Sisi, Sex und Semmelknödel. Omar Khir Alanam

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Sisi, Sex und Semmelknödel - Omar Khir Alanam

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ich zu dem Film sage?«

      »Nein, das habe ich in deinem Gesicht gelesen. Außerdem hast du ständig den Mund offen gehabt beim Ansehen und deinen Senf dazugegeben. Worum es in dem Buch geht, will ich wissen. Im Detail.«

      »Also gut«, sage ich nach einigem Zögern. »Da dreht es sich um Themen wie … zum Beispiel das Sozialsystem.«

      »Mir schlafen gerade die Füße ein.«

      »Warum?«, frage ich. »Sitzt du schlecht?«

      »Vor Langeweile, Omar. Sozialsystem. Schnarch. Gähn.«

      »Okay«, sage ich rasch. »Gemeint ist mehr … Sozialbetrug. Auch.«

      »Schon besser. Aber ich gähne immer noch.«

      »Okay, okay. Es geht – auch – um Prost … Prosti … Prostitu … Prost, Prost, Prost … verdammtes Zungenbrecher-Deutsch.«

      »Prostitution?« Jetzt ist mein beinahe eingeschlafener Freund doch wieder hellwach.

      »Ja«, sage ich und blicke vorsichtig in Alenas Richtung. Sie ist zu unserem inzwischen erwachten Sohn gegangen und ziemlich beschäftigt. Drüben im Wohnzimmer. Oder sie ist höflich genug, so zu tun, als wäre sie ziemlich beschäftigt. »Darum geht es auch«, sage ich etwas leiser. Jetzt flüstere ich fast schon. »Aber nicht um meine eigenen Erfahrungen damit. Die habe ich nämlich nicht.«

      »Natürlich nicht!«, sagt mein Freund. »Was noch, Omar?«

      (Dazu nur kurz: Sie hätten, liebe Leserinnen und Leser, den Gesichtsausdruck meines Freundes sehen sollen, als er »Natürlich nicht!« gesagt hat. Als würde ich die Unwahrheit sagen! Dabei fällt mir ein kleines Gedicht ein, das ich zum Thema Wahrheit einmal verfasst habe. Es trägt auch genau diesen Titel:

      Wahrheit!!!

      »Wenn die Armut ein Mann wäre,

      hätte ich ihn getötet.« Ali bin Abi Talib

      »Die Wahrheit ist ein Fluch.

      Suchend nach ihr töten wir einander.«

      »Wenn die Wahrheit ein Mann wäre,

      hätte ich ihn getötet.«

      Die Wahrheit ist weiblich!

      »Was noch, Omar?«, fragt mein neugieriger Freund also.

      »Essen.«

      »Na, was denn sonst. Komm schon, Omar. Ich will einen echten Kracher hören. Einen Hammer.«

      »Bürokratie und Bestechung.«

      »Immerhin«, murrt mein Freund.

      »Woher kommt das Wort?«, frage ich.

      »Welches Wort? Immerhin?«

      »Nein. Bürokratie. Kommt das von Büro?« Das würde passen, überlege ich. Wenn ich an die vielen Büros denke, die ich schon gesehen habe, ohne sie sehen zu wollen. Amtsstuben nennt man sie hier auch. Mit Stuben verbinde ich eher etwas Gemütliches. Bauernstube zum Beispiel. Oder so eine wie auf einer der Hütten beim Skifahren auf dem Nassfeld. Auch wenn Alena sagt, dass das bloß Folklore ist und nichts echtes Altes, nichts Traditionelles und Gewachsenes, und ich einmal mehr keine Ahnung habe, was sie damit meint.

      »Bürokratie?« Mein Freund, der österreichische Journalist, weiß auch nicht so recht. Endlich einmal. Al-hamdu li-Llāh. Gott sei Dank. Nur die Vermutung spricht er aus, dass ich vielleicht gar nicht so weit daneben liege.

      Einen Kracher will er also hören. Einen Hammer. Zum Thema Hammer fällt mir auch sofort etwas aus dem Arabischen ein. Aber ich hebe es mir auf. Für später.

