Geist und Leben 2/2015. Группа авторов

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Röm 12 Auskunft, auch aus einer Minderheits- und Unterdrückungserfahrung heraus (z.B. Röm 8,31–39; 1 Petr 2,11; 3,14–16; 4,14–16).

      Die Christ(inn)en des 1 Petr haben ihr Leben neu ausgerichtet- und die „Anderen“ in ihrer Umgebungskultur hinter sich gelassen. Sie haben sich damit verbessert, wird doch das Frühere als „unnütz“ und „Unkenntnis“ deklariert (1,14.18). Die Innovation verdankt sich allerdings der Initiative Gottes. Aller neuer Lebenswandel reagiert auf die Erwählung, die Vorleistung Gottes: kein Grund zur Überheblichkeit ggü. denen, die den „alten“ Lebensstil beibehalten haben (1,14–2,10).

      Von außen schlagen den Angesprochenen nun Verbalinjurien, Kriminalisierung und „Leiden“ entgegen. 1 Petr empfiehlt, darauf mit demonstrativ „guter“ Praxis zu reagieren: Der geforderte Abstand zu „fleischlichen Begierden“, so 1 Petr 2,11 summarisch, ist ein ethischer Topos der Umgebungskultur, in der Philosophie und Lebenskunst die menschliche Selbstkontrolle idealisieren. Ein gemeinsames Verständnis von moralisch gutem Leben ist notwendig, wenn sich 1 Petr nicht nur die Widerlegung der Verleumdung von außen erhofft (2,12; 3,16), sondern sogar damit rechnet, dass die Anderen aufgrund von Beobachtung den Gott der Christ(inn)en anerkennen werden (1 Petr 2,12; vgl. 3,1). Was ausstrahlt, sind ein harmonischer und loyaler Umgang miteinander;12 Mitleid und Demut13 – und der Ausstieg aus einem Vergeltungskreislauf (3,8f.), wie er sich bereits in jesuanischer Tradition findet (Mt 5,39–41.44f.; Lk 6,27–29). Darüber hinaus gilt es für die Christ(inn)en, sich dort unterzuordnen, wo – weit entfernt von Gleichheit der Person oder demokratischer Meinungsbildung – gesellschaftliche Übermacht herrscht: im Staat, im Haus (1 Petr 2,13–3,7). Wenn gefordert, sollen die Christ(inn)en auch zu einem verteidigenden „Wort von der Hoffnung“ greifen, doch dies im Stil von „Milde“, „Furcht“, mit „gutem Gewissen“, wiederum also in Bescheidenheit (1 Petr 3,15f.).

      Die Analogien zu diesen Weisungen für Außenbeziehungen in Röm 12 sind, auch bei unterschiedlichen Akzenten, erstaunlich: „(9) … das Böse verabscheuend, am Guten hängend (vgl. 1 Petr 2,12; 3,11) … (12) in der Hoffnung euch freuend, in der Bedrängnis euch geduldend (vgl. 1 Petr 2,20) … (14) Segnet, die euch verfolgen, segnet, und verflucht nicht … (17) keinem Schlechtes für Schlechtes zurückgebend (vgl. 1 Petr 3,9), das Gute vordenkend vor allen Menschen. (18) Wenn es von euch aus möglich ist, mit allen Menschen in Frieden lebend (vgl. 1 Petr 3,11), (19) nicht euch selbst verteidigend – sondern gebt dem Zorn Raum, geschrieben ist nämlich: Mir gehört die Rache, ich werde vergelten, spricht der Herr (vgl. 1 Petr 2,23; 3,12). (20) Sondern: Wenn dein Feind hungert, mache ihn satt; wenn er Durst hat, gib ihm zu trinken. Wenn du nämlich das tust, wirst du Feuerkohlen auf seinen Kopf häufen. (21) Werde nicht vom Schlechten besiegt, sondern besiege mit dem Guten das Schlechte.“ (vgl. 1 Petr 3,13)14 Es scheint, als hätte sich der Weg der demonstrativen Güte und Zurückgenommenheit im Umgang mit „den Anderen“ bewährt.

      Auf Kurs bleiben: Christliche „Fernbeziehungen“15

      Was die Binnenbeziehungen angeht, gilt den Christ(inn)en auf der Face-to-Face-Ebene vor Ort das (kulturell etablierte) Ideal der Einmütigkeit – doch wie bleiben die verstreuten Grüppchen untereinander in Kontakt, geschweige denn Teil eines gemeinsamen Ganzen?

