Al Qanater. Hannes Führinger

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Al Qanater - Hannes Führinger

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Also stellte ich meine Versuche ein und schwieg. Wir fuhren von Checkpoint zu Checkpoint, ohne dass jemand mit uns redete. Nach dem dritten Checkpoint fiel mir auf, dass wir die ganze Zeit in der näheren Umgebung des Flughafens blieben und dass keiner der ägyptischen Beamten bewaffnet war. Die Situation war absurd.

      Während wir herumfuhren, fing es zu dämmern an. Wir waren inzwischen auch längere Strecken kreuz und quer gefahren, befanden uns aber noch immer in unmittelbarer Nähe des Flughafens. Nun erreichten wir eine Polizeistation, die größer war als die Checkpoints. Das Haus hatte vier oder fünf Stockwerke. Es war heruntergekommen und teilweise sogar ausgebrannt, aber im Gegensatz zu den anderen eindeutig als Polizeistation zu erkennen. »Come«, sagte unser Aufpasser und sprang von der Ladefläche.

      Wir gelangten in ein Büro. Überall lagen Zettel und Mist am Boden, die Regale hingegen waren fast leer. Einige Polizisten lungerten herum. Keiner von ihnen schien etwas zu tun zu haben. Keiner von ihnen sprach mit uns. Dafür griff einer von hinten nach meinen Handgelenken. Er wollte mich offenbar fesseln. Ich riss meine Hände weg. Das war mir nun wirklich zu viel. Ich schrie ihn an. »Are you fucking crazy?«

      Der Mann sah mich erschrocken an und verließ kommentarlos das Büro.

      »Wo sind wir hier?«, fragte Karl. »Ist das ein auch nur im Ansatz funktionierender Staat?«

      Ich benützte noch einmal eines seiner Telefone. »Die haben uns die ganze Zeit im Kreis herumgefahren, nachdem sie uns gesagt haben, dass jetzt alles in Ordnung ist«, erklärte ich der Frau in der österreichischen Botschaft.

      »Das tut mir leid«, sagte sie. »Wir waren am Flughafen. Sie waren nicht da.«

      Ich bekam Lust, das Handy an die Wand zu schleudern. »Wissen Sie, warum wir nicht da waren? Weil die uns eben den ganzen Tag im Kreis herumgefahren haben«, sagte ich.

      Ich versuchte, mich zu beruhigen. »Hören Sie, wir sind jetzt in einer Polizeistation, die keine 300 Meter vom Flughafen entfernt ist«, sagte ich. »Das Gebäude ist halb ausgebrannt und vier bis fünf Stockwerke hoch. Ich kann den Flughafen vom Fenster aus sehen. Helfen Sie uns endlich, verdammt.«

      »Okay«, sagte sie. »Wir sind gleich da.« Sie legte auf.

      Ich wollte Karl das Handy zurückgeben, als mir Ralf einfiel. Ich wählte seine Nummer. Diesmal kam ich durch. »Hannes hier. Was zum Teufel ist hier los? Meine ganze Ausrüstung ist gestohlen, ich werde festgehalten und betrogen.«

      Ralf lachte ins Telefon. »Weißt du Hannes, es ist schon alles so, wie es gehört«, sagte er.

      »Was …?«

      Er legte auf.

      Hatte er mich absichtlich auflaufen lassen? Als kleine Rache, wofür auch immer? Was für ein Mistkerl. Ich konnte nichts dafür, dass Lisa mit ihm nicht mehr glücklich gewesen war.

      Die Polizisten, die mit uns im Raum waren, hatten mein Gespräch mit völliger Gleichgültigkeit beobachtet. Ich hatte den Eindruck, Karl und ich hätten einfach hinausspazieren können, und niemand hätte uns aufgehalten. Da schwang die Tür auf. Ein groß gewachsener Mann betrat den Raum und bellte auf Arabisch Befehle.

      Daraufhin drängten die Polizisten Karl und mich durch eine Tür an der Rückseite des Büros in eine Kammer. Sie stießen uns hinein und sperrten hinter uns ab. Hier stank es genauso wie in der »Toilette« im Flughafengebäude. Der Boden war mit Fäkalien verschmiert. Die stickige Kammer war vollkommen leer. Es war acht Uhr abends.

