Geist & Leben 4/2016. Группа авторов

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Sie sich binden werden. Mit einem Leben im Ausstrahlungsfeld einer so schönen, reinen und frommen Seele werden Sie den Menschen am meisten Gutes tun können. Die Ehre Gottes, unser aller Ziel, besteht in Ihrer Heiligung und im Wohl der Menschen. In liebender Verbundenheit im Herzen Jesu fr. Ch. de Foucauld.“17

      Die Art und Weise, wie Foucauld sich hier im religiösen Sprachstil seiner Zeit ausdrückt, ist nicht mehr die unsrige; es kommt hinzu, dass der „alte Soldat“ Foucauld über keine „elegante“ Sprache verfügte. Dennoch: Man wird lange suchen müssen (und dabei vielleicht nicht einmal fündig werden), um in der damaligen Zeit ähnlich positive, ja höchste Worte über die Ehe zu finden. Entgegen der bisherigen Tradition ist für Foucauld die Ehelosigkeit nicht mehr einfach das gegenüber der Ehe Höhere, sondern alles kommt auf den „Willen Gottes“ an, d.h. auf das Erkennen und Befolgen der je persönlichen Berufung. Das und nichts anderes ist „das Höchste“.

      Und weiter: Ihren hohen Wert erhält die Ehe nicht allein von der gemeinsamen Liebe und ihrer Fruchtbarkeit im Kind her, sondern von ihrer gemeinsamen Sendung für das Reich Gottes (vom „Mitwirken an der Ankunft Seines Reiches“) und vom gemeinsamen Gehen auf das letzte Ziel (von der „Berufung des Ehegatten, der seine Gattin auf dem Lebensweg zur ewigen Seligkeit begleitet“). Diese damals höchst ungewohnten Gedanken werden im weiteren Briefwechsel häufig wiederholt und vertieft. Kein Wunder, dass Massignon trotz seiner Ehe, oder gerade weil Foucauld seine Ehe in solch geistlicher Tiefe sieht, diesem zutiefst verbunden bleibt. „Die Berufung zur Ehe ist von wunderbarer Größe“, so lässt sich die Einstellung des ehelosen Foucauld zur Ehe zusammenfassen, eine Einschätzung, mit welcher er, wie in so in vielen anderen Punkten, seiner Zeit um Jahrzehnte voraus und Wegweiser für neue Perspektiven war.

      Ein Wegweiser hat dann seine Aufgabe erfüllt, wenn Menschen mit seiner Hilfe ihren Weg gefunden haben und weitergekommen sind. Eben diese Aufgabe dürfte Bruder Karl in hohem Maß erfüllt haben. Eins seiner bevorzugten Schriftworte ist Jes 56,10 entnommen. Hier heißt es:

      „Die Wächter des Volkes sind blind, / sie merken allesamt nichts. Es sind lauter stumme Hunde, / sie können nicht bellen. Träumend liegen sie da / und haben gern ihre Ruhe.“

      In Bezug darauf formuliert Bruder Karl häufig: Ich will kein stummer Hund sein. In der Tat: Er war es auch nicht, und sein „wachsames Bellen“ wurde in der Kirche gehört und beachtet.

      1 J.-F. Six (Hrsg.), Charles de Foucauld, Aufzeichnungen und Briefe. Freiburg i. Br. 1962, 70.

      2 C. de Foucauld, Die geistlichen Schriften, dt. Wien – München 1963, 155f.

      3 Ders., Brief an seine Schwester vom 17. 1. 1902. – Im Folgenden entstammen zahlreiche Passagen meinem Buch: G. Greshake, Spiritualität der Wüste. Innsbruck – Wien 2002, 135–154.

      4 D. Barat (Hrsg.), Charles de Foucauld. Œuvres Spirituelles. Paris 1958, 457f.

      5 J.-F. Six, Abenteurer der Liebe Gottes, 80 unveröffentlichte Briefe von Ch. d. Foucauld an L. Massignon. dt. hrsg. und eingeleitet v. G. Greshake.Würzburg 1998, 216.

      6 U.a. wurde es von den sog. Jerusalem-Gemeinschaften aufgegriffen, die 1974 durch P. Pierre Marie Delfieux gegründet wurden. Der „innere Kreis“ dieser geistlichen Bewegung möchte ein monastisches Leben verwirklichen, und zwar in der als „Wüste“ verstandenen Stadt. Während jedoch in der geistlichen Foucauld-Familie die „Stadt“ eine, wenn auch besonders eindringliche Weise und Ausdrucksform der Wüstenexistenz unseres Lebens ist, nimmt diese in den Jerusalem Gemeinschaften eine fast exklusive Bedeutung an.

