Die wechselseitige Rezeption zwischen Ortskirche und Universalkirche. Группа авторов

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Die wechselseitige Rezeption zwischen Ortskirche und Universalkirche - Группа авторов Erfurter Theologische Schriften

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er zu Beginn des Konzils gewählt.92 Hervorgetan hat er sich als Konzilsvater vor allem in der Schlussphase bei der Diskussion über die Vorlage „Kirche in der Welt von heute“.

      Bischof Dr. Otto Spülbeck, Meißen, wurde in die liturgische Kommission gewählt93 und ergriff in dieser Funktion und bei der Diskussion um Gaudium et spes mehrfach das Wort in der Konzilsaula. Weitere Bischöfe waren Mitglieder von Subkommissionen.

      Selbstverständlich lassen sich trotz der schwierigen Quellenlage Beispiele für die Konzilsarbeit der „ostdeutschen“ Konzilsbegleiter anführen. Dass ihre Namen weniger in den Medien zu finden waren, mag auch daran gelegen haben, dass sie sich, wie die „ostdeutschen“ Bischöfe überhaupt, aus kirchenpolitischen Gründen mit öffentlichen Äußerungen zurückhielten.

      Obschon die periti privati bei der ersten Sitzungsperiode nicht in der Konzilsaula zugelassen waren, haben sie sich an den Zuarbeiten und theologischen Diskussionen engagiert beteiligt. Professor Dr. Otfried Müller wurde zum Sprecher der deutschsprachigen Theologen bei der 1. Sitzungsperiode gewählt. Dies hatte seinen Grund vor allem darin, dass der „Ostprofessor“ wegen seines gediegenen theologischen Wissens in Fachkreisen bekannt war und geschätzt wurde. Natürlich dürften sein einjähriger Studienaufenthalt an der Anima 1937/38 ebenso wie ein gewisser „Ostbonus“ eine Rolle gespielt haben. Wie sehr diese Wahl gerechtfertigt war, zeigt sich aber auch durch die Veröffentlichung des fünfbändigen Sammelwerkes „Vatikanum Secundum“94, das er in Zusammenarbeit mit Werner Becker und Josef Gülden herausgegeben hat. Besonders Band I, der schon 1963 erschien, fand höchste Anerkennung.95

      Professor Dr. Erich Kleineidam, Gründungsregens und Gründungsrektor des Erfurter Priesterseminars und Teilnehmer an der zweiten Sitzungsperiode, war, wie bereits dargelegt, an den Vorarbeiten und an der Erarbeitung des Dekretes über die Ausbildung der Priester beteiligt.

      Am 12.10.1964 wurde der Erfurter Neutestamentler, Prof. Heinz Schürmann, zum Konzilstheologen berufen.96 Später wurde er (1969), wie auch der Erfurter Moraltheologe Wilhelm Ernst, Mitglied in der durch das Konzil initiierten Theologenkommission. Dr. Werner Becker ist zu nennen, der von 1961 bis 1978 Konsultor im Sekretariat für die Einheit der Christen war. Nicht zuletzt verdient Josef Gülden Erwähnung, der Mitarbeiter von Gerhard Fittkau – Leiter der deutschen Abteilung des Konzilspresseamtes97 – wurde und der durch seine engagierte Berichterstattung über das Konzil in der DDR den Rezeptionsprozess förderte.

       4. Kirchenpolitische Implikationen

      Als Fallbeispiele für kirchenpolitisch hochbrisante theologische Aussagen, die für DDR-Teilnehmer einer Gratwanderung gleichkamen, seien folgende Themen exemplarisch genannt.

      Zu einem Entwurf, der die Verdammung des atheistischen Kommunismus intendierte und Vorschläge für die Seelsorge in jenen Ländern machte, die unter kommunistischer Herrschaft standen, hatte Erzbischof Bengsch bereits im Mai 1962 das Wort zu ergriffen.98 Ihm ging es vor allem darum, den Kommunismus als Erscheinungsform des Atheismus und Materialismus zu brandmarken und Begrifflichkeiten zu meiden, die den Kampf gegen die Kirche unter kommunistischer Herrschaft neu entfachen könnten. Dass es zu keiner verbalen Verurteilung des Kommunismus kam, ist sicher auch auf Bengsch und andere DDR-Bischöfe zurückzuführen. Die damaligen Weihbischöfe Aufderbeck, Schaffran und Theissing hatten beispielsweise für Kardinal Alfrink eine Intervention über den Dialektischen Materialismus vorbereitet99 und Weihbischof Aufderbeck war an der Entstehung des Textes zum Atheismusproblem beteiligt.100 Am 25. Oktober 1964 konnten die Erarbeiter der Intervention für Kardinal Alfrink erfreut konstatieren: „Kein Kapitel und keine neue Verurteilung des Kommunismus und des Dialektischen Materialismus“101.

