Tatort Oberbayern. Jürgen Ahrens

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Tatort Oberbayern - Jürgen Ahrens

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Adelhofer, entschuldigen Sie, dass ich es an diesem schwierigen Tag anspreche. Es gab immerhin in Lukas’ und Ihrem Leben ein einschneidendes Ereignis, das sein weiteres Leben beeinflusst haben könnte.«

      Robert raufte sich die Haare und wirkte etwas verunsichert.

      »Natürlich, Frau Langenfels. Mein Bergwinter, und was danach kam, war logischerweise für unser beider Leben von entscheidender Bedeutung. Aber es ist gut ausgegangen. Ich hätte Depressionen kriegen müssen hinterher, nicht er. Ich kam traumatisiert zurück, Lukas war der wunderbare große Bruder, der mich berühmt gemacht hat. Nein, glauben Sie mir, das sind die Gene«, flüsterte er verschwörerisch.

      »Nur eine letzte Frage noch: Sie haben – dem Anschein nach – Ihre Zeit in den Bergen gut überstanden. Würden Sie sagen, es geht Ihnen heute richtig gut?«

      »Keine Sorge, Frau Langenfels. Sie sehen einen voll im Saft stehenden bayerischen Buben vor sich. Mit allem, was dazugehört – und ohne psychische Probleme, falls Sie das meinen.«

      »Und Ihr Bergtrauma haben Sie in den Griff bekommen? Eine Ihrer ersten ›Krise‹-Sendungen hatte das Thema: ›Traumata bewältigen – Rückkehr an den Ort des Schmerzes‹. Damals sagten Sie, so weit seien Sie noch nicht, die Berge seien ein großes Tabu für Sie. Aber das ist ja schon vier Jahre her.«

      Robert Adelhofer grinste verlegen.

      »Ertappt. Nein, die Berge werden wohl für den Rest meines Lebens nicht mehr zur Liste meiner Aufenthaltsorte gehören.«

      Katharina lächelte ihn an. »Danke, Herr Adelhofer, für dieses offene Gespräch. Es war interessant für mich. Besonders froh bin ich, dass wir die Geschichte mit dem Trauma klären konnten. Ich habe tatsächlich falsche Informationen zugespielt bekommen.«

      Adelhofer schaute überrascht. »Ich verstehe nicht?«

      Katharina legte nach: »Ach, es gibt einige Leute, die behaupten, Sie nach Ihrem Bergwinter in den Bergen gesehen zu haben. Angeblich gibt es Fotos. Aber das können Sie dann ja nicht gewesen sein. Gut, ich werde mal gehen. Wenn ich noch Fragen habe, darf ich Sie sicher anrufen.«

      Katharina stand auf und war schon an der Tür vom Jesusstüberl, als Adelhofer nachhakte:

      »Frau Langenfels, entschuldigen Sie meine Neugier, wer behauptet das? Ich muss auf der Hut sein, bei übler Nachrede schalte ich sofort meinen Anwalt ein.«

      Katharina drehte sich um, lächelte Adelhofer an und sagte freundlich: »Das verstehe ich gut, verstehen Sie bitte auch mich. Hier gilt der Informantenschutz, ich darf keine Namen herausgeben. Noch mal mein herzliches Beileid, für Sie und Ihre Eltern.«

      »Aha, das ist er wirklich auf den Fotos?«

      »Ich würde sagen, ja. Wir hatten es vermutet, die Fotos sind zwar unscharf, trotzdem ist eigentlich klar, dass es sich um Robert handelt. Außerdem hat sein Gesicht Bände gesprochen.«

      Oliver saß im Biergarten auf der Fraueninsel, ganz der Anwalt im Wochenende: dunkelblaue Bermudashorts, rosa Polohemd und teure Männer-Flipflops. Auf seinem Kopf trug er die Baseballkappe eines namhaften italienischen Sport-Labels. Er hatte Messer und Gabel sinken lassen, während Katharina von ihrem Gespräch mit Adelhofer erzählte. »Wo hat Birgit diese Fotos noch mal entdeckt?«, hakte er nach.

      »Das war in diesem Fall nicht schwierig. Auf Fanclubseiten auf Facebook und Instagram gibt es jede Menge Fotos von Begegnungen mit Robert. Auf einigen sieht man ihn undeutlich in einer Menge von Autogrammjägerinnen an der Kampenwand unterhalb vom Gipfel. Sie halten alle ihre Smartphones hoch, drum ist er nicht gut erkennbar.«

      Katharina schaute versonnen auf Olivers Teller.

