Als die Oper mit Bier gelöscht wurde. Heinz Gebhardt

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Als die Oper mit Bier gelöscht wurde - Heinz Gebhardt

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      Mit solchen gewaltigen Umwälzungen schafft man sich natürlich nicht nur Freunde. Einer, der es gar nicht mit ihm konnte, war der Sohn von Kurfürst Max Joseph, König Ludwig I. Er wollte ihn schon lange loswerden und nach Missernten und Hungersnöten im Land nahm er diese Katastrophen zum Anlass, Montgelas als Minister zu entlassen. Montgelas starb 1838 in München und ist in der Familiengruft in Niederbayern begraben.

      »Kinder und Narren sagen die Wahrheit« ist eine uralte Weisheit und auch der Grund, warum seit dem Mittelalter Narren an den Herrscherhöfen einen besonderen Platz hatten. In den abgeschotteten Zirkeln der Macht verlor man damals wie heute schnell das Gespür für das, was draußen in der Bevölkerung vorging und gedacht wurde. Wahrheiten aber, wie sie Hofbeamte und Minister sich nie auszusprechen getrauten, konnte ein Sonderling, der sowieso nur Närrisches daherredet, meist mit Witzen und Späßen garniert ungestraft und zur Erheiterung der höchsten Herrschaften aussprechen. Natürlich erfuhr dabei der Regent auch, was seine allernächste Umgebung wirklich über ihn dachte. Der letzte Hofnarr in der Münchner Residenz war Georg Prangerl (1745–1820), von allen nur »der Prangerl« genannt, was auf seine kleine Gestalt hindeutet. Er war Musikant, konnte mehrere Instrumente spielen und unterhielt die Münchner in der »Cafféschänke« des Giovanni Pedro Sardi, dem heutigen Tambosi am Hofgarten. Seine Witze waren oft unter der Gürtellinie, zotig, derb und schonungslos. Er ging nie ohne Stock aus, mit dem er manchmal wahllos auf Passanten und sogar auf Kinder einschlug. Dass so ein ungehobelter, g’scherter Narr hoffähig wurde, lag an seinem Beschützer, dem beim Volk beliebten Kurfürst Max Joseph, seit 1806 König Max I. von Bayern: selbst weit entfernt von einer fürstlichen Erscheinung, von Zeitgenossen als »grober verdrießlicher Fuhrknecht« beschrieben und alles andere als ein Intellektueller. Im Hoftheater konnten für ihn die Stücke gar nicht seicht genug sein. Mit Max und dem Prangerl hatten sich eben zwei auf gleicher Wellenlänge gefunden. Aber auch beim Prangerl galt »Hochmut kommt vor dem Fall«, in seinen letzten Jahren war seine Gaudi nicht mehr »hoffähig«, er fiel in Ungnade und damit aus der Residenz. Heute laufen täglich Zigtausende unter ihm vorbei, denn sein kleines Denkmal befindet sich im Inneren des Karlstor-Durchgangs.

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       Hofnarr Prangerl im Karlstor

       »Die Münchner sind große Säufer«

      München und sein Bier

      1447 Herzog Albrecht schrieb ab: Das »Reinheitsgebot« von 1487 erfanden die Münchner schon 40 Jahre früher!

      Am 30. November 1487 unterschrieb Herzog Albrecht IV. eine Verordnung über das Brauwesen, die später als das »Bayerische Reinheitsgebot« in die Geschichte einging: Jeder Brauer musste unter Eid versichern, »das er zu einem yeden Bier allein Gersten, Hopfen und Wasser nehmen und brauen, auch das nach Nothdurft sieden, und nichts anderes darein tun, noch durch yemand andern verfügen oder sunst gestatten wölle.«

      Diesem Gesetz vorausgegangen war ein Dauerstreit, wer was wie brauen darf und was alles in den Sud hineingeschüttet werden kann. 1420 setzte der Magistrat (Stadtrat) erstmals Bierkontrolleure ein, die darüber wachten, dass kein Wasser aus den Stadtbächen zum Sieden verwendet wurde, sondern nur Wasser aus tiefen Brunnen. Diesen sogenannten »Kiesern« war es auch erlaubt, bei der »Piergschau« einen schlechten Sud zu vernichten. Da Bier in München als »flüssiges Brot« ein Lebensmittel ist, suchte der Magistrat die Kontrolle darüber zu bekommen und beschloss schon 1447 ein eigenes Reinheitsgesetz, in dem der wichtigste Satz fast wörtlich im herzoglichen Reinheitsgebot 40 Jahre später übernommen wurde: »Item sollen auch pier und greussing nur allein von gersten / hopffen und wasser und sunst nichts darunter tun noch sieden / oder man straf es für falsch«.

