Firmung Jugendlicher im interdisziplinären Diskurs. Christian Lutz

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Firmung Jugendlicher im interdisziplinären Diskurs - Christian Lutz Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge

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die mit der Definition eines Sakramentes zusammenhängen1.

      Auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil forderten die Konzilsväter in der Konstitution über die Heilige Liturgie Sacrosactum Concilium eine Überarbeitung des Firmritus, damit die Firmung als Teil der einen christlichen Initiation wieder besser zur Geltung komme (SC 71). Im Jahr 1971 wurde die Neuregelung in der Apostolischen Konstitution Divinae Consortium Naturae von Papst Paul VI. erlassen2 und im Codex Iuris Canonici verankert3. Für den liturgischen Gebrauch wurden der Ordo Confirmations und der Ordo Initationis Christianae Adultorum erstellt4.

      In den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts kam es zu einer vielfältigen theologischen und spirituellen Auseinandersetzung mit der Firmung, zum Beispiel in den Schriften Heribert Mühlens und Günter Biemers. Der 2006 verstorbene Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Theologischen Fakultät Paderborn Heribert Mühlen gilt als Wegbereiter der Beschäftigung mit der Pneumatologie im 20. Jahrhundert und der charismatischen Erneuerung in der katholischen Kirche5. Er unterscheidet fünf Grunderfahrungen christlicher Existenz: die Evangelisation, die persönliche Umkehr, die Taufe mit den übrigen Sakramenten, die Geistesgaben und das kirchliche Amt als „Dienst der Einheit und der Leitung“6. Diese Strukturelemente des christlichen Glaubens treten im Lauf der Kirchengeschichte immer auf, lediglich die Schwerpunktsetzung schwanke von Epoche zu Epoche. In Mühlens Sicht ist allen Sakramenten die Gabe des Heiligen Geistes zur Stärkung eigen. Das muss aber nicht zu einer relativen Inhaltslosigkeit des Sakramentes der Firmung führen; sie wird verstanden als „das sakramentale Zeichen für die apostolische Sukzession der ganzen Kirche“7. Besonders die geschichtliche Dimension der Kirche wird für Mühlen in der Firmung sichtbar, denn sie „zeigt an und bewirkt die Kontinuität mit der Pfingsterfahrung“8.

      Der emeritierte Professor für Religionspädagogik an der Universität Freiburg, Günter Biemer, hat sich im Jahr 1973 mit der Theologie und der Praxis der Firmung auseinander gesetzt. Bei seinen Überlegungen geht er von der Situation der römisch-katholischen Kirche in Deutschland aus, in der die Firmung im Jugendalter zeitlich von Taufe und Erstkommunion getrennt gefeiert wird9. Er identifiziert verschiedene Ansätze, die vom Verständnis des Wirkens des Heiligen Geistes ausgehen und denen verschiedene Firmtheologien zugeordnet werden können10. Einzelne Theologen kommen hierbei kaum zu Wort, es handelt sich um eine Zusammenstellung verschiedener möglicher Modelle der Firmtheologien. 1) Der christologische Ansatz. Ausgangspunkt dieses Ansatzes ist das Wirken und die Fülle des Heiligen Geistes in Leben, Sterben und Auferweckung Jesu Christi. 2) Der ekklesiologische Ansatz nimmt auf die Gegenwart des Wirkens Gottes in der Kirche Bezug und entfaltet von hier aus die Theologie der Firmung. 3) Der heilsgeschichtliche Ansatz geht davon aus, dass Gott in den Sakramenten der Kirche handelt und dass Gottes Heilshandeln auch im Tun und Reden der Christen und Christinnen deutlich werden soll. 4) Der anthropologische Ansatz stellt die menschliche Dimension im kirchlichen Handeln deutlich heraus – und kann somit als eine wichtige Ergänzung zu den vorausgehenden Ansätzen verstanden werden, nicht aber als eine alleinige Alternative. 5) Zuletzt nennt Biemer noch den anthropologischsakramentalen Ansatz. Hier wird die biographische Situation von Täuflingen und Firmanden während der Spendung des Sakramentes bedacht. „Da die beiden Initiationssakramente schon einmal getrennt sind, soll diese Tatsache auch einen Sinn haben, nämlich die Verteilung der für die Initiation in die Kirche nötigen anthropologischen Elemente auf die beiden Sakramente“11. Biemer versucht nun, die Zusammengehörigkeit der unterschiedlichen Ansätze herauszustellen und sie in eine ganzheitliche Sichtweise der Firmung zu integrieren:

      „Faßt man in diesem Sinne die Leitgedanken aus den verschiedenen Theologien der Firmung zusammen, so erscheint sie als »Teil«-Sakrament der Taufe und als deren Vollendung (sakramental), als die spezifische Eingliederung in die Sukzession des Geistes Jesu Christi (christologisch), als Zeichen für die Glaubensentscheidung (anthropologische Komponente für den Fall der Kindertaufe) und als Zeichen und Auftrag für Engagement und Glaubenszeugnis innerhalb und außerhalb der Kirche (ekklesiologisch)“12.