      Mit dem Schweinsbraten und den Knödeln war er inzwischen fertig. Die Kellnerin brachte gerade einen großen Becher Spaghettieis. Vorne am Wasser saß Svenja auf dem Steg und hatte offenbar eine interessante, circa achtjährige Männerbekanntschaft gemacht. Eigentlich hätte Katharina ihrer Tochter gern kurz Hallo gesagt. Als könnte Oliver Gedanken lesen, riet er:

      »Lass es sein, Svenja hat gerade sowieso keine Augen für dich.«

      Tatsächlich war ihre Tochter so vertieft ins Gespräch mit dem rothaarigen Wuschelkopf, dass Mütter nur stören würden.

      »Bei diesem ausgefallenen Männergeschmack muss sie sich später wenigstens nicht mit anderen Mädels um den Gleichen kloppen«, seufzte Katharina.

      Nachdem sie beschlossen hatte, Olivers Beispiel zu folgen und heute Kalorien Kalorien sein zu lassen, bestellte sie ebenfalls den Schweinsbraten mit Knödeln, Rotkraut und »viel Kruste«.

      »Hat Birgit sich bei dir gemeldet?«, fragte sie Oliver, der mit weiten Teilen seines Gesichts im Eisbecher verschwunden war, um noch den letzten Rest rauszuschlecken.

      »Nein, du müffteft doch beffer wiffn, wo fie fteckt«, ertönte es undeutlich aus der Glasschale.

      Weiter kamen sie nicht, denn Svenja hatte offenbar bereits genug von ihrem rothaarigen Flirt. Sie kam ohne Schuhe und mit nassen Füßen an den Tisch und forderte in klarem Befehlston: »Ich will auch Schweinsbraten und Spaghettieis.«

      »Hallo, Svenja«, blieb Katharina freundlich und drückte ihrer Tochter einen Kuss auf den Wuschelkopf. »Warum hast du deinen Freund nicht mitgebracht?«

      »Der ist nicht mein Freund. Der ist saudoof. Und außerdem heißt er Konstantinus. Voll arschblöder Name.«

      Oliver und Katharina warfen sich einen Blick zu und wechselten das Thema. Svenja würde ohnehin nicht mehr erzählen über ihren Ärger.

      »Was haben Oliver und du Schönes gemacht, mein Schatz?«, fragte Katharina liebevoll, nachdem die Kinderportion Schweinsbraten bestellt war.

      »Wir haben im Klosterladen Marzipan gekauft und wir waren baden. Ich bin Olli davongeschwommen.« Svenja kicherte bei der Erinnerung daran.

      »Olli?«, fragte Katharina mit hochgezogenen Augenbrauen in Richtung Oliver. »Wenn ich dich Olli nennen will, sprichst du drei Tage nicht mehr mit mir, und Svenja darf das?«

      »Svenja ist eben was Besonderes«, grinste Oliver und streichelte seinem liebsten Pflegekind über die heute zu zwei Zöpfen gefassten braunen Wuschelhaare.

      »Logisch ist Svenja was Besonderes«, tönte es hinter Katharina. »Bei dieser Mama cool zu bleiben, da muss man was Besonderes sein, gell Svenja?«

      Svenja strahlte vor Stolz darüber, dass eine Erwachsene sie als cool bezeichnete, während sich Birgit Wachtelmaier auf den letzten freien Stuhl am Tisch setzte.

      »Oh, Schweinsbratentag. Bin dabei«, sagte sie mit einem Blick über den Tisch, auf dem Olivers leerer und Katharinas gut gefüllter Teller standen.

      »Passt die Eier-Diät nicht zum kleinen Schwarzen?«, fragte Katharina grinsend. »Wobei«, sie warf einen prüfenden Blick über Birgits Freizeitoutfit – knallrote Turnschuhe, gelbe Leggings, darüber schwarze Leinenshorts und dies kombiniert mit einem giftgrünen, tief dekolletierten T-Shirt, unter dem ein orangefarbener Spitzen-BH hervorlugte – »du siehst wieder normal aus.«

      Svenja hatte inzwischen den Nächsten an der Angel – am Nachbartisch saß

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