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       Herzog Albrecht (1447–1508)

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       Biersieder, Holzschnitt um 1450

      Der erste große Bierbrauer Münchens war Herzog Ludwig II., der »nechst der Veste beim Torazbach (Pfisterbach) ain prewstatt« errichtet hatte. Er erlaubte allen Münchnern, seine Brauerei auch zum Brauen eines eigenen Haustrunkes mit zu benützen. Für sich selbst braute er süffiges Weißbier, was er aber allen anderen verbot, denn Weißbiergenuss sei »gesundheitsschädlich«, wie er verkündete. Der wahre Grund aber war der dauernde Weizenmangel, der bei Missernten sofort zu Hungersnöten führte. Das Weißbier-Brauverbot wurde erst 1789 von Kurfürst Karl Theodor aufgehoben.

      In den Epochen davor findet man Bier nur in den Klöstern, wo es allerdings nicht öffentlich ausgeschenkt, sondern von den Mönchen selbst getrunken wurde. Alkoholische Getränke waren zur Zeit der Gründung Münchens um 1158 der süße Honigwein »Met« oder saurer Wein aus den Weingärten an den Isarhängen bei Harlaching, Bogenhausen, Wolfratshausen und Schäftlarn, wo alte Straßennamen noch an den einstigen Weinbau erinnern.

      Mit der schrecklichsten Oktoberfest-Legende hat der ehemalige Stadtarchivdirektor Richard Bauer schon vor Jahren aufgeräumt, trotzdem geistert in gedruckter Form immer wieder die fürchterliche Mär herum, es hätte auf dem ersten Oktoberfest gar kein Bier gegeben! Die hier abgebildete Radierung von Wilhelm von Kobell zeigt auf dem ersten Oktoberfest 1810 klar und deutlich drei Bierzelte, die zwar nicht so hießen, aber in denen Bier ausgeschenkt wurde zusammen mit Wein und Brotzeiten jeder Art. Es waren die Zelte der »Traiteurs«, den Partygastronomen der Biedermeierzeit, denen ausdrücklich der Ausschank von Wein und Bier erlaubt war. Das zweite Märchen, dass die Münchner damals hauptsächlich Wein getrunken hätten anstatt Bier widerlegen städtische Akten: Beim Weiterfeiern auf dem Marienplatz, der Neuhausergasse und auf dem Promenadeplatz wurden 232 Hektoliter Bier ausgeschenkt und nur 4 Hektoliter österreichischer Weißwein. Dies muss an erster Stelle gesagt sein, denn das große Münchner Volksfest zu Ehren der Hochzeit von Kronprinz Ludwig und Therese von Sachsen-Hildburghausen am 12. Oktober 1810 ohne eine Maß Bier – unvorstellbar! Hauptereignis war natürlich das große Pferderennen, das Unteroffizier Baumgartner zu Ehren des Brautpaares am 2. Oktober im Innenministerium vorgeschlagen hatte. Schon am 4. Oktober wurden dafür gedruckte Einladungen verschickt – unglaublich, wie schnell Ministerien damals entschieden – oder lag eine solche Volksbelustigung als Nationalfest schon in der königlichen Luft? »Volksfeste freuen mich besonders. Sie sprechen den Nationalcharakter aus, der sich auf Kinder und Kindes-Kinder vererbt«, sagte Kronprinz Ludwig bei der Eröffnung des ersten Oktoberfestes, wohlwissend, wie sehr ein solches Volksfest die Leute vereint.

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       Das erste Oktoberfest 1810 mit deutlich sichtbaren ersten Bierzelten rechts oben, Radierung von Wilhelm von Kobell

      Die heutigen Münchner Großbrauereien entstanden alle zu Beginn des 19. Jahrhunderts und oft nach dem gleichen Muster: Armer Brauerlehrling heiratet reiche Brauerstochter.

      PAULANERBRÄU: Franz Xaver Zacherl (1772–1849)

      Zacherl lernte als Koch, heiratete 1796 die reiche Bauerstochter Elisabeth Schmeder und kaufte mit deren Mitgift 1797 die Hallerbrauerei. 1806 konnte er das von Graf Montgelas im Zuge der Säkularisation aufgelöste Paulanerkloster pachten, in dem immer noch Bier vom ehemaligen Klosterbruder Peter Ludwig gesotten wurde, der das Handwerk vom legendären Bruder Barnabas gelernt hatte.

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