Lebensbilder aus dem Bistum Mainz. Группа авторов

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Lebensbilder aus dem Bistum Mainz - Группа авторов Neues Jahrbuch für das Bistum Mainz

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12. April 1853 bei Erzbischof Hermann von Vicari (Lithographie von Valentin Schärtle nach einem Gemälde von Eduard Heuss) Adam Franz Lennig (1. von li) mit Bischof von Ketteler (3. von li) und den Bischöfen der Oberrheinischen Kirchprovinz bei Erzbischof von Vicari in Freiburg

      Umgehend wurde Lennigs weitreichendes Netz von Verbindungen aktiviert, in das nach und nach Bischof Peter Josef Blum von Limburg, der nassauische Legationsrat Moritz Lieber, Bischof Nikolaus Weis von Speyer, Bischof Andreas Räß von Straßburg, Karl August Graf Reisach, Erzbischof von München, dessen Generalvikar Fritz Windischmann und Ignaz von Döllinger sowie der Münchner Nuntius Carlo Sacconi und der Wiener Nuntius Michele Viale Prelà einbezogen wurden, um nur die wichtigsten Akteure zu nennen. Mit polemischen Beiträgen im „Katholik“, den „Katholischen Sonntagsblättern“ und dem „Mainzer Journal“ wurde der Konflikt zugespitzt.

      Alle diese Maßnahmen, die nicht frei waren von deutlich intriganten Zügen, so auch die Einflussnahme auf Pius IX. gegen die Person Schmids, sollten schließlich ihre Wirkung zeigen. Der Papst verwarf im Breve „Ex speciali gratia“ am 7. Dezember 1849 die Wahl Schmids, der sich zuvor verschiedenen Versuchen widersetzt hatte, ihn von der Annahme seiner Wahl abzubringen. Zugleich eröffnete er dem Mainzer Domkapitel die Möglichkeit zu einer Neuwahl und deutete an, es möge einen geeigneten Kandidaten aus seinem Kreis wählen. Zwar teilte Schmid dem Domkapitel am 17. Januar 1850 mit, er nehme den päpstlichen Entscheid vorerst hin. Doch setzte er sich nun durch seine Interessensvertreter in Mainz in öffentlichen Versammlungen, Adressen an das Domkapitel und den Papst sowie den Landesherrn zur Wehr, wobei natürlich auch Angriffe auf Lennig nicht ausblieben. Die Mehrheit des Domkapitels, die gleichfalls auf ihrer Entscheidung beharrte, hatte gegenüber dem Papst nochmals den friedfertigen Sinn Schmids in konfessionellen Fragen betont und die Schärfe seiner theologischen Gedankenführung sogar über die des Thomas von Aquin gestellt, was aber dessen Argwohn nur noch bestärkte. In dem damals von der radikaldemokratischen Bewegung geprägten Mainz hatten die Anhänger Schmids am 28. Januar im Frankfurter Hof eine Protestversammlung veranstaltet, bei der heftige Attacken gegen Lennig nicht ausblieben. Dabei wurde ihm nicht so sehr sein Streben nach dem Bischofsamt vorgehalten, die Agitatoren sahen in ihm vor allem den Repräsentanten einer restaurativen geistigen, kirchlichen und politischen Ausrichtung, die sie bekämpften.

      Der Protest wurde unterstützt von der liberalen „Mainzer Zeitung“ und dem „Frankfurter Journal“. Auch ein erheblicher Anteil des Diözesanklerus, der die Ausrichtung des Mainzer Kreises ablehnte, hatte für Schmid Partei ergriffen und setzte große Hoffnungen in ihn bezüglich einer Reform des kirchlichen Lebens, so etwa die Abschaffung des Zölibats. Als die Mehrheit des Domkapitels am 29. Januar abermals auf ihrer Wahl Schmids beharrte, wirkte nun, da die Verhältnisse in Mainz anarchische Züge anzunehmen drohten, die großherzogliche Regierung auf das Domkapitel ein. Inzwischen war Ministerpräsident Jaup durch den im Umgang mit radikalen demokratischen Strömungen bewährten Mainzer Regierungsdirektor von Dalwigk ersetzt worden. Die Mehrheit im Domkapitel kam schließlich mit der Minderheit dahingehend überein, sich einer erneuten Wahl zu enthalten und dem Papst drei Geistliche vorzuschlagen, die nicht der Mainzer Diözese angehörten: Wilhelm Emmanuel Freiherr von Ketteler, seit 1849 Propst von St. Hedwig in Berlin, Heinrich Förster, Domkapitular in Breslau, und Anton von Oehler, Domkapitular in Rottenburg. Der Großherzog erteilte dieser Liste am 1. März 1850 sein Plazet. Bereits am 8. Februar 1850 hatte die Regierung Professor Schmid dazu gedrängt, gegenüber der Kapitelsmajorität seine Zustimmung zu diesem Verfahren zu erklären. Mit einem Breve vom 16. März ließ Papst Pius IX. dann wissen, er habe Wilhelm Emmanuel von Ketteler als Bischof für Mainz ausgewählt. Dieses Resultat konnten Lennig und seine Anhänger als Sieg verbuchen. Zugleich war damit ein Bischof gefunden worden, der außerhalb der tief zerstrittenen Parteien stand, deren Zusammenführung und Aussöhnung die erste große Herausforderung für den am 25. Juli im Mainzer Dom zum Bischof geweihten Ketteler war.

