Im Austausch mit der Welt. Andrea Franc

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Im Austausch mit der Welt - Andrea Franc

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dann nationalen Gesetze zum Arbeitsrecht erlassen, die freiwillige Standards ersetzten.

      Christliche Unternehmer des 19.Jahrhunderts vernetzten sich auch international. So trafen sich etwa 1871 an einer Konferenz in Bonn protestantische Unternehmer aus dem deutschen Sprachraum, um christliche Unternehmensverantwortung zu diskutieren. Unternehmer wie der Neuenburger Uhrenfabrikant und Grossrat Henri DuPasquier oder der Basler Seidenbandfabrikant und Ratsherr Karl Sarasin schlossen sich daraufhin im Schweizerischen Ausschuss zur Förderung der Bestrebungen der Bonner Konferenz zusammen, um gemeinsam christliches Unternehmertum zu gestalten. Mitglied des Ausschusses war auch der deutsche Professor und Experte für Arbeiterfragen Victor Böhmert, der 1872 auch in den Vorortsausschuss gewählt wurde.

      Eine neue Herausforderung kam auf die Schweizer Unternehmer im Zweiten Weltkrieg zu, als sie sich entscheiden mussten zwischen der Aufrechterhaltung des «Courant normal», das heisst einer Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Beziehungen mit dem nationalsozialistischen Deutschland, oder einem Abbruch derselben aus ethischen Gründen und dem sicheren Zusammenbruch der Versorgung der Schweiz. Die politische Neutralität gestaltete sich faktisch einfacher als die wirtschaftliche Neutralität. Die Aufrechterhaltung des «Courant normal» wurde von den Alliierten später auch abgestraft, indem sie Schweizer Unternehmen aufgrund ihres Handels mit Deutschland ab Oktober 1943 auf eine schwarze Liste setzten.

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      Die erste Arbeitersiedlung der Schweiz, erbaut durch die Spinnerei Rieter in Winterthur, 1852.

      In der Nachkriegszeit und nach dem globalen Umbruchjahr 1968 erfolgte eine rasante und einschneidende Änderung der Wahrnehmung von Grosskonzernen, deren Auslandsinvestitionen und von Grossbanken. Praktisch über Nacht bot die Privatwirtschaft nicht nur in der Schweiz, sondern in der gesamten westlichen Welt plötzlich viel Angriffsfläche. Aktivisten setzten sich gegen industrielle Grossprojekte in der Dritten Welt ein, und die Gewerkschaften waren auf der Höhe ihres Einflusses, während Industriebetriebe in der Schweiz unter dem gleichzeitigen Druck der internationalen Konkurrenz einen tiefgreifenden Strukturwandel durchliefen. Mit der sogenannten Bankeninitiative der Sozialdemokratischen Partei, die sich gegen die Aufnahme von Diktatorenfluchtgeldern in der Schweiz wandte, geriet die Schweizer Wirtschaft innenpolitisch unter Druck und wurde gezwungen, Korrekturen vorzunehmen, auch wenn die Initiative 1984 abgelehnt wurde. Der Druck hielt weiter an, als einige Schweizer Unternehmer die Neutralität der Schweiz anführten, um trotz internationaler Sanktionen gegenüber dem Apartheid-Regime weiterhin in Südafrika tätig zu bleiben. Diesmal konnten die in Südafrika tätigen Unternehmer jedoch nicht wie früher im Zweiten Weltkrieg das Überleben der Schweizer Bevölkerung als Argument vorbringen. Im Gegenteil, der Wohlstand in der Nachkriegszeit und der Frieden in Westeuropa brachten es mit sich, dass die Bevölkerung von der international tätigen Unternehmerschaft ein verantwortungsvolles Verhalten in der Dritten Welt und gegenüber der Umwelt einforderte. Doch was verstanden die Kritiker genau unter «Konzernverantwortung»? Die Forderungen der NGOs und Hilfswerke an die Schweizer Unternehmen hatten sich seit 1968 geändert und waren nicht immer klar und kohärent gewesen. Zunächst forderten die Initianten der «Erklärung von Bern» von den Schweizer Unternehmen Investitionen in die Industrie von Entwicklungsländern, um Arbeitsplätze zu schaffen, Wirtschaftswachstum zu generieren und eine Modernisierung herbeizuführen. Ab den 1970er-Jahren sahen sich Unternehmer jedoch zunehmend damit konfrontiert, dass sie die Schaffung von Arbeitsplätzen und das Wirtschaftswachstum wiederum gegenüber dem Vorwurf der Umweltverschmutzung und der Menschenrechtsverletzung verteidigen mussten.

