Mehrsprachigkeiten (E-Book). Dagmar Bach

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Mehrsprachigkeiten (E-Book) - Dagmar Bach Forum Hochschuldidaktik und Erwachsenenbildung

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Phasen der Identitätsbildung aufgrund der oben dargestellten sozialen Bedingungen tendenziell, dass junge Menschen souverän mit ihrer mehrsprachigen Identität umgehen. In der Adoleszenz – und auch später – vermeiden es Menschen besonders in formellen Settings, auf persönliche Hintergründe hinzuweisen, die nicht der Norm entsprechen. Sie gehen bewusst oder unbewusst davon aus, dass offener Umgang mit Mehrsprachigkeiten dem Selbstwert, ihrem Ansehen und der Karriere schaden kann (Honegger/Sieber 2013). Wenn sie lernen, dass Mehrsprachigkeiten in einem formellen Umfeld (Beruf, Schule) negativ konnotiert werden, verstecken sie sie. Dies gilt besonders für sozial markierte Sprachen wie jamaikanisches Patois oder für «uninteressante» Sprachen wie Tigrinya – wobei in beiden Fällen (heute noch) die Hautfarbe dem Aufgehen im Mainstream einen Riegel vorschiebt. Bilaterale Bildungssettings (vgl. Thomann/Honegger/Suter 2016) würden einen bewussten Umgang mit der Situation des «anders und gleichzeitig nicht anders sein Wollens» ermöglichen und auch generell Vielfalten in der Bildung berücksichtigen können.

      4 Aufbau des Bandes

      Teil A, Mehrsprachige Praxis und Übergänge

      Teil A bietet differenzierte Blicke auf die Sprachenvielfalten in der schulischen Praxis und an den Stufenübergängen, welche die hohe Komplexität, die hier berücksichtigt werden muss, offenbaren:

      Afra Sturm zeigt das Konzept der Enkulturation auf, in das sie die Arbeit mit Feedback integriert, die für Lernen immer zentral ist. Insbesondere stellt sie dar, wie inhaltliche und prozessuale Aspekte des Modellierens den Spracherwerb aller Lernenden gleichermassen unterstützen.

      Inwiefern erfassen Übertrittsprüfungen in die Sekundarstufe II tatsächlich diejenigen Kompetenzen, die bei mehrsprachigen Jugendlichen für Bildungs- und Berufserfolg relevant sind? Dies diskutieren Mathias Müller und Anja Winkler. Als Basis dienen ihnen ihre schweizweiten Untersuchungen zu Übertrittsprüfungen in die gymnasiale Sekundarstufe II.

      Kirsten Schindlers Beitrag verdeutlicht die sprachlichen Realitäten, die Lehramtsstudierende zu bewältigen haben. Sie verwendet dazu das Modell der Mehrstimmigkeiten, das unterschiedliche Sprachverwendung in diversen Rollen (Studierende, Praktika als Lehrperson) im Studium erfasst und reflektiert.

      Sandra Buchmann und Nadine Vetterli beleuchten in ihren praxisorientierten Essays mögliche Realitäten im Unterricht mit mehrsprachigen Lernenden an Berufsfachschulen. Sie zeigen auf, wie Berufslernende je nach Lebenskontext sprachlos werden, nicht am (Unterrichts-)Geschehen teilnehmen und nicht lernen können. Weiter weisen sie auf Ansätze hin, mit denen diese «kontextuelle» Sprachlosigkeit aufgelöst werden kann.

      Teil B, Sprachlernen aus der Perspektive der Lehrenden

      Dieser Teil bietet Werkzeuge für didaktisches Handeln, das beim Sprachenlernen unterstützt. Die Frage, wie und ob mehrere Sprachen in Individuen eine gegenseitige positive oder negative Transferwirkung erzeugen, lässt sich noch nicht beantworten: Der Forschungsstand zeigt zwar Korrelationen auf, jedoch lassen sich die konkreten Wirkungen einzelner didaktischer Massnahmen bis anhin evidenzbasiert nicht nachweisen (Lambelet u. a. 2020; Berthele/Lambelet 2018).

      Saskia Sterel und Manfred Pfiffner erläutern das Lese-Diagnose-Tool «Judit» für mehrsprachige Lernende der Sekundarstufe II. Sie informieren über die didaktische Basis und den Aufbau von «Judit» und formulieren Implikationen für dessen didaktische Langzeitwirkung.

      Das Scaffolding und inwiefern es beim Lernen auf Sekundarstufe II sowie auch mit Studierenden eingesetzt werden kann, präsentiert Alex Rickert. Er hat dafür den aktuellen Stand des Wissens anhand eines konkreten Beispiels von wissenschaftlichem Schreiben aufgearbeitet.

