Danke Lena. Patrick Reichelt

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Danke Lena - Patrick Reichelt

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      Diesen Traum hatte sie immer, und auch wenn sie zum Schluss ihrer Karriere meinte, sie habe nie richtig berühmt werden wollen, ein bisschen dachte sie natürlich schon daran, wie sie einmal zugab. »Ich wollte als Jugendliche eines dieser schönen roten Autos, das es vom Hauptsponsor immer gibt«, sagte sie, »und ich stellte mir vor, Autogrammkarten von mir zu verteilen.« Damit sollte es noch dauern, ins Fernsehen kam Magdalena Neuner aber schon recht bald.

      Als 13-Jährige im ZDF. Im Kinderprogramm Tivi.

      Fernseh-Premiere mit Zahnspange

      Da gab es nämlich einmal einen Bericht über Biathlon, ein kurzer Bericht, keine zwei Minuten. Das war im März des Jahres 2000, zu sehen war ein Rennen beim deutschen Schülercup in der Altersklasse S13. Es gab eine kurze Einführung in die Sportart, weshalb die Reporterin erklärte: »Gute Chancen beim Biathlon zu siegen hat, wer schnell langlaufen kann und gut schießen. So wie Magdalena Neuner.« Man sah ein junges Mädchen mit einer dicken Mütze auf dem Kopf und einer Zahnspange im Mund, und dann sagte diese Magdalena Neuner: »Ja, das Schießen und das Laufen macht einfach voll Spaß, ich könnte einfach nicht mehr aufhören damit.« Und weil es der Tag der Entscheidung war, das finale Rennen der Saison, hoffte sie noch vor dem Start: »Ja, hoffentlich schmeißt’s mich nicht.« Tat es nicht, und als die Reporterin noch wissen wollte, welche Körperpartien denn am meisten beansprucht würden, sagte sie klug und schlagfertig: »Eigentlich das Gehirn. Weil beim Schießen, da muss man sich schon konzentrieren.«

      An jenem Tag klappte das so halbwegs, zwei Fehler von zehn Versuchen, am Ende reichte der sechste Platz aber immerhin zum Sieg in der Cup-Gesamtwertung, und bei der Abmoderation meinte die Sprecherin: »Vielleicht erfüllt sich ja ihr Traum, irgendwann mal in der Nationalmannschaft zu laufen und zu siegen.« Tat er.

      So wie damals bereits Martina Glagow, die heute Beck heißt. Acht Jahre älter war sie, und in der Jugend das große Vorbild der kleinen Magdalena, schon bald hatte sie auch so ein rotes Sponsoren-Auto, von dem die kleine Neuner träumte. Als Magdalena gerade bei ihrer Cousine Anneliese ins Biathlon hineingeschnuppert hatte, feierte Glagow ihre ersten großen Erfolge, wurde sie zwischen 1997 und 1999 viermal Junioren-Weltmeisterin. Daheim in Mittenwald hatte es schon Tradition, dass es für Glagow dafür einen großen Empfang gab, aber es war auch üblich, dass sie selbst nach ihren Erfolgen für einen Nachmittag den Biathlon-Nachwuchs zu sich nach Hause einlud und Kuchen und Kakao spendierte. Magdalena war da immer dabei.

      Sie trafen sich auch oft am Olympiastützpunkt, beim Training in Kaltenbrunn an der B2 Richtung Garmisch, und auch da fiel Martina Glagow die junge Neuner bereits auf. »Zum einen wegen ihres lang geflochtenen Pferdeschwanzes«, sagt sie, »zum anderen wegen ihres Laufstils. Die Lena hatte schon immer eine verdammt schöne Technik, wie man sie in so einem Alter ganz selten sieht.«

      Zu sehen war ihre Lauftechnik auch in dem erwähnten TV-Bericht, und der Stil sah schon da genauso aus wie später auch, als sie groß war. Elegant, leicht, effektiv. Noch nicht abzusehen war, dass genau zehn Jahre nach dem Fernsehbeitrag Martina Glagow vor Dankbarkeit in Tränen ausbrechen sollte, weil Neuner ihr zuliebe auf einen Einsatz bei der Olympia-Staffel verzichtete.

      Erst einmal kämpfte sich Magdalena Neuner durch die Jugend, und das mit großem Erfolg, und sie gewann auch, wenn sie ohne Skier unterwegs war. Siege waren eine Selbstverständlichkeit, und wenn es nur der sommerliche Waldlauf des SSC Jachenau östlich des Walchensees war, wo sie im Sommer 2001 bei den 14-Jährigen triumphierte.

      Auch im Biathlon holte sie in jeder Altersklasse bundesweit den Gesamttitel, bis Januar 2003, kurz vor ihrem 16. Geburtstag, gelang es ihr, in 36 Rennen am Stück zu triumphieren. Der Vorsprung auf die Konkurrenz war laut der statistischen Aufzeichnungen damals deutlich, bei den Rennen zum Deutschland-Pokal, den nationalen Jugendmeisterschaften, waren es manchmal drei Minuten, andere Male nur zweieinhalb, es war deutlich, dass hier ein Ausnahmetalent unterwegs war. Ihre Technik war vorbildlich, ihr Ehrgeiz auch. Vor allem aber ihre Physis.