      Generalvikar Bischof von Kettelers

      Zwar gab es nach Kettelers Amtsantritt noch Versuche, ihn gegen Lennig und dessen Anhänger einzunehmen, doch zeigte er sich davon unbeeindruckt. Er ging vielmehr mit großer Energie und persönlicher Opferbereitschaft daran, die kirchliche Ordnung in der ihm erforderlich scheinenden Weise wiederherzustellen, wobei er einen sehr autoritären Stil in der Leitung der Diözese entwickelte, weshalb Lennig, den er am 15. Dezember 1852 zu seinem Generalvikar berufen hatte, häufig ausgleichend wirken musste. Ketteler zog auch radikale Schritte in Betracht, wie etwa die verpflichtende Einführung der „vita communis“ für alle Kleriker, der sich aber selbst Lennig durch Rücktrittsdrohung widersetzte, was ihn aber nicht daran hinderte, 1857 den Assistenten und Dozenten für Kirchengeschichte am Priesterseminar, Heinrich Brück, in seinem Hause aufzunehmen, wo dieser bis zu Lennigs Tod wohnte.

      Bei aller Schroffheit zeigte Kettler gleichwohl nicht nur ein waches Bewusstsein für die soziale Not vieler der ihm anvertrauten Menschen, sondern sorgte bald auch für deren Bekämpfung. Der großherzoglichen Regierung trat er von Anfang an selbstbewusst entgegen. Seine erste kirchenpolitisch brisante Maßnahme führte zum faktischen Ende der katholisch-theologischen Fakultät in Gießen. In Abstimmung mit seinen Beratern und dem Domkapitel verlegte er das Theologiestudium eigenmächtig nach Mainz zurück, wo die Fakultät am 1. Mai 1851 wiedereröffnet wurde. Zwar riskierte er so einen Konflikt mit der Regierung, doch ließ diese ihn gewähren, weil sie inzwischen in der katholischen Kirche einen wichtigen Bundesgenossen gegen die radikal-demokratischen Strömungen im Großherzogtum erkannt hatte. Damit war eine grundsätzliche Forderung des Mainzer Kreises erfüllt.

       Adam Franz Lennig (nach 1858) mit dem hessischen Ludwigsorden

      Weitere Punkte, die Ketteler zügig anging, waren die Frage der Bildung und Verwaltung der bischöflichen Dotation und damit zusammenhängend der Besetzung der Pfarrstellen, die immer noch durch staatskirchliche Verwaltungsvorschriften geregelt waren. Deshalb ersetzte er die 1830 von Bischof Burg erlassene Verordnung über die Bildung und Verwaltung der Dotationen des Bistums durch eine neue Verordnung vom 11. November 1853. Bei der Besetzung der vakanten Pfarreien Budenheim, Vendersheim und Weisenau ließ er durch seinen Generalvikar ein Pfarrkonkursexamen ausschreiben, setzte sich damit über die landesherrliche Verordnung von 1830 hinweg und schuf vollendete Tatsachen. Auch hier scheute Dalwigk einen Konflikt, wie er sich in dieser Frage etwa im Großherzogtum Baden ergeben hatte, und war um eine einvernehmliche Lösung der Fragen bemüht.

      Im Juli 1854 begannen die Verhandlungen zwischen den Bevollmächtigten, Ministerialrat Franz Joseph Freiherr von Rieffel und Generalvikar Lennig, zur Klärung aller im Verhältnis von Kirche und Staat strittigen Fragen, die schließlich am 23. August 1854 in einer in ihrem Wortlaut allerdings nicht veröffentlichten „Vorläufige[n] Übereinkunft zwischen der großherzoglichen Regierung und dem Bischof von Mainz in Betreff der Regelung der Verhältnisse des Staates zur katholischen Kirche“ mündeten und durch Bischof von Ketteler und Ministerpräsident von Dalwigk gemeinsam unterzeichnet wurde. Allerdings wurde diese Vereinbarung, die neben der römischen Kurie auch den anderen Bischöfen der oberrheinischen Kirchenprovinz zur Kenntnis gebracht wurde, von letzteren scharf als Alleingang kritisiert, hatte Ketteler damit doch ein gemeinsam abgestimmtes Vorgehen unmöglich gemacht und künftige Übereinkünfte präjudiziert.

      In Rom äußerte man gleichfalls Kritik, da die Konvention die Rechte des Bischofs nicht hinreichend berücksichtige und forderte Nachverhandlungen. Ketteler nahm die Reise anlässlich der Verkündung des Dogmas von der „Unbefleckten Empfängnis Mariens“ im November 1854 in Rom als Gelegenheit, um dort in Begleitung seines Generalvikars Lennig, der mit den römischen Verhältnissen gut vertraut war, seinen Standpunkt vorzutragen und für die Konvention zu werben. Die Gespräche verliefen allerdings nicht so wie erhofft. Der Weisung, völlig neue Verhandlungen mit der Regierung in Darmstadt aufzunehmen, widersetzte sich Ketteler aber beharrlich. Man einigte sich schließlich in einem dritten Anlauf auf einen Bestand an Änderungswünschen zu Kettelers Entwurf für eine Übereinkunft mit der großherzoglichen Regierung. Am 3. April 1855, nach

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