Perspektiven auf den Lernort Berufsfachschule (E-Book). Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Perspektiven auf den Lernort Berufsfachschule (E-Book) - Группа авторов страница 4

Perspektiven auf den Lernort Berufsfachschule (E-Book) - Группа авторов

Скачать книгу

knapp die Entstehung des Studiengangs innerhalb der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung an der PHZH und etwas ausführlicher die Lehrgänge der Berufsmaturität im schweizerischen Berufsbildungssystem vorgestellt. Danach folgt die Darstellung der beiden Fachdidaktikmodule. Der zweite Teil des Beitrags stellt die Ergebnisse einer qualitativen Erhebung zur fachdidaktischen Ausbildung vor. Auf der Basis von Interviews mit Studiengangabsolventinnen stellt Prusse fest, dass die Ausbildungseinheiten die Studierenden relativ gut auf ihre Unterrichtstätigkeit vorbereiteten. Und obwohl gewisse Aspekte bei der Ausbildung kritisch überdacht werden müssen, ist ein berufsmaturitätsspezifischer Studiengang sinnvoll.

      Das Konzept des allgemeinbildenden Unterrichts (ABU)

      Philipp Gonon zeigt in seinem Beitrag zur Entwicklung der Allgemeinbildung in der Grundbildung im gewerblich-industriellen Bereich auf, dass diese hauptsächlich dem übergeordneten Ziel der Beschäftigungsfähigkeit diente und weiterhin dient. Ergänzt wird diese Ausrichtung durch eine gewisse Gesellschaftsorientierung. Bis heute kann eine grosse Nähe zu Beruf und Betrieb, eine hohe inhaltliche Diffusität sowie eine starke Distanz zu einem klassisch humanistischen Bildungsbegriff konstatiert werden. Mit der Schaffung der Berufsmaturität wurde zudem eine Zweiteilung der Allgemeinbildung in der Berufsbildung geschaffen: Die erweiterte Allgemeinbildung orientiert sich nach Fächern und akademischen Qualifikationen, während die eingeschränkte Allgemeinbildung den Jugendlichen wenig Möglichkeiten für weitere Bildung eröffnet. Daher, so Gonon in seinem Fazit, drängt sich im Zeitalter der Digitalisierung und Globalisierung und den damit einhergehenden Ansprüchen an den Einzelnen eine Reform der Allgemeinbildung auf. Sie soll dabei den Ausgangspunkt für weitere Bildung schaffen.

      In seiner Kritik des allgemeinbildenden Unterrichts für die gewerblich-industriellen Berufe aus subjekttheoretischer Sicht stellt Claudio Caduff aufgrund des pädagogischen Konzepts des Rahmenlehrplans für den allgemeinbildenden Unterricht fest, dass nicht die Erschliessung gesellschaftlicher Prozesse und deren Reflexion im Zentrum stehen, sondern die Erziehung der Lernenden zu Funktionssubjekten für die Gesellschaft. Dieser Ausrichtung stellt der Autor ein allgemeines Konzept für die Allgemeinbildung in der beruflichen Bildung entgegen, das aus drei Bildungsbereichen besteht: Die jungen Menschen sollen erstens gestärkt werden durch die Förderung von Charakterstärken, der Sprachfähigkeit und der Selbsterkenntnis. Zweitens sollen sie lernen, eine exzentrische Position einzunehmen, zur Perspektivenübernahme befähigt werden und Empfindsamkeit für andere Menschen entwickeln. Und drittens gilt es, die Fähigkeit zur Erschliessung gesellschaftlicher Verhältnisse und Prozesse zu fördern. Für Caduff ist besonders für den dritten Bereich ein Unterricht, der Wissen und Verstehen der Lernenden ins Zentrum rückt, essenziell.

      Fachdidaktische Perspektiven auf den allgemeinbildenden Unterricht (ABU)

      In ihrem fulminanten Plädoyer für Literaturunterricht an Berufsfachschulen kritisiert Daniela Rossetti die Verkümmerung des Literaturunterrichts im allgemeinbildenden Unterricht angesichts von Sparmassnahmen, Lektionenkürzungen und überladenen Lehrplänen. Und besonders in der beruflichen Bildung wird er aus einer verkürzten ökonomischen Sicht angezweifelt. Die Beschäftigung mit Literatur im Unterricht wirft zwar keinen einfachen Mehrwert ab, sie ermöglicht es den Lernenden jedoch, sich mit moralischen Fragestellungen auseinanderzusetzen und aus Fehlern im Leben – im advokatorischen Sinne – zu lernen. Am Beispiel der Kurzgeschichte «Der Liebhaber der Mutter» von Thomas Hürlimann zeigt Rossetti auf, wie der Text mit Lernenden erschlossen und danach als Grundlage für die Auseinandersetzung mit moralischen Fragen genutzt werden kann. Es gilt, so die Autorin zum Schluss, das Kulturgut Literatur zu verteidigen – nicht zuletzt als Mittel gegen Kleingeister, Kosten-Nutzen-Adlaten und Zeit-Sklaven.