      Erstes Mittel der Wahl sind – und das mag angesichts der Schwierigkeiten einer antiken Reise erstaunen – persönliche Begegnungen. Nicht nur die Missionare(n) wie Paulus und seine Mitarbeiter(innen) oder Petrus, die Brüder des Herrn und die übrigen Apostel (vgl. 1 Kor 9,5) reisen auf den Land- und Seewegen zwischen Palästina und Italien. Paulus hört durch die „Leute der Chloe“ vom Streit in Korinth (1 Kor 1,11); Stephanas, Fortunatus und Achaikus, wohnhaft in Korinth, besuchen Paulus in Ephesus (1 Kor 16,17); Paulus gibt Phoebe aus Kenchreae wohl seinen Brief nach Rom mit (Röm 16,1f.). Mit Selbstverständlichkeit hören wir bei Paulus von hoher Mobilität. Paradebeispiel ist das Ehepaar Priska und Aquila, ursprünglich aus Rom, von dort nach Korinth ausgewiesen (Apg 18,2), mit Paulus nach Ephesus übersiedelt (1 Kor 16,19), und wahrscheinlich wieder nach Rom zurückgekehrt (Röm 16,3–5). Den Reisenden bieten gerade die christlichen Schwestern und Brüder eine unkomplizierte Anlaufstelle in der fremden Großstadt. Wieder und wieder wünscht sich auch Paulus, persönlich zu kommen (z.B. Röm 15,22–24; 1 Kor 16,5–7). Ist das nicht möglich, dienen Briefe als nicht ganz adäquater Ersatz – die Dichte einer Face-to-face-Kommunikation können sie nicht erreichen.

      Doch nicht immer verlaufen die Besuche anderer Christ(inn)en in den Gemeinden harmonisch. Teils tragen sie ihre jeweiligen Positionen herein: Verfechter(innen) der Beschneidung verunsichern die Galater(innen) (Gal 6,12f.); „Super-Apostel“ in Korinth stellen Paulus in den Schatten (2 Kor 11,5). Schon früh kommt es in Antiochia zum Eklat zwischen Petrus und Paulus, als dort „Jakobusleute“ aus Jerusalem auftauchen und Petrus vom Essen mit den „Heiden“ abbringen (Gal 2,11–14).

      Gerade in puncto jüdischer Abgrenzungspraktiken reibt sich also das Urchristentum. Und dies, obwohl nach Darstellung des Paulus (Gal 2,1–10; differierend: Apg 15,1–35) hier ein praktischer Konsens zwischen dem Jerusalemer Führungsteam und einer Delegation aus Antiochia persönlich ausgehandelt worden war: Aufteilung der Missionsgebiete – die Judenchrist(inn)en im Jerusalemer Gebiet leben weiter mit den Abgrenzungsgeboten, die von Antiochia gegründeten heidnischen Gemeinden gleichberechtigt ohne.

      Bei zwei nicht kompatiblen Theorien und Praktiken der Gemeinden erweist sich die Zusammengehörigkeit auf einer ganz anderen Ebene: durch eine Solidaritätsaktion (Gal 2,10). Paulus sammelt in einem groß angelegten Projekt unter seinen heidenchristlichen Gemeinden Gelder für die Armen des „anderen Flügels“ in Jerusalem (vgl. z.B. 1 Kor 16,1–4; 2 Kor 8f.; vgl. auch die Sammlung in Antiochia nach Apg 11,27–30). Röm 12,13 trifft den Nagel auf den Kopf mit dem Ideal, sich die Bedürfnissen der übrigen „Heiligen“ zu eigen zu machen und auch der Gastfreundschaft nachzujagen.

      Rückschau

      Diesen Rückblick auf die Klärungsprozesse in den verstreuten frühen Christengemeinden haben wir in komfortabler Lage vorgenommen: Im Panorama überblicken wir den gesamten Mittelmeerraum, im Zeitraffer sehen wir, wie sich Lösungen fanden und die Entwicklung fortschreitet. Zeit und Überlieferung haben eine chaotische Informationsfülle auf handliche Perikopen-Häppchen reduziert.

      In den Herausforderungen jeweils aktuell erlebter Diasporasituationen fehlt all dies. Mit eingeschränkter Perspektive, emotional involviert in Verlusterfahrungen, stehen wir vor einem offenen Prozess – in dem morgen alles anders sein kann. Dennoch müssen wir uns hier und heute verhalten, als Personen, die dem Label „Christ(in)“ gerecht werden wollen: Position beziehen – Grenzen orten – Beziehungen eingehen. Vielleicht kann uns dabei bestärken, wie unbefangen sich die Christ(inn)en von damals in eine Diaspora-Situation begeben haben – ein paar Handvoll Leute in einer Großstadt. In schlichtesten, aber sinnenfälligen Ritualen wie der wöchentlichen Mahlfeier finden sie Rhythmus, Verankerung, Angenommensein; mit dem Mut zur höchstpersönlichen Anteilnahme pflegen sie Kontakt, auch über weite Strecken; wenn die christlichen Gruppen unter den „Heiden“ sich ganz praktisch mit Jerusalem solidarisieren, dann entsteht Einheit über inhaltliche Probleme hinweg; die wenigen Christusgläubigen begegnen den „Anderen“ mit einem großen Herzen, im Vertrauen auf die Kraft des Guten; ihr alltägliches Konsumverhalten – Stichwort Götzenopferfleisch – ist ein Statement, das auch „Andere“ zum Nachfragen veranlasst: ein Verzicht auf Genuss, auf willkommene Stärkung aus Überzeugung? Ein paar Handvoll Leute in einer Großstadt gestalten ihre Zwischen-Räume – wie wir glauben, letztlich durch die Zeiten geleitet.

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