Danke Lena. Patrick Reichelt

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Danke Lena - Patrick Reichelt

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im Fernsehen kamen vor allem über Uschi Disl viele Porträts, sie wurde als »lustiger Mensch« bezeichnet und es wurde erzählt, dass sie das Schießen in einem Steinbruch gelernt habe, kurz, es gab Berichte über Disl, wie es bei ihr früher war.

      Wie es künftig werden würde, das war den Menschen im Deutschen Skiverband klar und auch im Skigau Werdenfels. Biathlon, das stand fest, hatte eine große Zukunft. Und genau darum trat der Skigau-Vorstand an Anneliese Holzer heran. Mit der Bitte, eine Biathlon-Trainingsgruppe ins Leben zu rufen, mit den besten Talenten aus der gesamten Region, von der Isar bis kurz vor den Lech.

      Anneliese Holzer sagt, sie habe diese Idee auch sehr gut gefunden. »Ich hatte aber nur ein Problem«, meint sie, »ich habe mich nämlich gefragt, woher ich die Kinder nehmen soll. Und darum habe ich mir gedacht, jetzt klapperst du halt erst einmal die gesamte Verwandtschaft ab.« Und zur Verwandtschaft gehörte eben auch ein neunjähriges Mädchen aus Wallgau, dem Nachbarort. Die kleine Magdalena, die Tochter von Holzers Cousin Paul Neuner.

      Sportlich war die Magdalena ja schon immer. Mit vier Jahren stand sie das erste Mal auf Alpin-Skiern, sie war dabei beim SC Wallgau, und Eva Möslein, die später den ersten Magdalena-Neuner-Fanclub mitbegründen sollte, erinnert sich an ein Alpin-Rennen der jungen Lena. Die Familie schaute damals zu, auch Dora, die Oma war dabei, und die Großmutter meinte dann in Sorge um die Gesundheit ihrer Enkelin: »Lena, musst Du denn wirklich so schnell fahren? Magst nicht ein bissl langsamer machen?« Worauf die Magdalena meinte: »Aber Oma, das ist doch ein Rennen.« Und da wollte sie ja immer ganz vorne dabei sein.

      »Als hätte sie nie was anderes gemacht«

      Neben Alpin-Ski und Tennis begann sie dann auch mit dem Langlauf. Mama Margit war nämlich eine begeisterte Langläuferin, und weil Anneliese Holzer wusste, dass die Magdalena eben gerne in der Loipe unterwegs ist, hörte sie nach, ob sie nicht auch mal Biathlon ausprobieren wolle, Langlaufen nur mit ein paar Mal Schießen zwischendrin.

      Sie wollte, und wie. »Der Lena«, sagt Holzer, »hat es von Anfang an gut gefallen. Brutal gut.«

      Das meinte auch Magdalena Neuner später, als sie sich an die Anfänge zurückerinnerte und gestand, dass ihr die Sportart noch eher fremd war, sie die WM in Ruhpolding gar nicht verfolgt hatte. »Damals konnte ich mir unter Biathlon noch gar nicht richtig was vorstellen«, sagte sie. »Ich wusste, Langlaufen mit Schießen irgendwie, aber wie das jetzt funktionieren sollte, da hatte ich keine Ahnung.« Aber sie habe doch schnell Gefallen gefunden: »Und dann hab ich das Gewehr in die Hand bekommen und habe die ersten Klappscheiben umgeschossen und das war toll. Und es ist auch heute noch so, dass es toll ist, wenn sie umfallen.«

      So ging es dann los, im Sommer 1996. Zweimal die Woche gab es am Nachmittag ein Training, ein kleiner Rundkurs auf Rollskiern auf einer asphaltierten Strecke, aber natürlich ohne Waffen am Rücken. Die Gewehre waren am Schießstand, und es waren selbstverständlich auch keine Kleinkalibergewehre wie bei den Erwachsenen, sondern lediglich Luftdruckwaffen. Jede Patrone musste einzeln nachgeladen werden, beim Liegendschießen dienten Sandsäcke der Bundeswehr als Auflage für den Arm, und die Entfernung zum Ziel betrug auch nur zehn Meter und keine fünfzig. Sechs Kinder hatte Anneliese Holzer schließlich zusammen, die Magdalena, dann den Albert Neuner, mit dem sie ja auch verwandt ist, und noch vier andere aus der entfernten Familie, aus dem Bekanntenkreis.

      Man könnte annehmen, dass bei neunjährigen Kindern in einem Schnupperkurs noch nicht unbedingt zu erkennen ist, ob hier ein enormes Potenzial vorhanden sei. Anneliese Holzer aber sagt: »Das Talent und der Ehrgeiz waren bei der Magdalena unglaublich. Es war deutlich zu sehen, dass daraus was werden könnte. Die Art, wie die auf dem Ski gestanden und gelaufen ist, da hast du gemeint, die hat in ihrem Leben noch nie etwas anderes gemacht. Als ob ihr der Ski angewachsen wäre.«

      Es ging ja eher spielerisch zu am Anfang, es gab Erklärungen, wie die Technik im Laufen zu verbessern sei, beim Pensum aber gab es natürlich auch klare Ansagen. »Die Lena hat das alles umgesetzt, sie hat nie widersprochen«, sagt Holzer, »sie wollte das auch, sie wollte sich richtig schinden. Und wenn du ihr gesagt hast, dass sie jetzt bitte sechs Runden laufen soll, dann hat sie nie gemotzt und gefragt, ob es nicht auch fünf täten.« Eher lief sie stattdessen sieben Runden.

