Al Qanater. Hannes Führinger

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Al Qanater - Hannes Führinger

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ich zu dem Treffen aufbrach, schrieb ich Hannes, er solle mir Bescheid geben, sobald er angekommen war. Wenig später bekam ich eine SMS von ihm. »Wir sind in Kairo gelandet«, schrieb er.»Alles in Ordnung.«

      Das beruhigte mich nicht. Es war klar, dass bis zur Landung in Kairo alles glatt gehen würde. Die Schwierigkeiten begannen erst jetzt. Mit Waffen in einem Land zu reisen, das sich in einem derartigen Chaos wie Ägypten befand, konnte keine gute Idee sein. Doch ich verstand nicht viel von internationaler Politik und Staatsbürokratie. Ich schrieb ihm zurück. »Melde dich bitte noch einmal, wenn du durch den Zoll bist.«

      Die Stunden vergingen ohne weitere Nachricht von Hannes. Ich konnte ihn auch nicht erreichen. Ich rief ein Mitglied des Einsatzteams an. Die Männer warteten am Hafen von Suez auf ihn und meinten, dass sie ihn ebenfalls nicht erreichen könnten. Sie hatten ein paar dringende organisatorische Fragen, die ich nicht beantworten konnte. Ich hatte von diesen Dingen keine Ahnung.

      Ich schrieb Ralf, meinem Ex-Freund, eine SMS. Ich könne Hannes nicht erreichen. Da stimme etwas nicht. Er solle sich bitte darum kümmern. Keine Antwort. Ich rief einen Anwalt an, den ich kannte. »Was soll ich tun?«, fragte ich ihn.

      »Ich an deiner Stelle würde die österreichische Botschaft in Kairo anrufen«, sagte er. »Wenn etwas passiert ist, müssen die sich einschalten. Die haben am ehesten die Möglichkeiten dazu. Du kannst auch die deutsche Botschaft in Kairo anrufen. Wenn er mit einem Deutschen unterwegs ist, sind die ebenfalls zuständig.«

      Die Reaktion der österreichischen Botschaft war nicht gerade beruhigend. »Wenn Ihr Mann durch ein Land, das so instabil ist wie derzeit Ägypten, Waffen transportiert, darf er sich nicht wundern, wenn etwas schiefgeht.«

      Da hatte die Frau am Telefon bestimmt recht. Bloß half mir das jetzt nicht. Wo war er?

      5

      Eine seltsame Willenlosigkeit ergriff Besitz von Karl und mir. Sie nährte sich aus der Einsicht, dass gegen diese, von jeglichen rechtsstaatlichen Normen offenbar freie Ägypter nichts auszurichten war, aus dem Gefühl, dass wir in einer Falle saßen, in die uns jede Bewegung nur noch tiefer hinein führte und aus der dumpfen Hoffnung, dass die österreichische Botschaft doch noch auftauchen und dem Zauber ein Ende bereiten würde. Als wir in Polizeibegleitung aus dem Gebäude traten und einen Pickup Truck vor der Tür stehen sahen, stiegen wir einfach auf, ohne dass uns jemand dazu aufgefordert hatte. Dabei dämmerte mir allmählich, dass es dauern könnte, bis wir wieder nach Hause fliegen würden.

      Ich bat Karl abermals um sein Telefon. Der Polizist, der uns begleitete, warf mir misstrauische Blicke zu, als ich eine Nummer eingab. Während die dreckigen Straßen Kairos mit ihren Sandsteinbauten und den Luxushotels neben den Bruchbuden an uns vorüberzogen, lauschte ich dem Freizeichen. Ich freute mich darauf, Lisas Stimme zu hören, doch es war auch schwer. Ich hatte keine guten Nachrichten für sie. Ich hätte auf sie hören sollen, dachte ich. Sie war so vehement gegen diese Reise gewesen. Als hätte sie gewusst, dass so etwas passieren könnte.

      »Hallo?«

      Ihre Stimme klang erschöpft. Was sollte ich ihr sagen? Wie sollte ich es ihr sagen?

      »Wer ist da?«

      Ich versuchte, das Handy mit der Hand vom Straßenlärm abzuschirmen. »Ich bin es«, sagte ich.

      Jetzt klang auch die Wut der Verzweiflung in ihrer Stimme mit. »Du wolltest dich doch melden, sobald du kannst«, sagte sie.

