Lebensbilder aus dem Bistum Mainz. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Lebensbilder aus dem Bistum Mainz - Группа авторов страница 11

Lebensbilder aus dem Bistum Mainz - Группа авторов Neues Jahrbuch für das Bistum Mainz

Скачать книгу

den Jahren 1818 bis 1820 besuchte Lennig nun das noch als école secondaire eingerichtete Bischöfliche Gymnasium. Dieses war als sogenanntes „Kleines Seminar“ dem Priesterseminar angegliedert, in der Erwartung, dass etliche Absolventen den Weg in das große Seminar nähmen. Dort waren seine Lehrer Nikolaus Weis, ab 1842 Bischof von Speyer, Andreas Räß, ab 1842 Bischof von Straßburg, und Heinrich Klee, der sich in Bonn von 1829 an als Professor für Dogmatik gegen Georg Hermes, den führenden Vertreter einer katholischen Aufklärung, positionierte. Nach dem Abschluss des Gymnasiums folgte Lennigs Eintritt ins Priesterseminar. Hier hörte er Vorlesungen bei Klee zur biblischen Exegese, bei Regens Liebermann zum Kirchenrecht, bei Räß zur Dogmatik und bei dem Mainzer Pfarrer Johann Philipp Kalt zur Moraltheologie. Philosophie und Geschichte zählten zum Fächerkanon des Gymnasiums. Lennigs wichtigste Lehrer gehörten somit zu der später als „Erster Mainzer Kreis“ bezeichneten Gruppe von Theologen, die bestimmt war von einer emphatischen Kirchlichkeit und Wert legte auf eine enge Ausrichtung an der Hl. Schrift sowie eine strenggläubige scholastische Theologie. Als Exponenten der antigallikanischen Richtung orientierten sie sich eng am Papsttum und teilten die von Doller vertretenen Positionen zum Verhältnis von Kirche und Staat in allen Punkten. Zur Verbreitung ihrer Ansichten gaben Räß und Weis 1821 erstmals eine religiöse Zeitschrift zur Belehrung und Warnung mit dem Titel „Der Katholik“ heraus. Zu ihren Mitarbeitern sollte in späteren Jahren auch Lennig zählen. Regens Liebermann hatte den beschriebenen und von ihm in gleicher Weise vertretenen streng kirchlichkonservativen Kurs in seinem 1819 erschienen Lehrbuch „Institutiones dogmaticae“ entfaltet. Somit war die Atmosphäre im Mainzer Priesterseminar von einer starken Gegnerschaft zum Staatskirchentum geprägt. Liebermann führte die Alumnen mit strenger Hand, wobei er sich am Vorbild des Jesuitenordens orientierte.

      Den größten Einfluss auf den jungen Lennig sollte sein Lehrer Räß ausüben, der gleichfalls häufig Gast in seinem Elternhaus war. Da Lennig 1824 nach dem Abschluss seines Studiums für die Zulassung zur Priesterweihe noch nicht das kanonisch vorgeschriebene Alter hatte, setzte er bis 1827 sein Studium in Paris fort, wohin er seinen Lehrer Räß begleitete, der inzwischen Liebermanns Nachfolger als Regens geworden war. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten fand Lennig Aufnahme im Hause des Abbé Martin de Noirlieu. In die orientalischen Sprachen Hebräisch, Syrisch und Arabisch wurde er durch Sylvester de Sarcy eingeführt. Neben seinem Sprachstudium hörte er auch theologische und philosophische Vorlesungen und kam durch Noirlieu mit Abbé Hugo Félicité Robert de Lamennais und mit dem Grafen Charles René Montalambert in Kontakt. Letzterer war ein Wortführer des französischen Katholizismus im Kampf gegen das Staatskirchentum. Inspiriert von der Romantik setzte er sich für eine Koexistenz von Kirche und Staat nach mittelalterlichem Vorbild ein.

      Starken Einfluss übte auf Lennig auch das Werk „Du Pape“ (Lyon 1819) des französischen Staatstheoretikers Joseph Marie de Maistre aus, das er bereits in der Übersetzung durch den Publizisten Moritz Lieber kannte. Lieber war ein Schwiegersohn des aus Mainz stammenden Philosophen Karl Joseph Windischmann, eines Neffen des Mainzer Weihbischofs Joseph Freiherr von Kolborn. De Maistre kritisierte Aufklärung, Volkssouveränität, Staatsvertrag- und Autonomiedenken sowie den Nationalismus. Allein der Papst galt ihm als unübertreffbare Autorität in der Auslegung der göttlichen Vorsehung. Ihm stehe somit letztlich auch die Führung der Menschen zu. Daneben wirkte Abbé de Lamennnais’ Schrift „De la religion considérée dans ses rapports avec l’ordre politique et civil“ (Paris 1825) auf Lennigs Denken. Schon im ersten Band seines Essais „Sur l’indifférence en matière de religion“ (Paris 1817), der ihn europaweit bekannt machte, übte er Kritik an dem in Reformation, Aufklärung und französischer Revolution wirkenden Individualismus. Seine Position wurde, trotz einiger innerkirchlicher Gegnerschaft, zum wichtigen Baustein des Ultramontanismus. Räß und Weis bezogen diese französische „Restaurationsphilosophie und -theologie“ in das Konzept ihrer Zeitschrift ein und verhalfen den Gedanken von Lamennais zu bestimmender Wirkung. Es lässt sich leicht nachvollziehen, welchen tiefen Eindruck die Begegnungen mit diesen Persönlichkeiten bei dem jungen Mainzer Theologiestudenten hinterlassen haben. Die ultramontane Ausrichtung seiner Vorstellung von der Kirche fand hier ihre Vertiefung und bleibende Begründung. Später wird er versuchen, dieses Konzept mit allen ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten in Anwendung auf die Verhältnisse der Mainzer Kirche zu entfalten und es in der Pastoral, in der Kirchenorganisation, im kirchlichen Schul-, Sozial- und Gesundheitswesen sowie in der Politik umzusetzen.