      Einen Prozess, der auch mehrsprachige Studierende bei ihren Abschlussarbeiten im Studium fördert, stellen Stefan Jörissen und Eva Buff Keller dar. Sie zeigen, wie diese komplexe Situation, in der Lernen, Beraten und Beurteilen zu kombinieren sind, produktiv gestaltet werden kann.

      Teil C, didaktische Anlagen innerhalb von Curricula

      Beatrice Müller fokussiert die Chancengerechtigkeit im Studium und stellt ein Tutoring-/Mentoring-Programm vor, in dem durch Einzelberatungen mehrsprachige Studierende und Lernende begleitet werden.

      Stefan Jörissen und Annette Verhein Jarren beleuchten, wie Studierende beim Schreiben im Studium fördernd begleitet werden können und dass dies ohne gezielte curriculare Einbindung nur in Ansätzen möglich ist.

      Nachwort

      Abschliessend werden offene Fragen zu Forschung und Didaktik dargelegt, die der vorliegende Band lediglich knapp angedacht hat oder weglässt. Ein Blick in eine Zukunft, die wohl schon Gegenwart ist.

      Gerahmt werden alle drei Teile durch Interviews. Sie sind anonymisiert und redigiert und lassen daran teilhaben, wie neun Personen unterschiedlichen Alters und diverser Berufe ihre Mehrsprachigkeiten erleben.

      Literatur

      Abraham, Ulf (2014). Geschichte des schulischen Schreibens. In: Feilke, Helmuth; Pohl, Thorsten (Hrsg.). Schriftlicher Sprachgebrauch – Texte verfassen (S. 3–30). Baltmannsweiler: Schneider-Verlag Hohengehren (Deutschunterricht in Theorie und Praxis Bd. 4).

      Avramovska, Nataša u. a. (2020). Deine Sprache – meine Sprache. Handbuch zu 19 Migrationssprachen und zu Deutsch. Für Lehrpersonen an mehrsprachigen Klassen und für den DaZ-Unterricht (erweiterte und aktualisierte Neuausgabe). Zürich: Lehrmittelverlag Zürich.

      Bachmann, Thomas; Feilke, Helmuth (Hrsg., 2014). Werkzeuge des Schreibens – Beiträge zu einer Didaktik der Textprozeduren. Stuttgart: Fillibach bei Klett.

      Barkowski, Hans; Harnisch, Ulrike; Kumm, Sigrid (1980). Handbuch für den Deutschunterricht mit ausländischen Arbeitern. Königsstein/Taunus: Scriptor.

      Beck, Bärbel; Klieme, Eckhardt (Hrsg., 2007). Sprachliche Kompetenzen: Konzepte und Messung. DESI-Studie (Deutsch Englisch Schülerleistungen International). Weinheim: Juventa.

      Berthele, Raphael; Lambelet, Amelia (2018). Heritage and school language literacy development in migrant children: interdependence or independence? Berlin: de Gruyter (Second language acquisition).

      Bräuer, Gerd; Schindler, Kirsten (Hrsg., 2011). Schreibarrangements für Schule, Hochschule, Beruf. Freiburg im Breisgau: Fillibach.

      Busch, Brigitta (2017). Mehrsprachigkeit (2. Auflage). Wien: Facultas.

      Coray, Renata; Duchêne, Alexandre (2017a). Sprache in der Berufsbildung. In: Dies. Mehrsprachigkeit und Arbeitswelt, Literaturübersicht. Bericht des Wissenschaftlichen Kompetenzzentrums für Mehrsprachigkeit (S. 37–39). Freiburg/Schweiz: Universität, Institut für Mehrsprachigkeit.

      Coray, Renata; Duchêne, Alexandre (2017b). Sprachökonomische Studien. In: Dies. Mehrsprachigkeit und Arbeitswelt, Literaturübersicht. Bericht des Wissenschaftlichen Kompetenzzentrums für Mehrsprachigkeit (S. 49–51). Freiburg/Schweiz: Universität, Institut für Mehrsprachigkeit.

      Cummins, Jim; (1979) Cognitive/Academic Language Proficiency, Linguistic Interdependence, the Optimum Age Question and Some Other Matters. Working Papers on Bilingualism, No. 19, Toronto: Ontario Institute for Studies in Education. Bilingual Education Projekt.

      Dreyfürst, Stephanie; Sennewald, Nadja (Hrsg., 2014). Schreiben. Grundlagentexte zur Theorie, Didaktik und Beratung.

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