Beten bei Edith Stein als Gestalt kirchlicher Existenz. Christoph Heizler
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15 Zitiert nach Lenzen, V.: Sprache und Schweigen nach Auschwitz. in: Lesch,W. (Hg.): Theologie und ästhetische Erfahrung. Beiträge zur Begegnung von Theologie und Kunst, Darmstadt 1994, S. 183–200, hier S. 196.
16 Casper, B.: Verhaltenheit – Zum Stil des Denkens Bernhard Weltes, in: Wenzler, L. (Hg.): Mut zum Denken, Mut zum Glauben. Bernhard Weltes Bedeutung für eine künftige Theologie, Freiburg im Breisgau 1994, S. 148–162, hier 162.
17 ESGA 18, S. 156.
18 Ebd. S. 157.
19 Edith Stein Gesamtausgabe Bd. 3. Edith Stein. Selbstbildnis in Briefen. Zweiter Teil: 1933–1942. Einleitung von H. B. Gerl-Falkovitz, Bearbeitung und Anmerkungen von M. A. Neyer, 2. Auflage durchgesehen und bearbeitet von H. B. Gerl-Falkovitz, Freiburg 2002, S. 575.
20 Hirschmann, J.: Schwester Teresia Benedicta vom Kreuz, in: Herbstrith, W. (Hg.): Edith Stein. Ein Lebensbild in Zeugnissen und Selbstzeugnissen, Würzburg 2001, S. 131–136, hier S. 135–136.
21 Es handelt sich um eine oberschwäbische, um 1440 entstandene und aus Lindenholz geschnitzte Pieta. Siehe dazu Neyer/Müller, Edith Stein, S. 184.
22 Spaemann, H.: Orientierung am Kinde, Düsseldorf 1967, S. 29.
2 Aktueller Forschungsstand
2.1 Positionen zum Thema Gebet in der Systematischen Theologie
2.1.1 Der aktuelle Stand der Diskussion in geschichtlicher Verortung
In seiner Dissertation23 „Theologie des Gebetes – Forschungsbericht und systematisch-theologischer Ausblick“ stellte Ulrich Wüst-Lückel im Jahre 2007 fest, dass Monographien in systematisch-theologischer, problemgeschichtlicher oder religionsphilosophischer Perspektive zum Thema Gebet im Fachbereich der Systematischen Theologie „spärlich“ seien24. Dieses Defizit nimmt der Autor wahr im Vergleich mit den zahlreichen Büchern, die Gebetstexte, -anweisungen, -ermutigungen oder esoterische Literatur anbieten, die sich großer Nachfrage erfreuen.
Dieser Entwicklung gingen dem Autor zufolge Akzentverschiebungen in den vergangenen Jahrzehnten voraus. Nach einer in den sechziger Jahren des 20. Jhd. anhebenden grundlegenden Diskussion mit Fokus auf der Frage nach dem Sinn des Gebets insgesamt, habe in den Siebzigerjahren und der darauf folgenden Dekade das Thema Gebet in der Systematischen Theologie zwar zunehmend Erwähnung gefunden. Das lasse sich an der steigenden Anzahl von Veröffentlichungen, Aufsätzen und anderen Publikationsformen erkennen.25 Als Zusammenfassung hält er jedoch fest: „Es wurde deutlich, dass in der theologischen Diskussion des letzten Drittels des 20. Jahrhunderts die Fragen nach dem Was und dem Warum des Gebets diejenigen nach dem Wie zu ergänzen begonnen haben. Es fand eine Akzentverschiebung statt, die die Bedeutung des Gebetes in der systematisch-theologischen Diskussion neu zu beurteilen begann. Ein Blick in die Dogmatiken und Handbücher der letzten Jahre zeigt jedoch, dass das Gebet im Bereich der Gesamtdarstellungen nach wie vor stiefmütterlich behandelt wird. Oftmals wird es, wenn es dennoch zur Sprache kommt, nicht als ein Kernthema eingebettet, sondern höchstens anhand einer Einzelfrage diskutiert.“26 Diesem Befund ist der Tendenz nach, allerdings abgeschwächt, auch weiterhin zuzustimmen, wenn auch in jüngerer Zeit wiederholt Monographien und Sammelbände zum Thema erschienen sind, die mehr als nur Einzelaspekte des betenden Geschehens ins Zentrum rücken. So legt Michael Schneider SJ eine theologische Begründung des christlichen Gebets vor, das nach dessen Spezifika fragt.27 Diese Spezifika werden vor dem Hintergrund der neuzeitlichen Gebetskritik und der dogmatischen Perspektive der Teilhabe am Leben des dreifaltigen Gottes entfaltet. Michael Rosenberger erhellt aus moraltheologischer Perspektive das Gebet als Geschehen, bei dem der Mensch sich im Geheimnis geborgen erfährt.28 Der Linzer Moraltheologe sucht nach interreligiösen Perspektiven der Begründung und Vermittlung des Betens, die er mit frömmigkeitsgeschichtlichen und biblischen Zugängen zum Thema verbindet. Ein Sammelband von Ingolf U. Dalferth und Simon