      Später werde ich übrigens auch auf Wikipedia nachlesen, was es mit der Bürokratie auf sich hat. Bürokratie, steht dort, ist die Herrschaft der Verwaltung. Irgendwann einmal, als Latein kurz davor war, sich von einer lebenden zur toten Sprache zu verabschieden, weil der Mensch ja immer schon dazu neigt, es zu übertreiben in seiner Gier nach immer weiter, immer schneller, immer höher, immer größer … irgendwann also, kurz vor dem Aussterben, hat der spätlateinische Wortstamm burra grober Wollstoff bedeutet.

      Eines Tages (da waren die alten Römer nur noch eine kollektive Erinnerung) hat man es auf die Schreibtische bezogen, die mit diesem Stoff burra bezogen wurden. Und wieder später ist nur noch der Schreibtisch übriggeblieben. Das heißt, der Arbeitsplatz an sich. Der Ort, wo Dinge verwaltet werden. Hin und her geschoben und verwaltet und beschriftet und versteckt und wieder verwaltet, bis keiner sich mehr auskennt. Und dann hat irgendjemand in Frankreich die grandiose Idee gehabt, die griechische Nachsilbe -cratie dranzuhängen. Fertig war der künstliche französische Wortsalat.

      Bureau-cratie.

      Schreibstubenherrschaft. So hat man Bürokratie auch einmal in einem alten Lexikon beschrieben. Und irgendein Forscher wollte sogar durchsetzen, dass Bürokratie ganz neutral verstanden wird. Als Verwaltungskultur. Er ist kläglich gescheitert. Denn mit Kultur im positiven Sinn hat das ja kaum etwas zu tun. Oder sind wir Österreicher da anderer Meinung?

      Wir Österreicher.

      Ja, das passt wunderbar für mein Buch, sage ich mir. Genau dazu habe ich auch so viel zu berichten. Nach den ersten fünf Jahren hier in meiner neuen Heimat. Aber bleiben wir noch kurz beim Besprechen der Themen.

      »Massage und Kabarett«, sage ich. »Dazu habe ich auch ein paar Geschichten.«

      »Hhmmhh«, macht mein Freund.

      »Genau. Und zum Beispiel auch von Sex. Und Haustieren.«

      »Ah! Sex mit Haustieren!«, ruft mein Freund. Es ist, als hätte ich mit der Faust auf einen feuerroten Alarmknopf in seinem Gehirn geschlagen. Wie ein Reflex, der sich ja auch nicht so einfach abstellen lässt, ist seine Sensationslust plötzlich geweckt.

      Alena hat dem Gespräch in der Küche unserer Wohnung in Graz bisher gar nicht oder nur am Rande zugehört. Bei Sex mit Haustieren ist jedoch Schluss mit Weghören. Sie kommt ziemlich eilig in den Raum, tritt an den Tisch. Dann sieht sie mich ein bisschen streng an. »Nein, Omar, darüber schreibst du nicht, oder?«

      »Ja, schon«, sage ich. »Ich schreibe über Sex. Ich schreibe über Haustiere. Aber nicht in Kombination.«

      Darüber weiß ich wirklich nichts. Auch nicht aus meiner alten Heimat. Oder wenigstens kaum etwas. Obwohl auch das eines der vielen Klischees ist, denen ich hier schon begegnet bin, wenn es um Araber geht. Stichwort: Witze mit Kamelen (Dromedaren) und so. Und anderes aus zweiter und dritter Hand. Aber worüber ich berichten kann, sind unglaubliche Dinge, die ich selbst hier erlebt habe. In Österreich. Oder in der näheren Umgebung, mit österreichischer Beteiligung. Auch in punkto Sex. Oder Haustiere. Wirklich unglaubliche Dinge. Für einen Araber jedenfalls.

      Als mein neugieriger Freund einigermaßen zufrieden gegangen ist, besprechen Alena und ich das noch recht grobe Konzept des Buches zum wiederholten Male. Es gibt unterschiedliche Zugänge. Wir sind ja auch Mann und Frau. Österreicherin und Araber.

      »Idha ma qata fiha qaddum yiqta fiha l munshar«, sage ich.

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