      Erzbischof Bengsch gehörte zu den 75 Konzilsvätern, die bei der Schlussabstimmung am 7. Dezember 1965 gegen die Pastoralkonstitution Gaudium et spes stimmten. Seine Ablehnung hatte er in einem Brief an Papst Paul VI vom 22. November begründet.102 Ihm ging es darum, den Missbrauch des Textes durch totalitäre Regime zu verhindern.103 Ein halbes Jahr nach dieser Entscheidung schrieb Bengsch Kardinal Döpfner einen Brief, erinnerte an diese Vorgänge und zeigte erste Konsequenzen für eine „neue“ vatikanische Ostpolitik auf: „Du erinnerst Dich, daß bereits im Verlauf der 4. Konzilssession mich die kirchenpolitischen Konsequenzen der im Schema 13 fixierten theologischen Akzentsetzungen bedrängten. Mir schien bereits damals die Bejahung der Welt, der Kultur, der Technik zu ungesichert. Wahrscheinlich hast Du noch die Durchschriften meiner Interventionen in der Frage der Weltfriedensorganisationen und meines Memorandums über die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen bei Verhandlungen mit den Ostblockländern. Alle meine damaligen Bemühungen haben aber nichts genützt. Der Papst hat mir in der Audienz gesagt, daß er meine besondere Lage wohl verstehe, sie aber nicht zum Maß für gesamtkirchliche Entscheidungen und Unternehmungen machen könne. Es ist mir aber klar, dass die theologische Akzentsetzung im Schema 13 das volle Placet des Papstes hat und von dieser theologischen Konzeption aus der Weg der Weltsendung, der Regierungskontakte, des Dialoges zielstrebig gegangen wird. Die möglichen Dauerkontakte des Vatikans mit allen Ostblockländern, ausgenommen die DDR, dürften natürlich für uns schwerwiegende Folgen haben. Da der hiesige Staatssekretär für Kirchenfragen unter allen Umständen Informationen über bereits laufende Verhandlungen besitzt, muß er die Konsequenz ziehen, dass die politische Abstinenz der mitteldeutschen Bischöfe ernstlich nicht mehr vom Vatikan gedeckt wird. Während bisher manche Forderungen nach politischem Engagement der Kirche gestoppt wurden, weil man hinter der abstinenten Haltung der Bischöfe eine wenigstens indirekte Weisung des Vatikans vermutete, kann man in Zukunft unter Berufung auf das Konzil und den Papst die Bischöfe unter Druck setzen.“104 Die weitere Entwicklung der vatikanischen Ostpolitik gegenüber der DDR bis 1978 folgte durchaus der von Bengsch skizzierten Linie.

      Auf die zahlreichen Begegnungen der Teilnehmer aus der DDR mit anderen Konzilsteilnehmern wurde bereits hingewiesen. Gemeinsame Konferenzen der ost- und westdeutschen Bischöfe sowie Sitzungen der ostdeutschen BOK in Rom fanden regelmäßig statt.105 Wie argwöhnisch die DDR diese Begegnungen betrachtete, wurde nach der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Brief wechsels der Bischöfe von 1965 deutlich. Am 18. November hatten die polnischen Bischöfe einen Brief an ihre deutschen Mitbrüder verfasst.106 Am 5. Dezember hatten die deutschen Bischöfe mit einem Brief, den auch alle ostdeutschen Bischöfe unterzeichneten, geantwortet.107 Sie baten, so zusammenfassend der Inhalt, um Vergebung und gewährten Vergebung.108 Auf polnischer Seite war offensichtlich der Erzbischof von Breslau, Kominek, federführend beteiligt, auf deutscher Seite dürfte Weihbischof Schaffran, der im Mai 1965 Breslau, Oppeln und Tschenstochau besucht hatte und in Rom vermittelte, eine wichtige Rolle gespielt haben.109 Nach Bekanntwerden in der DDR und Abdruck des Briefwechsels im Ostberliner St. Hedwigblattes kam es zum Eklat. Zum einen sah die DDR-Führung eine ernstliche Loyalitätsverletzung sowie ein totales Einschwenken auf die politische Linie der westdeutschen „Militärkirche“110. Zum anderen sah man einen Eingriff in die nur der Regierung der DDR zustehenden Außenpolitik.111 Das St. Hedwigsblatt wurde zwar nicht beschlagnahmt, musste aber in der Ausgabe vom 19. Dezember 1965 einen Auflage-Text abdrucken.112 „Die katholischen Bischöfe der DDR haben den Briefwechsel mit den polnischen Bischöfen angeregt und sich bisher in keiner Weise von ihm distanziert. Im Gegenteil, Bischof Spülbeck hat sich als Initiator dieses Briefwechsels gerühmt und seine Konzeption nach Kräften verteidigt“113, resümierte man im Staatsekretariat für Kirchenfragen. Dass die DDR-Bischöfe den Briefwechsel angeregt hatten, war bekanntgeworden, vom eigentlichen Initiator, Weihbischof Schaffran, wusste man nichts.

       5. Rezeptionsprozesse

      Der Begriff der theologischen Rezeption setzt zunächst voraus, dass Informationen und Inhalte transportiert werden, die rezipiert werden sollen. In diesem Sinn setzte der Rezeptionsprozess hinsichtlich des Zweiten

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