      7 C. de Foucauld, Brief an H. de Castries vom 17. 6. 1904.

      8 Ders., Directoire, art. 28.

      9 Ders., Retraite à Beni-Abbès (1902), in: D. Barret (Hrsg.), Ch. de Foucauld – Oeuvre spirituelles. Anthologie. Paris 1958, 538.

      10 Ders., Brief an Abbé Caron vom 11 .3. 1909.

      11 Ders., Directoire, art. 28.[s. Anm. 8].

      12 Ders., Brief an Abbé Caron vom 9. 6. 1908.

      13 Ders., Brief an Joseph Hours vom 3. 5. 1912.

      14 Ebd.

      15 Siehe dazu J.F. Six, Abenteurer der Liebe Gottes, 32f. [s. Anm. 5].

      16 Zit. nach ebd. 130.

      17 Ebd., 128f.

      Meredith Secomb | Melbourne (Aus)

      geb. 1951, PhD theol., M.A. Psych., Theologin, klinische Psychologin

       [email protected]

      Small Matters1

       Kontemplatives Leben und soziale Gerechtigkeit

      Seit einiger Zeit geht mir ein inspirierendes Seminar, an dem ich 2014 teilgenommen habe, durch den Kopf, das sich mit bahnbrechender Arbeit an der Schnittstelle von Kunst und Gesundheitswesen auseinandersetzte.2 Der Vortragende, ein Ethnomusikologe, Menschenrechtsaktivist und Musikprofessor engagiert sich u.a. dafür, die Künste in einen peruanischen Slum und ein US-amerikanisches Gefängnis zu bringen. Seine Arbeit stellt die sowohl in materieller als auch in spiritueller Hinsicht zutiefst verarmten Menschen unserer Welt in den Mittelpunkt. Sie transformiert das Leben der Menschen, deren Selbstwahrnehmung und Gefühl von Bedeutung und Wert. Es handelt sich hier um eine Form von Arbeit, die zu sozialer Gerechtigkeit beiträgt.

      Das Seminar hat mich aufgerüttelt und mich zur Frage gebracht, welchen Beitrag meine Arbeit, als jemand, der sich als kontemplativ versteht, zur Verringerung der hoffnungslosen Ungleichheiten und des Schmerzes der Welt leistet.3 Während ich in der Vergangenheit sowohl beruflich als auch privat versuchte, das Leiden anderer zu lindern, schien jeweils mit dem Ende dieser Aktivitäten auch die Erfüllung aufzuhören, die von meiner Bemühung herrührte, mein kontemplatives Gebetsleben mit der liebenden Sorge für andere zu verbinden.4

      Deshalb ist meine derzeitige Frage: Wie kann ich authentisch als kontemplativer Mensch, offen für Gott und das Leiden meines Nächstens, inmitten der Annehmlichkeiten einer westlichen Vorstadt leben? Einige Annahmen sind implizit in dieser Frage enthalten. Die erste, die ich bejahe, ist, dass wir berufen sind, andere zu lieben und ihnen zu dienen; die zweite, die ich untersuche, ist, dass ein Leben, das das kontemplative Gebet in den gewöhnlichen Umständen der gewöhnlichen Welt priorisiert, zulässig ist; die dritte, die ich zurückweise, ist, dass wir alle „große“ Dinge bewerkstelligen müssen, um dem Ruf nach sozialer Gerechtigkeit und Liebe für unseren Nächsten gerecht zu werden.

      Zunächst möchte ich den Schwerpunkt auf soziale Gerechtigkeit innerhalb der christlichen Tradition legen, verweise dabei kurz auf die Hl. Schrift und anschließend auf die Arbeit von Theolog(inn)en. Sie folgen einem Ruf, Taten zu setzen. Dabei handelt es sich auch um solche Taten, die soziale Strukturen, welche Ungerechtigkeiten aufrechterhalten, infrage stellen. Diesem aktivistischen Engagement steht das scheinbar inkompatible Leben des gewöhnlichen Kontemplativen gegenüber, der ein einfaches Leben in der Vorstadt verbringt. Danach schlage ich eine Annäherung vor zwischen dem dringenden Bedürfnis aller Christen, aktives Mitgefühl zu leben angesichts des Leids anderer und der genuinen Begrenzungen von Menschen, die ein alltägliches Leben innerhalb der Bedingungen der entwickelten Welt führen. Im Einklang mit der kontemplativen Tradition

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