      Im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens zum Bundesgesetz über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und die humanitäre Hilfe im Jahr 1975 stellte sich heraus, dass eine Arbeitsgruppe der Hilfswerke private Direktinvestitionen von Schweizer Konzernen in der Dritten Welt grundsätzlich ablehnte. Im Vorort diskutierten interne Arbeitsgruppen ab 1974 verschiedene UNO-Vorschläge zu einem freiwilligen Verhaltenskodex für Unternehmer. Diese Arbeiten wurden von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) übernommen und 1976 als «OECD Guidelines for Multinational Enterprises» als Teil der «International Declaration on Investment» erlassen. Auch wenn die Schweiz erst 2002 der UNO beitrat, so war es doch im Interesse der in der Schweiz ansässigen, multinationalen Unternehmen, die kohärenten und international anerkannten UNO-Standards als Grundlage für ihre öffentliche Berichterstattung zu berücksichtigen. Zunehmend mussten Unternehmen aktiv aufzeigen, dass sie einen gewissen Verhaltenskodex einhielten. So begannen grössere Unternehmen CSR-Abteilungen (Corporate Social Responsibility) zu schaffen.

      Durch die globale und sehr heterogene Antiglobalisierungsbewegung hat sich der Rechtfertigungsdruck für Unternehmen seit den 1990er-Jahren verstärkt. Seit dem Jahr 2000 haben zahlreiche Schweizer Unternehmen die «UN Global Compact»-Initiative unterschrieben. Für den Vorort und später für Economiesuisse stellte sich ab der Uruguay-Runde des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) Ende der 1980er-Jahre insbesondere die Herausforderung, dass in der Öffentlichkeit die schweizerische Aussenwirtschaftspolitik und die schweizerische Landwirtschaftspolitik als Einheit wahrgenommen wurden. Bei bilateralen Freihandelsverträgen wie auch in der Welthandelsorganisation (WTO) werden somit die Möglichkeiten der Schweizer Unternehmen im Ausland durch den Schutz der Schweizer Bauern im Inland begrenzt.

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      Lehrlinge der Firma Landis & Gyr nach ihrem erfolgreichen Lehrabschluss, 1933.

      Die Berufsausbildung für Handwerker unterstand im Mittelalter den Zünften. Die mehrjährige Berufslehre wurde mit der Aufnahme in die entsprechende Zunft abgeschlossen. Handwerker, die keiner Zunft angehörten, wurden Stümper genannt. Ab dem 17. Jahrhundert wurde die Berufslehre von der kosten- und zeitsparenden Anlehre ausserhalb der zünftischen Kontrolle unterwandert. Bei neuartigen Berufen in der vorindustriellen Heimarbeit ohne bestehende Zünfte, etwa bei Webern, Strohflechtern, Strumpfstrickern und -wirkern wurde die Anlehre im 18. Jahrhundert zum Normalfall. Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert entstanden Fabriken, die ungelernte Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Kinder beschäftigten. Die Macht der Zünfte im Gewerbe wurde in der Schweiz jedoch erst durch die verschiedenen kantonalen Verfassungsänderungen der 1830er-Jahre gebrochen und in der zweiten Bundesverfassung von 1874 durch die Handels- und Gewerbefreiheit beendet. So wurde die Berufslehre erst 1880 durch Reformen an die frühe und ausgeprägte Industrialisierung der Schweiz angepasst. Das Schweizer Modell der Berufslehre stand wie die Volksschule, die seit den 1830er-Jahren von den meisten Schweizer Kantonen eingeführt worden war, unter dem Einfluss der ab 1875 abgehaltenen pädagogischen Rekrutenprüfungen. Aufgrund der teilweise schlechten Resultate an den Prüfungen, an denen Schulfächer wie Mathematik, Deutsch oder Vaterlandskunde getestet wurden, kam es zu Anpassungen im Schulsystem. Ergänzend zur Berufslehre in einem Betrieb sollte an Berufsschulen der Volksschulstoff ausgeweitet und Berufskunde vermittelt werden. Mit dem Bundesbeschluss von 1884 zur Subventionierung der beruflichen Bildungsanstalten wurde der Grundstein für das duale Bildungssystem gelegt – beruhend auf zwei Lernorten, dem Betrieb und der Berufs- oder Gewerbeschule. Ein eidgenössisch anerkanntes Lehrabschlussdiplom gilt seither als Garant für Qualität. Der Einfluss der Verbände auf die Berufsbezeichnungen und Fähigkeitsausweise wurde aber vom Volk begrenzt, als es 1954 den Bundesbeschluss über den Fähigkeitsausweis in einer Referendumsabstimmung ablehnte.

      Die Berufslehre ist eine Schweizer Erfolgsgeschichte und stösst immer mehr auf internationales Interesse. So haben etwa Lehrabsolventinnen ein bedeutend geringeres Risiko, arbeitslos zu werden, als Akademiker. Länder wie die Schweiz oder Österreich, die das duale Bildungssystem praktizieren und Diplome für Berufslehren ausstellen, weisen eine markant tiefere Arbeitslosigkeit auf. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts absolvierten in der Schweiz mehr als die Hälfte aller Jugendlichen eine von 230 zur Verfügung stehenden Berufslehren.

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