      Drei Jahre lang war Magdalena Neuner bei ihrer Cousine im Training, dann lernte sie Bernhard Kröll kennen. Bernhard Kröll war damals ein junger Bursch, 22, mit 25 wurde er schließlich hauptamtlicher Biathlon-Trainer im Skigau. Damals war es noch ehrenamtlich, er betreute die Schüler ab zwölf Jahren, für den Aufwand gab es 176 Mark Benzingeld pro Monat.

      1999 kam Magdalena dann also in Krölls Trainingsgruppe, Vetter Albert auch, in Albert sah Anneliese Holzer ein ebenso großes Talent wie in Magdalena, und als sie die beiden an Bernhard Kröll übergab, gab sie ihm mit auf den Weg: »Bernhard, wenn Du aus den beiden nix machst, dann können wir das vergessen. Wenn aus der Lena und dem Albert im Biathlon nix wird, dann kommt bei uns nie was raus.« Albert Neuner sagt heute, er selbst habe auch lange auf eine große Karriere gehofft, sah auch lange gut aus. Erfolge bei den Schüler- und Jugendrennen, in Bayern lief er die Konkurrenz in Grund und Boden, aber die Probleme beim Schießen wurde er nie richtig los.

      Er schaffte es bei der Zoll-Sportfördergruppe in den B-Kader, startete im Europacup, wurde da einmal Fünfter, zu mehr reichte es nicht, immer ein, zwei Schießfehler zu viel. »Irgendwann musste ich einsehen, dass es keinen Sinn mehr macht im Biathlon, darum habe ich es dann sein lassen.« Mit 20, als die Magdalena gerade dreifache Weltmeisterin wurde. Albert Neuner blieb nach dem Ausscheiden aus der Sportfördergruppe bei seinem Arbeitgeber, er wurde Zollsekretär im Mittleren Dienst für Kontrollen auf Baustellen, in Gaststätten, bei Reinigungskräften, kurz, er macht Jagd auf Schwarzarbeiter. Ohne Gewehr.

      Mit AC/DC nach Oberhof

      Bei Bernhard Kröll kämpften Albert und Magdalena Neuner anfangs noch miteinander und gegeneinander, »Die Lena«, sagt Albert, »ist immer bei uns Buben mitgelaufen, wir haben uns schon zusammenreißen müssen, dass wir mitkommen mit ihr. Und wenn wir keinen ganz guten Tag gehabt haben, dann hat sie uns auch geputzt.« Von einem Mädchen geschlagen zu werden, für Buben in der Pubertät eher eine Demütigung, doch an Ärger deswegen kann sich Albert Neuner nicht erinnern, eher an die lustigen Ausflüge zu den Wettkämpfen, die hin und wieder weit weg waren und manchmal auch sehr weit weg. »Wenn wir fünf, sechs Stunden nach Oberhof gefahren sind«, sagt der Cousin, »da hatten wir die höchste Gaudi.« Herumgeblödelt hätten sie viel und natürlich auch viel Walkman gehört, da dann doch andere Musik als daheim im Trachtenverein oder bei der Heimatkapelle. Eher was Härteres. AC/DC und so.

      Hart war es für Bernhard Kröll in seiner Trainerlaufbahn, viele Talente wegbrechen zu sehen. Kommt oft vor, wenn aus Kindern Jugendliche werden, wenn der spielerische Elan in der Pubertät einer dumpfen Lethargie weicht, wenn die Mädchen mehr mit den eigenen Hormonen kämpfen als mit den Konkurrentinnen im Biathlon, wenn es eh angesagter ist, abzuchillen statt auszupowern. Auch bei Magdalena hatte Kröll diese Sorge, glücklicherweise jedoch unberechtigt. »Diese Situation, dass ein junger Sportler sehr gut und vielversprechend ist und dann ein Knackpunkt kommt, das war bei der Lena zum Glück nicht.« Kontinuierlich sei sie ihren Weg gegangen, ohne Schwankung im so schwierigen frühen Teenager-Alter, wo die Athleten, wenn sie weitermachen wollen, danach wieder fast von vorne anfangen müssen oder es eben gleich bleiben lassen. Nein, Magdalena war anders, für Kröll war sie ein Traum.

      »Sie war sehr leicht zu trainieren«, sagt er, »sie hat alles gut umgesetzt. Sie war lernbegierig, sie hat durchaus auch die Anweisungen hinterfragt, weil sie wissen wollte, warum etwas wie gemacht wird, aber dagegen aufgemuckt hat sie nie.« Weil sie eben Träume hatte und klare Ziele, klare Vorstellungen. Schon mit 13 Jahren sagte sie zu Kröll, dass sie nach dem Realschulabschluss

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