      Zwei weitere Beiträge sind der Förderung der Kreativkompetenz im berufsbildenden Unterricht gewidmet. Für Susanne Schrödter ist Kreativität gerade angesichts der wirtschaftlichen Krisen, in denen wir momentan stecken, eine der unabdingbaren überfachlichen Kompetenzen, die aus Krisen Chancen machen und sowohl im gesellschaftlichen wie auch im wirtschaftlichen Leben Innovationen anstossen. Kreativkompetenz lässt sich im Unterricht vor allem in der Auseinandersetzung mit bildender Kunst fördern; dabei entwickeln sich bei den Lernenden neue Denkräume. Die dergestalt aufgebaute Kreativkompetenz fördert zudem weitere fürs Leben wichtige Fähigkeiten. Als didaktisches Vorgehen im Unterricht verbindet Schrödter verschiedene Anwendungsbereiche in der Kunst mit spezifischen Umsetzungen im Unterricht, die für die Lernenden Denkräume wie Multiperspektivität, nichtlineares Denken, Imaginations- und Intuitionsfähigkeit sowie Offenheit für Komplexität eröffnen. Als wichtiger Nebeneffekt wird dabei auch die mündliche und schriftliche Sprachfähigkeit gefördert.

      Chiara Argentini betont die Bedeutung von Kreativität für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts; Kreativität befähigt Menschen, das gesellschaftliche Leben aktiv mitzugestalten und im Beruf erfolgreich zu sein. Die Wichtigkeit von Kreativkompetenzen zeigt sich unter anderem darin, dass die OECD in ihrer PISA-Erhebung 2021 die neue Testkategorie kreatives Denken einführen wird. Nach der Klärung des Begriffs kreatives Denken zeigt Argentini auf, dass die Analyse eines Gemäldes, das verschiedene Formen von Realität in sich vereint, mehrschichtige Prozesse des Erkennens und Interpretierens umfasst. Intensive Bildbetrachtungen im Unterricht sind ein mögliches Mittel zur Förderung des kreativen Denkens, allerdings reichen sie nicht aus. Hinzukommen muss die Auseinandersetzung mit der Frage, welche Bedeutung kreatives Denken im 21. Jahrhundert hat. Als Fazit stellt die Autorin fest, dass es letztlich darum geht, den Lernenden Werkzeuge zu vermitteln, mit deren Hilfe sie die Welt befragen und mithin in der Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur auch mehr über sich erfahren können.

      Saskia Sterel stellt zu Beginn ihres Artikels fest, dass laut jüngster PISA-Studie knapp ein Viertel der Schweizer Jugendlichen am Ende ihrer Volksschulbildung nicht über das Grundkompetenzniveau in der Domäne Lesen verfügen. Sie sind also nicht in der Lage, Kernaussagen eines einfachen Textes zu erfassen, und dadurch ist auch ihre aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in höchstem Masse eingeschränkt. Nach einer Auseinandersetzung mit Lesemythen – zum Beispiel nach der Primarschule werde Lesen nur noch angewendet, Lesen könne man nicht lernen oder Lesen sei ausschliesslich Aufgabe des Deutschunterrichts – zeigt die Autorin anhand eines didaktischen Mehrebenenmodells auf, wie systematische Leseförderung in den Berufsfachschulen realisiert werden kann. Dabei plädiert sie auch für einen sprachsensiblen Unterricht in allen Fächern – also auch in jenen, die berufskundliches Wissen und Können vermitteln.

      Zu Beginn seines Beitrags betont Manfred Pfiffner, dass die diagnostische Kompetenz von Lehrpersonen für die individuelle Förderung von Lernenden unabdingbar ist. Allerdings ist diese Kompetenz unter den Lehrpersonen – auch erfahrenen – in höchst unterschiedlichem Masse vorhanden. Diagnostische Kompetenz, führt Pfiffner weiter aus, darf dabei nicht mit absoluter Objektivität verwechselt werden. So sind es das Bewusstsein der Ungenauigkeit des eigenen Urteils und dessen ständige Reflexion, die den Kern dieser Kompetenz ausmachen. Kurz: Kontrollierte Subjektivität ist gefragt. In den darauf folgenden Ausführungen stellt der Autor ein webbasiertes Diagnosetool zur individuellen Leseförderung vor; es wurde durch die Professur Berufspädagogik der Pädagogischen Hochschule Zürich in Zusammenarbeit mit der Karl-Franzens-Universität Graz und der Friedrich-Schiller-Universität Jena entwickelt. Mithilfe dieses Instruments kann die Lehrperson systematische Beobachtungen erfassen, individuelle Lernverläufe dokumentieren, aufgrund der Beobachtungen und Dokumentationen die Lesefähigkeit der einzelnen Lernenden in verschiedenen Dimensionen erfassen und damit individuelle Leseförderungsprogramme entwickeln.

      Im Rahmen einer Studie zum politischen Wissen und Verstehen hat Claudio Caduff Lernenden am Ende ihrer Ausbildung auf der Sekundarstufe II unter anderem politische Fehlvorstellungen zur Beurteilung (stimmt vs. stimmt nicht) vorgelegt. Fehlvorstellungen sind individuelle plausible Erklärungen von Phänomenen, die wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen. Da sie sich im Alltagsleben bewährt haben, sind sie sehr stabil und Umlernen ist recht schwierig. Aufgrund der hohen Zustimmungsraten

Скачать книгу