Peng-Keller sucht nach neuen Zugängen zu einer Hermeneutik des Gebets.29 In dieser Publikation finden die Dimensionen Sinnlichkeit, Leiblichkeit und das Spannungsfeld von persönlichem und gemeinschaftlichem Wesen des Gebets in religionsphilosophischer und dogmatischer Perspektive Beachtung. Akzentsetzungen aus reformierter und freikirchlicher Tradition werden ebenso aufgegriffen wie ostkirchliche Sichtweisen auf das Gebet. Ein Zitat von Viktor Frankel aufgreifend, erhellt der Sammelband der Trierer Autoren Johannes Brantl, Hans Georg Gradel, Mirijam Schaeidt und Werner Schüßler das Gebet als „die Intimität der Transzendenz“.30 Moraltheologische, exegetische, philosophische und spirituelle Zugänge finden darin Beachtung. Dem Thema Bittgebet wendet sich ein von Magnus Striet herausgegebener Sammelband zu und lässt darin kontroverse Positionen zu Wort kommen.31
Ebenfalls jüngeren Erscheinungsdatums ist der im Jahr 2016 von Matthias Arnold und Philipp Thull herausgegebene Sammelband „Theologie und Spiritualität des Betens: Handbuch Gebet“.32 Dort sind unter den Überschriften „Das Gebet in der Heiligen Schrift“, „Das Gebet in der Theologie“ sowie „Formen des Gebets“, „Das Gebet in der Praxis“, „Das Gebet in der christlichen Ökumene“ und „Multidimensionale Zugänge zum Gebet“ insgesamt 35 Beiträge namhafter Autoren aus der akademischen und monastischen Welt vertreten. Eine detailliertere Sichtung dieser Veröffentlichung kann im Rahmen dieser Studie nicht geleistet werden. Es sei aber darauf hingewiesen, dass die Breite der wissenschaftlichen Zugänge zum Gebetsgeschehen insgesamt ein zunehmendes Interesse der akademischen Theologie und ihrer verschiedenen Disziplinen am Thema erkennen lässt.
Einen Literaturüberblick über einige jüngste Veröffentlichungen zum Thema Gebet aus dem Bereich der Systematischen Theologie oder zumindest mit betontem Einbezug dieser theologischen Disziplin findet sich Anfang 2017 in einem Beitrag von Hilda Steinhauer. Sie fragt „Was ist Beten?“33 und sichtet dazu neben den oben schon thematisierten Arbeiten von M. Scheider und J. Brantl die Veröffentlichungen von A. Hunziker und S. Keller34, H. Schalk35, M. Schlosser36 und T. Keller.37 Neben den genannten Beiträgen finden auch jene von M. Egli38 und W. Eisele39 Erwähnung. Steinhauer kommt – ähnlich wie bereits Wüst-Lückl eine Dekade zuvor – zu der Auffassung, dass „auf Seiten der wissenschaftlichen Theologie eine meist nur implizite Wahrnehmung des Gebets als eines zentralen und spezifischen Ortes der theologischen Erkenntnis“ zu verzeichnen sei.40 Steinhauer zufolge weisen die von ihr gesichteten Publikationen vier gemeinsame Merkmale auf: „Gemeinsame, explizit angesprochene oder implizit vorausgesetzte Kernpunkte sind die biblische Fundierung des Betens, die Orientierung am Beten Jesu, die trinitarische Verankerung und die Betonung der Geschenkhaftigkeit.“41 Steinhauer bemerkt, dass dem Bittgebet eher weniger Beachtung geschenkt werde.42 Ans Ende ihres Überblicks über die aktuelle Literatur zum Thema stellt die Autorin ein Desiderat: „Das Gebet als eine Dimension der gesamten Wirklichkeit auszufalten, wäre aus systematischer Perspektive eine lohnende Aufgabe.“43
Vor dem skizzierten Hintergrund der angeführten aktuellen Publikationen zum Gebet konzentriert sich meine Darstellung auf zwei für unsere Fragestellung besonders bedeutsame religionsphilosophische Positionen des 20. Jahrhunderts und deren Anliegen. Diese sind die Beiträge von Berhard Welte und Bernhard Casper. Nach Sichtung dieser Zugänge, die einer deskriptiven Entfaltung des betenden Ereignisses Raum geben, und dem Schweigen und dem Gebet der Stille in systematischer Perspektive Beachtung schenken, kann das eigene Interesse anschließend dargelegt und eigene methodische Schritte begründet werden. Es mag sich erweisen, dass die beiden Zugänge zum Gebet einen hermeneutischen und methodischen Horizont ausspannen, in dem das Beten der Edith Stein angemessen gesichtet und verstanden werden kann.
2.1.2 Zugänge zum betenden Geschehen bei Bernhard Welte und Bernhard Casper
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