      Ich wollte etwas Aufmunterndes zu Karl sagen, aber mir fiel nichts ein. Wir harrten still aus. Ich musste mich beherrschen, um nicht mit der Faust auf die Tür einzuschlagen. »Sie kommen bestimmt«, sagte ich erschöpft.

      »Wer?«

      »Die von der Botschaft.«

      Karl murmelte etwas Unverständliches.

      Ich glaubte selbst nicht mehr daran.

      Irgendwann, als es draußen schon wieder hell geworden war, öffnete sich die Tür. Der groß gewachsene Mann trat ein. »There has been a delay«, sagte er. »We bring you to Port Suez now.«

      Er führte uns aus dem Gebäude und wieder zu einem Auto. Ich hatte nicht mehr genug Energie, um auf Details zu achten. Alles, was ich wollte, war heim. Der Auftrag war gelaufen, die Ausrüstung mit Sicherheit verloren.

      Nach zwei Stunden Fahrt erreichten wir ein unscheinbares Gebäude. Der groß gewachsene Polizist meinte, hier wäre ein Staatsanwalt, der unsere Papiere ausstellen würde.

      Der Staatsanwalt hieß Ahmed El Mouhandes und schien uns nicht viel mehr Bedeutung beizumessen als den Fliegen im Zimmer.

      »Wo sind unsere Papiere?«, sagte ich.

      Er antwortete halb englisch, halb deutsch. So lange die österreichische Botschaft nicht da sei, könne er nichts machen, sagte er.

      Also rief ich neuerlich bei der Botschaft an. »Wir sind mittlerweile bei einem Staatsanwalt, der angeblich Papiere für unsere Weiterreise ausstellen wird«, sagte ich. »Wo sind Sie?«

      Ein junger Mann war jetzt am Notfalltelefon. »Hannes Führinger?«

      »Genau. Wir waren die ganze Nacht in einer Zelle voller Scheiße. Wie lange muss ich noch auf Sie warten?«

      Er räusperte sich. »Herr Führinger, es ist so, wir hatten leider kein Auto zur Verfügung. Wir beeilen uns.«

      Ich wollte etwas sagen, ihn beschimpfen, ihm drohen. Stattdessen beschrieb ich ihm so detailliert wie möglich unseren aktuellen Aufenthaltsort und legte dann einfach auf. »Bitte ruf die deutsche Botschaft an«, sagte ich zu Karl. »Vielleicht tun die etwas.«

      Ich gab ihm das Telefon. Karl telefonierte einige Minuten und berichtete mir hinterher. Die Diplomaten in der deutschen Botschaft hatten sich schockiert gezeigt. Lisa hatte sich dort bereits am Vorabend gemeldet, nachdem sie nichts mehr von mir gehört hatte. Die Deutschen hatten daraufhin mit den Österreichern Kontakt aufgenommen. Die Österreicher hatten ihnen zugesichert, sich um alles zu kümmern.

      »Scheiße«, sagte ich zu Karl. »Die Österreicher sind völlig unfähig.«

      Der Staatsanwalt sah uns misstrauisch an. Wir warteten und warteten. Es wurde immer später. Niemand kam. Gegen 19 Uhr redete der Staatsanwalt wieder mit uns. »Wir können nicht mehr davon ausgehen, dass Sie die Unterstützung der österreichischen Botschaft haben«, sagte er in gebrochenem Deutsch.

      Karl und ich sahen ihn an. Er redete weiter. Er sagte noch einen kurzen Satz. »You are under arrest.«

      »Was redet der da?«, fragte Karl.

      Der Staatsanwalt holte Luft. »Sie verhaftet«, sagte er.

      Lisa

      Obwohl wir wegen seines Reisepasses noch einmal umkehren mussten, waren wir zu früh am Flughafen. Ich verabschiedete mich unter Tränen von ihm.

      »Auch wenn du mir nicht glaubst«, sagte er. »Diesmal ist es wirklich das letzte Mal.«

      Doch darum ging es nicht. Ich hatte Angst.

      Um mich abzulenken, rief ich auf der Rückfahrt einige Freundinnen an.

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