Systemische Personal-, Organisations- und Kulturentwicklung. Bernd Schmid

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Systemische Personal-, Organisations- und Kulturentwicklung - Bernd Schmid

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Sicht der Organisation geht es darum, Funktionen so zu definieren und durch Personen zu besetzten, dass Kern- und Nebenprozesse optimal gestaltet werden können. Damit Personen einen optimalen Beitrag zu den Prozessen einer Organisation leisten können, müssen sie verstehen,

      • welches das Kerngeschäft der Organisation ist und welche Kernprozesse dieses leisten soll,

      • in welchen Prozessen sie selbst tätig sind, und wie diese Prozesse mit den Kernprozessen zusammenspielen,

      • welche Funktion sie in ihren eigenen Prozessen einnehmen und wie diese Funktion mit anderen Funktionen zusammenspielt.

      

5.5 Perspektive 2: Kunden, Aufgaben und Leistungen

      Die Fa. Adrett, ursprünglich eine bekannte Schneiderei, hatte sich nach den Verschiebungen auf dem Textilmarkt auf Änderungen spezialisiert, ihre Dienstleistungen um hochwertige Reinigung ergänzt und so einen anspruchsvolleren Kundenstamm gewinnen können. Kernprozesse sind dementsprechend das Umschneidern, Nähen und Bügeln von Textilien sowie einzelne Handreinigungen vor und nach maschineller Reinigung, die außer Haus von einer Schnellreinigung gemacht wird. Frau Flink ist klar, dass der Betrieb mit den Reinigungen und der Änderungsschneiderei Geld verdient. Sie ist eher in Nebenprozessen tätig. Ihre Kerntätigkeiten Putzen und Haushalt müssen sich anpassen und zurückstehen, wenn es einmal ungewöhnliche Belastungen in den Kernprozessen gibt.

      1.1.3 Anforderungen an Personen und ihre Kernkompetenzen

      Aus Sicht der Personen stellen sich Fragen nach den eigenen Kernkompetenzen und nach entsprechenden Kerntätigkeiten, nach Funktionen und Rollen, in denen sie optimal Wirkung erzeugen und gewürdigt werden können. Personen beziehen neben dem Einkommen auch Identität und Befriedigung aus der Ausübung ihrer Funktion. Damit Personen in ihren Aufgaben zu hoher Form auflaufen, ist es wichtig, dass ihre Aufgabe/ Funktion gut mit ihren inneren Bildern betreffend der eigenen Identität übereinstimmt und ihre Kernkompetenzen zum erforderlichen unternehmerischen Flair passen.

      Kandidaten für oder Inhaber von bestimmten Funktionen müssen deshalb wissen,

      • worin ihre Kernkompetenzen (Werte, Neigungen, Qualitäten) bestehen und

      • in welchen Rollen, Kontexten und Leistungsbedingungen diese zum Tragen kommen.

      Damit die Organisation Funktionen optimal besetzten kann, muss der unternehmerische Verantwortliche von den beteiligten Personen wissen, ob deren Werte, Identitätsvorstellungen, Qualitäten und Neigungen zur Verantwortung und zu den Kerntätigkeiten passen.

      Frau Flink hat die Funktion, sowohl im Betrieb wie im Haushalt die Betriebsfähigkeit immer wieder herstellen zu helfen. Wäre sie kräftemäßig eingeschränkt, hätte der Betrieb Vorrang. Sie hat alle einfachen Tätigkeiten im Haushalt gelernt und konnte sich besonders gut an wechselnde Erfordernisse und Aufträge anpassen. Durch ihre Verfügbarkeit und dadurch, dass ihr keine Arbeit zu viel und sie sich für keine Arbeit zu gut war, nährte sie ihr berufliches Selbstwertgefühl. Eigenorganisierte und -verantwortete Tätigkeit traute sie sich weniger zu. Ihre Kerntätigkeiten waren Putzen und Hilfstätigkeiten auf Anweisung der Chefin (Frau des Meisters).