      Als Lennig 1827 nach Mainz zurückkehrte, war der seit dem Tod Bischof Colmars 1818 vakante Bischofsstuhl der neu umschriebenen „hessischen“ Diözese Mainz immer noch nicht besetzt. Daher trat er nun eine Reise nach Rom an, um dort zum Priester geweiht zu werden. Die vier niederen Weihen hatte er bereits 1821 nach dem Abschluss seiner theologischen Studien in Mainz empfangen. 1826 war ihm gelegentlich eines Ferienaufenthalts in seinem Elternhaus am 22. Dezember die Weihe zum Diakon durch den Trierer Weihbischof Heinrich Milz in der Koblenzer St. Castorkirche gespendet worden. Seinen Aufenthalt in Rom nutzte Lennig auch, um hier an der neu eröffneten päpstlichen Universität Gregoriana noch einige weitere Studien zu betreiben. In dieser Zeit machte er die Bekanntschaft mit Graf Karl von Reisach, dem späteren Bischof von Eichstätt, der ihm als Erzbischof von München und schließlich als römischer Kardinal eng verbunden blieb, sowie mit Georg Müller, dem späteren Bischof von Münster in Westfalen. Weiter lernte er den Kunstmaler Philipp Veit kennen und Christian Brentano, den inoffiziellen Mittelsmann für deutsche Angelegenheiten an der Kurie. Auch diese freundschaftlichen Verbindungen sollten durch sein weiteres Leben bestehen bleiben. Seine Wohnung hatte Lennig bei den Verwandten eines Abbé Sabelli genommen, mit denen er ebenfalls eine Freundschaft schloss, die lange bestehen bleiben sollte. Aufgrund seiner Begabung eignete er sich rasch hervorragende Italienischkenntnisse an und verbrachte die Abende nach seinen Studien im Café Greco, wo er auf viele deutsche Künstler und Gelehrte traf. Daneben besuchte er auch die bedeutenden religiösen und historischen Stätten Roms und der Umgebung. Am 22. September 1827 empfing Adam Franz Lennig schließlich in der Kirche St. Johannes im Lateran durch Monsignore de la Porta, Patriarch von Konstantinopel, die Priesterweihe. Bei seiner am Tag darauf folgenden Primiz ministrierten Christian Brentano und Philipp Veit. Nach seiner Weihe war ein Angebot an Lennig ergangen, eine wissenschaftliche Tätigkeit an der Gregoriana aufzunehmen, was er ablehnte, da er endlich in Mainz als junger Priester in den Dienst seiner Heimatdiözese treten wollte.

      Ein schwieriger Anfang im Dienst des Bistums

      Nach Mainz heimgekehrt war Lennig sogleich als Professor für Philosophie und Geschichte am Bischöflichen Gymnasium in Mainz bis zu dessen Schließung am 18. Oktober 1829 tätig. Diese erfolgte auf Anordnung der großherzoglichen Regierung und mit der Zustimmung des designierten Mainzer Bischofs Joseph Vitus Burg aus Freiburg. Sie war der Auftakt zur Verlegung des theologischen Studiums der Priesteramtskandidaten an die Landesuniversität in Gießen. Burg sah darin eine Maßnahme zur Hebung der Wissenschaftlichkeit der Priesterausbildung. Die Ausbildung im Mainzer Priesterseminar sollte sich nach seiner Auffassung allein auf den pastoralpraktischen Teil im Anschluss an das Studium beziehen. Für sein Vorgehen wurde er von jenen, die das Colmarsche Seminar als eine Mustereinrichtung für die Priesterausbildung in Deutschland erachteten, heftig kritisiert. In ihren Augen hatte er alles an die protestantischen Hessen verraten und verkauft3 und dadurch eine beklagenswerte Wende in der Entwicklung der Mainzer Verhältnisse eingeleitet. Dem für sein diplomatisches Geschick bekannten Burg, der sich so noch vor der offiziellen Einführung in sein Amt als Mainzer Diözesanbischof Gegner geschaffen hatte, fehlte offensichtlich das Gespür für die Befindlichkeiten in seinem neuen Wirkungskreis, sonst wäre er behutsamer vorgegangen. Dem jungen Lennig musste die Schließung des Gymnasiums natürlich als schwerer Eingriff in die Freiheit der Kirche und als Akt landesherrlicher Willkür erscheinen. Seine gegen das Staatskirchentum gerichtete Grundhaltung wurde bestätigt und bestärkt, denn der evangelisch dominierte Staat griff auf diesem Weg in elementare Rechte der katholischen Kirche ein. Sein Briefkontakt mit dem designierten Bischof in dieser Angelegenheit musste für ihn eine arge Enttäuschung gewesen sein, hatte er diesen doch um Hilfe zur Abwehr der Schließung des Gymnasiums gebeten. Burg war hingegen zur selben Zeit schon mit Vorschlägen zur Besetzung der Professorenstellen an der katholisch-theologischen Fakultät der Landesuniversität in Gießen befasst. Bereits am 22. Mai 1829,

Скачать книгу