hört nicht auf, alle zwei Sekunden zu vibrieren!

      Ich möchte auf jede einzelne antworten – was ich übrigens auch machen werde –, aber zu diesem Zeitpunkt bin ich schlicht überwältigt. Ich schreibe eine Nachricht an Thierry Dusserre, meinen Jugendtrainer, und danke ihm für seine Unterstützung, ohne die ich nicht so weit gekommen wäre, und eine weitere an Pascal Étienne, der mich letztes Jahr trainiert hat und aktuell gegen eine Krebserkrankung kämpft – diesen Kampf wird er nur wenige Tage später verlieren.

      Endlich werde ich in den Untersuchungsraum gerufen. Die Stimmung hier ist seltsam, sehr misstrauisch scheint mir. Das hier ist weit entfernt von der Routine bei den Dopingtests während des Biathlon-Welt-Cups. Aber das gehört dazu. Nach der Blutentnahme muss ich nackt vor einem Unbekannten in einer Toilette, deren Wände, Boden und Decke aus Spiegeln bestehen, meinen Urin abgeben. Eine seltsame Erfahrung für einen 21-Jährigen, auch wenn ich nicht zu den schamhaftesten Naturen gehöre.

      Nachdem ich zum fünften Mal die Nummer der wohl wichtigsten Probe meiner bisher kurzen Karriere überprüft habe, fahre ich in einem großen Geländewagen zurück ins Olympische Dorf in Whistler. Also nicht mehr im Bus – die ersten Annehmlichkeiten beginnen.

      Doch auch dann ist der Zeitplan eng: Ich muss etwas essen, mich massieren lassen für die Regeneration und mich fertig machen für die Siegerehrung in der Stadt. Ich begegne einigen Athleten des französischen Teams. Wir können nur kurz sprechen, doch ich spüre, dass die mit einem Lächeln vorgetragenen Glückwünsche von Herzen kommen.

      Es ist 18.00 Uhr, als ich zur »Medals Plaza« aufbreche. Ich bin aufgeregt und kann es kaum erwarten, endlich in den Händen zu halten, wovon alle sprechen seit dem Massenstart vor fünf Stunden.

      Ich komme viel zu früh an dem Ort an, an dem die Zeremonie stattfindet. In einem Raum hinter der Bühne bin ich in Gesellschaft der anderen Medaillenträger des Tages. Das Protokoll des IOC ist so zuverlässig wie streng. Ein verspäteter oder nicht erscheinender Medaillengewinner wäre bei einer solchen Institution undenkbar.

      Eingesunken in riesige Sofas nutzen wir diesen ersten ruhigen Moment des Tages, um etwas zu verschnaufen und uns gegenseitig zu gratulieren. Silvan Zurbriggen, der gerade die Bronzemedaille in der Super-Kombination gewonnen hat und wie ich Rossignol fährt, schüttelt mir die Hand. Ich erinnere mich noch daran, wie beeindruckt ich von der Größe seiner Hand war! Plötzlich komme ich mir sehr jung vor neben all diesen Sportlern, die schon mehrfach mit Medaillen gekrönt wurden.

      Ich unterhalte mich lange mit Magdalena Neuner, die ich gerade erst kennengelernt habe. Sie gewann soeben ihre zweite Goldmedaille im Biathlon. Trotzdem wirkt sie ein bisschen schüchtern, aber sehr nett. Aus den Augenwinkeln heraus beobachte ich den amerikanischen Star Bode Miller, um ihn um ein Foto zu bitten, doch er steht etwas abseits, hat seine Kappe tief ins Gesicht gezogen und ist offenbar sehr mit seinem Smartphone beschäftigt.

      Nach einer nicht enden wollenden Wartezeit ertönt schließlich die Olympische Hymne. Ich betrete die Bühne nach dem Slowaken und dem Russen, die mich auf das Podium begleiten. Ich sehe auf Anhieb die Franzosen und muss beim Anblick der wehenden blau-weiß- roten Fahnen lächeln. Ich brauche ein paar Sekunden, um einen Anhaltspunkt auf dieser Seite der Bühne, mit der ich noch nicht vertraut bin, zu finden. Endlich bekomme ich die Medaille. Meine Medaille.

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