      Ich hatte ein Gefühl, als würde mein Herz einen Moment lang stillstehen. Doch dann gewann mein Überlebensinstinkt wieder die Oberhand. »Hör jetzt bitte gut zu, denn ich habe nicht viel Zeit«, sagte ich. »Die ägyptische Polizei hat uns aufgehalten und ausgeraubt. Unsere gesamte Ausrüstung ist weg. Bitte ruf im Außenministerium an. Sag denen, dass wir einen Anwalt brauchen, und zwar schnell.«

      Der Polizist sah aus, als würde er gleich etwas unternehmen. Am Handy hörte ich Lisa weinen. »Ich habe keine Ahnung, was diese Leute mit uns vorhaben«, sagte ich. »Bitte beeil dich mit dem Anwalt. Er soll sich bei der österreichischen Botschaft in Kairo melden. Ich werde versuchen, die Botschaft laufend zu informieren. Ich rufe dich so bald wie möglich wieder an.«

      Ich steckte das Handy rasch ein. Der Polizist bedeutete mir, es ihm auszuhändigen. Ich schüttelte den Kopf. Er schien zu überlegen, dann lehnte er sich wieder zurück.

      Wir fuhren etwa eine Stunde lang durch Kairo, bis wir vor einem wuchtigen Tor in einer meterhohen Mauer mit Stacheldraht oben drauf hielten. Davor standen zwei Panzer zwischen einigen Leitschienen aus Beton.

      »Stecken die uns wirklich ins Gefängnis?«, fragte Karl.

      Ich antwortete nicht, doch ich ahnte, wo wir uns befanden. Das musste die Pforte zum Tora-Gefängnis sein, einer Art Gefängnisstadt innerhalb Kairos mit mehreren Gefängnissen für unterschiedliche Kategorien von Häftlingen.

      Das Tor öffnete sich und wir fuhren in den weitläufigen Hof des Komplexes. Dort mussten wir von der Ladefläche steigen. Ich ging automatisch auf die erste Tür zu, doch der Polizist packte mich am Arm. Er zeigte auf einen gepanzerten Mannschaftstransporter auf der anderen Seite des Hofs. Wir waren offenbar noch nicht am Ziel.

      Wortlos ging ich zu dem Wagen und stieg ein. Karl folgte mir. Der Polizist schloss von außen die Ladetüren und blieb zurück, als der Wagen losfuhr. Durch ein kleines vergittertes Fenster konnten wir hinaussehen. Wir passierten ein zweites Tor an der Rückseite des Innenhofes. Felder zogen an uns vorbei. Dazwischen lag Einöde, bestehend aus trockenem Gras, harter Erde, windschiefen Schuppen und Müll. Die Bilder verschwammen vor meinen Augen. Ich bemerkte, wie durstig ich war. Mein Mund war so trocken wie das Gras da draußen.

      Nach längerer Fahrt hielt der Transporter. Jemand riss die Ladetür auf. Die Sonne blendete mich, als wir aus dem Fahrzeug stiegen. Als sich meine Augen wieder an die Helligkeit gewöhnt hatten, sah ich mich um. Wir befanden uns in einem kleinen verfliesten Innenhof zwischen fensterlosen Steinhäuschen, in denen Beamte ein und aus gingen.

      Der Fahrer des Transporters war inzwischen ebenfalls ausgestiegen. Er musterte mich von Kopf bis Fuß. Dann klopfte er mir auf die Schulter und deutete auf das größte der Steinhäuser. »Ambra Azsah«, sagte er wie ein Busfahrer, der den Fahrgästen den Namen der Station nennt. Er ging zurück zum Auto und lehnte sich an die Tür. Ambra Azsah, so hieß offenbar dieser Teil des Tora-Gefängnisses.

      Wenig später standen wir in einem Büro, in dem ein Beamter einen zweiten Mann, offenbar einen Häftling, am Arm festhielt. »Hello, I speak english«, sagte der Häftling. »I am here to translate.«

      Ich sah den Mann genauer an. Er hatte tiefe Ringe unter den Augen. Grob zusammengenähte Lumpen verhüllten kaum seinen dürren Körper und er war im ganzen Raum zu riechen. Ich sah zu Karl. Wir konnten hier auf keinen Fall bleiben.

      Der Beamte gab dem abgemagerten Häftling einen Stoß, worauf der weiterredete, wie ein Automat mit einem Wackelkontakt. »You are not going to stay here long«, sagte er. »You have to go to the attorney.«

      Wir sollten zum Staatsanwalt? Wir kamen doch eben vom Staatsanwalt. Er hatte uns hierher geschickt. Ich kannte mich allerdings mit dem ägyptischen Justizapparat nicht genau genug aus, um zu wissen, welche Funktionen es vorsah. »Attorney« war auch ein dehnbarer Begriff, zumal, wenn ihn ein Mann verwendete, der Englisch nur radebrechte.

      Bevor ich eine Frage stellen konnte, schickte der Beamte den Häftling aus dem Büro und führte uns zurück zu dem Transporter, mit dem wir gekommen waren. Widerstandslos kletterten wir durch die Ladeklappe wieder

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