      »Die Magdalena«, sagt Bernhard Kröll und deutet in den Himmel über Kaltenbrunn, »hat von oben einfach was bekommen.« Kröll meinte das Organische, das Herz-Kreislauf-System, er sagt: »Die Lena hat einfach eine gute Pumpe. Die regeneriert viel schneller als andere. So einen Motor hat kaum eine.« Der Motor lief auf Hochtouren, auf der Straße nach oben war sie nicht mehr zu bremsen.

      Elterliches Veto gegen das Weltcup-Debüt

      Im Mai 2003 gab es die erste größere Ehrung, in Essen verlieh ihr ein großer Gaskonzern den mit 5000 Euro dotierten »Förderpreis Deutscher Jugendsport«, weil das den Talenten aber nicht in bar überreicht wird sondern in Sachwerten, ließ sie sich das mit einem Moutainbike und einem Straßenrennrad auszahlen. Im Sommer 2003, nach dem Realschul-Abschluss, kam sie dann auch in die Sportfördergruppe des Zolls, das erste Ziel war erreicht.

      Und beinahe wäre sie im Januar 2004 dann auch schon im Weltcup gelaufen. In Ruhpolding. Mit 16. Mit den ganz Großen. Wilhelm, Disl, Henkel, Glagow. Ein Platz war nämlich noch frei geworden, Katja Beer fiel damals krankheitsbedingt aus, und darum wollte Frauentrainer Uwe Müssiggang das junge Talent aus Wallgau nominieren.

      Müssiggang hatte die Dominanz der Magdalena Neuner im nationalen Juniorinnen-Bereich sehr wohl registriert, auch im Europacup hatte sie noch kurz zuvor gewonnen, im italienischen Brusson einen Doppelerfolg in Sprint und Verfolgung gefeiert, darum lag sie nahe, die Idee mit Ruhpolding. Acht Jahre später sagte Müssiggang im Rückblick: »Es war einfach ein Angebot von unserer Seite, sie einmal in den Weltcup hineinschmecken zu lassen.« Ein Angebot, das wohl viele in ihrer Situation angenommen hätten. Vermutlich würde es viele Eltern geben, die begeistert davon wären und stolz, ihr 16-Jähriges Kind schon im Kräftemessen mit den Weltbesten zu sehen. Und dann auch noch in Ruhpolding, der Hochburg des Biathlon, vor 20.000 im Stadion und Millionen am Fernsehbildschirm.

      Auch im »Garmisch-Partenkirchener Tagblatt« hatten sie im Lokalsport bereits den Start der »Biathletin vom Skiclub Wallgau« kurz vermeldet und für den Tag darauf einen großen Vorbericht zum Welt-cup-Debüt angekündigt. Der Bericht kam auch. Allerdings stand darin, dass Neuner nicht startet.

      Die Eltern Paul und Margit Neuner hatten das Angebot von Uwe Müssiggang nämlich abgelehnt. »Wir sind darauf bedacht, dass Magdalena behutsam aufgebaut wird«, sagte der Vater, »das war eine schöne Geste und gut gemeint, aber wir können das so nicht tragen.« Auch Helmut Heinrich, der Nachwuchsbeauftragte des Werdenfelser Skigaus, meinte, so etwas käme viel zu früh.

      Heinrich kennt die Magdalena, seit sie acht war, und er sagte: »Wenn man so mit ihr umgeht, dann ist sie in zehn Jahren verhunzt.« Ihm war längst klar, dass es kein größeres Talent im ganzen Land gebe, aber genau darum müsse man sich einfach noch Zeit lassen mit einem Einsatz. »In so einem Alter kann man das noch nicht verarbeiten«, meinte er, er wolle später schließlich nicht sagen, er habe nur ein Sternchen ausgebildet, vielmehr solle die Magdalena ein Stern werden. Kein Komet, der frühzeitig verglüht.

      »Sportlich hätte sie sicher mithalten können«, sagt Bernhard Kröll, »aber es war genau richtig, sich dagegen zu entscheiden.« Auch wenn es der Magdalena selbst natürlich schon schwer fiel, wie sie damals gestand. »Anfangs habe ich schon gedacht, es wäre cool, Weltcup zu laufen, letztendlich hat aber die Vernunft gesiegt.« Stattdessen lief sie zeitgleich zu Ruhpolding eben im französischen Meribel, feierte da wieder zwei Siege, Verfolgung und Staffel, wurde Zweite im Sprint.

      In Frankreich durfte sie dann auch gleich bleiben, mit den Erfolgen im Europacup hatte sie sich für die Junioren-Weltmeisterschaft in Haute Morienne qualifiziert. Im Sprint gewann sie Gold, und das als jüngste der 57 Teilnehmerinnen, 40

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