Lebensbilder aus dem Bistum Mainz. Группа авторов

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Lebensbilder aus dem Bistum Mainz - Группа авторов Neues Jahrbuch für das Bistum Mainz

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im Vorgehen. Auf seinen Vorschlag erfolgte am 5. Juni 1845 die Wahl Lennigs zum Domkapitular. Außerdem verlieh er ihm den Titel eines Geistlichen Rates. Lennig sollte ihn sowohl in der Abwehr des „Deutschkatholizismus“ als auch in der diesbezüglichen Korrespondenz mit der Regierung unterstützen. So ging seine Zeit als Pfarrer in Seligenstadt, wo ihm noch im Mai 1845 der auf der Durchreise befindliche Nuntius in Brüssel, Joachim Pecci – der spätere Papst Leo XIII. – einen kurzen Besuch abgestattet hatte, ihrem Ende entgegen. Pecci kannte Lennig noch aus dessen Zeit in Rom. In Zusammenhang mit der Wahl Lennigs zum Domkapitular fällt zumindest auf, dass die Regierung gegen seine Wahl, obgleich er ja zuletzt mit einer Denkschrift gegen die Absetzung Riffels hervorgetreten war, keinen Einspruch erhob. Das Vertrauen, das Bischof Kaiser zu ihm gewann, sollte am 16. August 1847 mit seiner Ernennung zum Leiter des geistlichen Gerichts im Amt des Offizials seinen Ausdruck finden.

      Häufig trat Lennig als Prediger im Mainzer Dom gegen den „Deutschkatholizismus“ auf, der selbst in der Bischofsstadt unter liberalen, finanzstarken Bürgern und Handwerkern sowie darüber hinaus bei wohlhabenden rheinhessischen Bauern einigen Zulauf gefunden hatte. Auf politischer Ebene verfasste er zu dessen Abwehr Eingaben an die Regierung. Nachdrücklich wies er auf die Gefahr der Anarchie hin, die sich aus dieser Bewegung ergäbe, da sie nicht allein die kirchliche Autorität, sondern in der Folge auch jene des Staates angreife, der ihrem Treiben jedoch tatenlos zusehe, weil er sich wohl insgeheim eine Schwächung der katholischen Kirche erwarte. Daher nehme die Regierung es hin, dass die protestantische Bevölkerung gegen die Katholiken aufgehetzt und der konfessionelle Friede gestört werde.

      In der Auseinandersetzung mit dem „Deutschkatholizismus“ beklagte Lennig sehr das Fehlen einer politischen Tageszeitung, welche die Interessen der katholischen Kirche darlegte und gegen die permanenten Anfeindungen seitens der liberalen kirchenfeindlichen Tagesblätter verteidigte. Zu seinem Ärger hatten diese auch in Mainz große Verbreitung und entfalteten bei der Bevölkerung ihre Wirkung. Durch eine neue, dezidiert katholische Zeitung musste hier für Abhilfe gesorgt werden, denn weder die eher wissenschaftlich orientierte Zeitschrift „Katholik“, noch die „Katholischen Sonntagsblätter zur Belehrung und Erbauung“ entsprachen diesem Zweck. Letztere erschienen seit November 1842 unter der Leitung von Pfarrer Heinrich Himioben. Sie gingen auf eine Initiative Lennigs und einen Kreis von Pfarrern zurück. Wies das Innenministerium 1847 sein Gesuch um Zulassung der Gründung eines politischen Blattes noch mit der Begründung zurück, dass dafür in Mainz kein Bedarf bestehe, so erteilte es im Januar 1848 unter den veränderten politischen Verhältnissen die Genehmigung. Die Finanzierung der Zeitung erfolgte auf Aktienbasis, wofür auch Lennig einen erheblichen Anteil aus seinem Familienvermögen beisteuerte. Am 16. Juni 1848 erschien dann erstmals das „Mainzer Journal“, dessen Redaktion bei Franz Sausen lag. Mit dieser Tageszeitung, die auch in anderen Diözesen vertrieben wurde und ihr Erscheinen erst 1941 zwangsweise einstellte, verfolgte Lennig zugleich das Ziel, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Katholiken zu stärken, um aus ihnen eine Formation zu bilden, die ihrem politischen Gewicht im Staat entsprach.

      In Mainz war Lennig wieder mit seinem Neffen Christoph Moufang zusammengekommen, der inzwischen Pfarrer von St. Quintin und Religionslehrer am Gymnasium geworden war. Seinen Bruder Friedrich hatte er allerdings bereits im Juni 1838 in Folge einer Typhusinfektion verloren, und sein Schwager Wilhelm Moufang, der Mentor des katholisch-konservativen Mainzer Kreises, war wenige Monate vor Lennigs Rückkehr nach Mainz am 5. Januar 1845 verstorben. In Fortführung der familiären Tradition empfing Lennig in seiner Mainzer Wohnung in den Jahren bis zu seinem Tode zahlreiche hochstehende kirchliche Persönlichkeiten, Professoren der Theologie und der Rechtwissenschaften, so namentlich Franz Xaver Dieringer (Bonn), Johann B. Alzog und Franz Joseph Buß (Freiburg), Franz Jakob Clemens (Münster), Johannes von Kuhn (Tübingen), Karl Ernst Jarke und Georg Philipps (Wien), Joseph Hergenröther und Franz Hettinger (Würzburg). Dazu versammelte er regelmäßig ihm befreundete Priester und Laien, die schließlich den „Zweiten Mainzer Kreis“ bildeten, zu Gesprächsabenden über Themen aus Theologie und Kirche, Kunst und Politik.