      In einer späteren Veröffentlichung geht Biemer einen anderen Weg, wenn er schreibt: „wem sich die Symbolgeste Gottes in Jesus Christus durch seine Kirche in der Berührung mit dem Taufwasser, beim Kreuzeszeichen des Chrisam, beim Essen und Trinken der eucharistischen Gaben […] erschließt, dem wird die Erfahrung der Begegnung mit dem lebendigen Gott zuteil“13. Offensichtlich führte die Kombination verschiedener Modelle von Firmtheologien nicht dazu, eine breite Übereinstimmung unter Theologen zu erreichen14.

      In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden in der katholischen Theologie die Fragen aufgeworfen, ob mit der Theologie der Firmung nicht eine Abwertung der Taufe verbunden wäre und ob seit der Theologie Thomas von Aquins nicht ein Umfunktionieren der christlichen Initiation stattgefunden hätte. So veröffentlichte im Jahr 1974 Jean Amougou-Atangana seine Schrift Ein Sakrament des Geistempfangs? Er identifiziert Unsicherheiten „in der offiziellen katholischen Lehre von der Firmung“15. Deshalb untersucht er die Heilige Schrift und die patristische Tradition, um zu klären, „was für die Firmung vertretbar ist, und entsprechende Vorschläge“16 vorzulegen. Sein Ergebnis lautet, dass die Firmung kein eigenständiges Sakrament sei, sondern „ein an der Taufe partizipierendes Nebensakrament“17. Von diesem Verständnis der Firmung ist auch Ulrich Schwalbachs Arbeit Firmung und religiöse Sozialisation aus dem Jahr 1979 geprägt18. Er untersucht zudem die subjektive Seite der Religion der Firmanden mit Hilfe religionspsychologischer und religionssoziologischer Kategorien und versucht, Konsequenzen für die Praxis der Firmung zu ziehen. Den Rahmen dafür bietet ihm die Gemeindetheologie19. So wünscht er, die „Zusammenarbeit von Familie, Gemeinde und schulischem Religionsunterricht“20 zu stärken.

      Wer Veröffentlichungen zur Firmung aus den letzten beiden Jahrzehnten sucht, findet ein unausgewogenes Bild vor: Es existieren zahlreiche Beiträge zum Thema Firmung im katechetischen Bereich, und neue Firmkonzepte werden in Pfarreien, Dekanaten und Diözesen erarbeitet21. Immer wieder wird auch die Ansicht diskutiert, Firmanden hätten mehrheitlich keinen Bezug mehr zu ihren Heimatpfarreien und zum religiösen Leben in der Kirche22. Deshalb überrascht es, dass in den letzten beiden Jahrzehnten in Deutschland lediglich zwei große Untersuchungen veröffentlicht wurden, die sich mit der Firmung in dogmatischer Hinsicht beschäftigten. Diese waren die Arbeit von Manfred Hauke aus dem Jahr 1999 und die Arbeit von Jesaja Langenbacher aus dem Jahr 2010.

      Manfred Haukes Habilitationsschrift23 enthält eine detaillierte Übersicht über die Genese und die Entwicklung des Sakramentes der Firmung bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil. Zeitgenössische theologische Entwürfte oder dogmatische Veröffentlichungen zum Sakrament der Firmung aus der Mitte beziehungsweise dem Ende des 20. Jahrhunderts spielen bei ihm eine untergeordnete Rolle. Hauke wünscht, dass seine Arbeit „vor allem zum systematischen Verständnis der Firmtheologie“24 beiträgt. Ziel seiner Arbeit ist deshalb, aus der biblischen Grundlegung des Firmsakramentes und der historischen Entwicklung der Firmung heraus eine Systematik des Sakramentes der Firmung zu erstellen. Von dieser Basis aus nimmt Hauke auch Stellung zu Fragen um das Firmalter, den Spender der Firmung und zu ökumenischen Fragen wie der Konfirmation oder der so genannten Geisttaufe in pfingstlerischen Bewegungen.

      Die Promotionsschrift von Jesaja Langenbacher25 ist von der kommunikativen Theologie nach Hilberath und Scharer inspiriert und setzt hier ihren Schwerpunkt. Andere theologische Entwürfe als die der so genannten kommunikativen Theologie spielen bei ihm eine untergeordnete Rolle. Die Arbeit von Hauke wird von ihm überhaupt nicht erwähnt. Ebenso unerwähnt bleiben Anfragen an die aus der Themenzentrierten Interaktion inspirierten kommunikativen Theologie, wie sie beispielsweise von Edmund Arens oder Norbert Mette vorgelegt wurden. Ziel der Arbeit Langenbachers ist es, zu klären, wie die gegenwärtige „Krise in der Lebens- und Glaubenskommunikation der Kirche“26 überwunden werden kann. Dies erscheint ihm durch eine gelungene

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