      1.1.3.1 Kernkompetenzen

      Jeder Mensch ist einzigartig. Diese Eigenart impliziert Neigungen, welche in bestimmten Fähigkeiten zum Ausdruck kommen und nutzbar gemacht werden können. Die zunehmenden Anforderungen lassen es ratsam erscheinen, diese Eigenart sowohl als Ressource zu nutzen als auch als wenig zu beeinflussende Rahmenbedingung in Betracht ziehen zu lernen. Konstruktivisten gehen davon aus, dass jedes lebendige System – und damit jeder Mensch – ein in sich geschlossenes System ist, welches auf »Überleben, Entwicklung und Vermehrung der Eigenart« ausgerichtet ist. Der jeder Persönlichkeit inhärente Drive kann als schöpferische und unternehmerische Kraft verstanden und als Quelle hervorragender Kompetenzpotenziale betrachtet werden. Auch diese Potenziale gehören zu den Kernkompetenzen. Sie sind der Ausdruck eines bestimmten inneren Zugangs zur Wirklichkeit, der sich in bestimmten individuellen und tief verwurzelten Werten, Begabungen, »Berufungen«, Interessen und Verhaltensneigungen äußert. Dieser Drive ist in Entwicklung begriffen. Man kann ihn nicht ohne Nachteile unter Kontrolle bringen oder in beliebige Richtungen lenken, sondern sollte ihm respektvoll wie einem nur unvollkommen bekanntem Naturereignis begegnen. Diese gestaltende Kraft und Kompetenz wirkt in allem, was Menschen tun, entweder in stimmiger und konstruktiver, oder aber in verstrickter und destruktiver Form. Wichtig für Passungsüberlegungen ist es deshalb, die Kernkompetenzen der Beteiligten zu kennen und vor allem zu wissen, unter welchen Rahmenbedingungen sie zum Tragen kommen und unter welchen nicht. Wenn Mitarbeiter scheitern, geschieht dies oft nicht, weil sie zu wenig können, sondern weil sie sich in Situationen befinden, in denen sie ihre Kernkompetenzen nicht genügend nutzbar machen können.

      1.1.3.2 Identität und Motivation

      Jeder noch seelisch lebendige Mensch will in ein Bild von sich selbst hineinwachsen, in dem er sich gefällt und das bisher noch nicht gelebte Züge der eigenen Persönlichkeit zum Ausdruck bringt. Das Gefühl, dies in einer Umgebung, durch eine Tätigkeit oder in einer Beziehung zu können, wird als eine der mächtigsten Motivationen engagierter Bindung erzeugt. So betrachtet liegt in jeder Kontextwahl, in jeder Handlung und in jeder Beziehungsgestaltung eine Aussage, als wen man sich sieht, wie man sich sehen möchte bzw. befürchtet, gesehen zu werden. Für dieses Verlangen nach Eigenart und Geltung sucht man positive Bestätigung, die in der Wirkung der Handlung oder in den Reaktionen der Umwelt gesucht wird. Wird der Selbstentwurf nicht bestärkt, wird er verworfen oder missbilligt, wird eine Sehnsucht frustriert und ein gesuchter Selbstwert infrage gestellt. Hier kann man mit Motivations-, Beziehungs- und Bindungsproblemen rechnen.

      Bei der Betrachtung von Kernkompetenzen ist also auch zu berücksichtigen, ob diese (noch) zu einer bejahten Identität gehören. Vielleicht gehören sie zu einer beseelenden Identität, die erst am Horizont aufgeht. Nach Identität fragt man meist: Wer bin ich? Und meint damit eine Funktions- oder Tätigkeitsbezeichnung bzw. einen Rang. Noch wenig beachtet wird die in Zeiten fließenden Wechsels von Inhalten, Rollen und Funktionen bedeutsamere Identitätsfrage: Wie bin ich? Hier wird nach dem persönlichen und professionellen Stil gefragt, in dessen Wahrung und Entwicklung man sich sieht bzw. sehen möchte. Zum Beispiel möchte ein bislang mehr sachorientierter Einzelkämpfer ein stärker kommunikativer Mensch werden, in dessen Beziehungen die »weicheren Faktoren« wichtig und befriedigend sind. Eine Funktion, in der dieses kommunikative Selbstbild nicht gefragt ist, wird nicht wirklich mit Herzblut ausgefüllt. Auch hier muss also Passung hergestellt werden, wenn sich die ganze persönliche Kraft in der Funktion versammeln soll. Solche Faktoren werden irgendwie in der Personarbeit und in Führungsbeziehungen intuitiv berücksichtigt, doch wäre hier mehr bewusste Kompetenz auf allen Seiten hilfreich. Dies hilft, solche Dimensionen im Gespräch überhaupt zu berücksichtigen und bei krisenhaften Entwicklungen günstige Voraussetzungen für Klärungen zu schaffen.

      1.2 Herausforderungen im Passungsprozess

      Passung herzustellen ist keine einmalige Aufgabe, sondern ein kontinuierlicher Prozess, in welchem ein dynamisches und labiles System laufend ausbalanciert werden muss. Eine Funktion findet in einem konstanten Spannungsfeld zwischen den Vorstellungen (SOLL) der Organisation (resp. des unternehmerisch Verantwortlichen) und dem tatsächlichen Handeln (IST) des Funktionsträgers (und seiner Partner) statt. Darin, diesen Unterschied wahrzunehmen und die potenziellen Spannungen so fruchtbar zu halten, damit eine optimale Performance entstehen kann, liegt die eigentliche Kunst des Passungsprozesses.

      Im soweit entwickelten

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