      Eine günstige Gelegenheit, das staatskirchliche Regiment der großherzoglichen Regierung wenn nicht ganz abzuschütteln, so doch zurückzudrängen, bot sich im Rahmen des allgemeinen Freiheitsstrebens im Jahre 1848, als der polizeistaatliche Druck, den die Fürsten zur Wahrung ihrer Position ausübten, für die Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr zu ertragen war. Aus Furcht vor einem Verlust der Kontrolle im Staat wurde durch die Regierungen jegliche soziale, politische und wirtschaftliche Entwicklung behindert. Hessen-Darmstadt galt als einer der wirtschaftlich ärmsten und politisch reaktionärsten Staaten im Deutschen Bund. Um sich der Gängelung durch die großherzogliche Regierung zu entledigen, gingen die liberal-demokratischen Kräfte und der politische Katholizismus für einige Zeit ein Zweckbündnis ein. Der in Darmstadt gefürchtete Marsch der Mainzer Demokraten auf die Landeshauptstadt führte zum Sturz des Systems des leitenden Staatsministers du Thil. Er wurde zunächst durch den liberalen Heinrich Freiherr von Gagern als Ministerpräsidenten abgelöst, bis dieser im Mai 1848 zum Präsidenten der als „Paulskirchenparlament“ bezeichneten Nationalversammlung gewählt wurde. Ihm folgte der liberale Staatsrat Carl Jaup. An die Stelle des Großherzogs Ludwig II. (1830–1848), der in seinem Denken noch mehr als sein Vater Ludwig I. (1806–1830) dem Ancien régime verhaftet war, trat Erbprinz Ludwig III. (1848–1877), der zwar als wohlmeinend und populär galt, politisch aber weitgehend bedeutungslos blieb. Als neuer Großherzog hob Ludwig III. in einem Reformedikt die härtesten staatskirchlichen Vorschriften von 1830 auf.

      In Mainz zögerte Lennig nicht, das durch die März-Revolution errungene Vereinsrecht zu nutzen und gründete am 23. März 1848 im Haus „Zum Römischen König“ den „Pius-Verein für religiöse Freiheit“, darin maßgeblich von Kaspar Riffel unterstützt. Riffel war nach seiner Zwangspensionierung nach Mainz gekommen und hielt in diesem Haus Vorträge zu verschiedenen kirchenhistorischen Themen. Dabei war Lennig auf den Gedanken gekommen, einen Verein zum Schutz der religiösen und kirchlichen Freiheit zu gründen, der keine geistliche Bruderschaft, sondern ein nach weltlichem Recht organisierter Verein sein sollte und eine prioritär politische Zielsetzung verfolgte. Die Wahl des Namensgebers, des seit 1846 amtierenden Papstes Pius IX., stand für die Ausrichtung: papsttreu-ultramontan. Bei der konstituierenden Sitzung waren den ersten 24 Mitgliedern schon 300 weitere beigetreten. Lennig übernahm, unterstützt von Himioben, Riffel, seinem Neffen Christoph Moufang sowie Domkaplan Johann Baptist Heinrich, das Präsidium und hielt selbst regelmäßig Vorträge zu aktuellen Fragen. Auch mit dem neuen Verein zielte Lennig vordringlich auf einen aktiven Zusammenschluss der katholischen Bevölkerung und ihre Mobilisierung als politisch selbstbewusste Partei im sich verändernden Staats- und Gesellschaftssystem. Da der Verein sich gegen die radikaldemokratischen Forderungen stellte, die von Franz Zitz, Ludwig Bamberger und ihren Anhängern erhoben wurden, schlug ihm in der Öffentlichkeit bald auch Ablehnung entgegen. Dagegen empfahl Bischof Kaiser seinem Klerus den Pius-Verein als Einrichtung, in der Laien die Kirche durch ihr Engagement unterstützen konnten.

      Rasch zog das Mainzer Beispiel die Gründung zahlreicher gleichartiger Vereine in ganz Deutschland nach sich. Dem Mainzer Verein kam dabei die Stellung des Zentralvereins zu. Um den neu gewonnenen Organisationsgrad zu festigen, trat auf Lennigs Anregung vom 3. bis 6. Oktober 1848 in Mainz die erste Generalversammlung der Katholiken Deutschlands zusammen. Nach der Eröffnung der Zusammenkunft mit einer hl. Messe in St. Peter versammelte man sich unter Lennigs Leitung im Akademiesaal des benachbarten kurfürstlichen Schlosses. Da zur gleichen Zeit in Frankfurt auch die Nationalversammlung tagte, hatte man Delegierte des „Katholischen Klubs“, zu dem sich die etwa 60 Katholiken unter den 560 Abgeordneten am 14. Juni 1848 zusammengeschlossen hatten, zur Teilnahme an der Generalversammlung in Mainz eingeladen. Dieser Einladung waren am 4. Oktober 23 Mitglieder des Klubs gefolgt, unter ihnen auch Pfarrer Wilhelm Emmanuel von Ketteler aus Hopsten. Ort der Zusammenkunft war das Haus „Zum Römischen König“. Ketteler machte mit seinen Ausführungen über die sich zuspitzende soziale Frage erstmals in Mainz auf sich aufmerksam. Der gleichfalls unter den Abgeordneten anwesende Münchner Theologieprofessor Ignaz Döllinger berichtete über die dezidiert staatskirchlich ausgerichteten Beschlüsse des Verfassungsausschusses des Frankfurter Parlaments, die eine völlige Unterordnung der Kirche unter die Staatsgesetze vorsahen

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