Systemisches Coaching. Bernd Schmid

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Systemisches Coaching - Bernd Schmid

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als Rabattmarke auszuzahlen. Es besteht die Gefahr, dass dann die Schattenseite des freundlichen Entgegenkommens gelebt wird. Die Lösung für eine Polarisierung von Fremd- und Eigeninter-esse liegt in einer ausgeglichenen Kombination von Selbstbeachtung und Entgegenkommen. Wichtig ist daher, diese Menschen dazu einzuladen, auf sich und auf andere Rücksicht zu nehmen.

      Bei der Entwicklung des »Sei-gefällig-Menschen« hin zur Verwirklichung eigener Ansprüche muss unter Umständen auch mit Missfallen der Umwelt gerechnet werden. Diese hat zum Teil die Gefälligkeit als durch -aus bequem erlebt und ist über das plötzliche Auftreten eigener Ansprüche des »Sei-gefällig-Menschen« nicht unbedingt erfreut. Im Coaching ist es daher um so wichtiger, systemseitige Rahmenbedingungen mitzubedenken.

      1.4.5 Ressourcen des »Sei-gefällig-Antreibers«

      Die Tugend des »Sei-gefällig-Menschen« ist seine soziale Wahrnehmung, die ihm ermöglicht, auf die Bedürfnisse anderer im Prozess einzugehen. Er kann sehr sensibel für Gruppenprozesse, soziale Stimmungen und Reaktionen sein. Diese Fähigkeit erleichtert ihm, sich an andere Menschen und Systeme anzukoppeln. Wichtig ist, dass er die Außenwelt auf seine eigene Welt bezieht, sie dadurch relativiert und als Information nutzen kann, damit sie nicht reflexhaft seine Steuerung beeinflusst.

      1.4.6 Konterdynamik: »Besser garstig als ein Niemand!«

      Menschen mit der »Sei-gefällig-Dynamik« können sich ins Gegenteil flüchten und trotzig Nichtgefallen provozieren. Mit der gleichen Mentalität und dem gleichen Eifer, aber mit verkehrten Vorzeichen wird Missfallen erweckt. Für das Aufgeben des Versuches zu gefallen, wird der scheinbare Gewinn gesucht, wenigstens Täter und nicht Opfer zu sein und so dem enttäuschten Trotz und rachsüchtiger Verachtung Ausdruck zu geben. All dies kann sehr diskret und unterschwellig mitschwingen.

      1.5 Antreiber 4: »Ich bin OK, wenn ich mich anstrenge!«

      1.5.1 Erkennungsmerkmale

      Wenn es um Herausforderungen geht, spüren diese Menschen einen Leistungsdruck. Es entsteht eine Atmosphäre von Anstrengung mit erheblichen Zweifeln am Gelingen. Lustvolle Leistung und Freude auch am spielend erreichbaren Erfolg scheinen ausgeschlossen oder zumindest als oberflächlich. Kennzeichnende Redewendungen für diesen Antreiber sind etwa: »Ich müsste es versuchen«, »Das ist wirklich sehr schwer«, »Wenn ich mir Mühe gebe« etc. Der Sprecher verspannt z.B. die Muskeln am Hals und im Kehlkopfbereich, so dass die Stimme etwas belegt oder gequält klingt. Das wirkt oft unfrei, so als müsse der Sprecher gegen einen inneren Druck ankämpfen und sich zu jeder Silbe neu zwingen. Sie sprechen gelegentlich in hydraulischen Metaphern von Druck und Gegendruck.

      1.5.2 Soziale Diagnose

      Der »Streng-dich-an-Antreiber« wirkt lähmend. Man hat den Eindruck, gegen einen unsichtbaren Widerstand anzukämpfen. Die vorwiegende Intuition, die bei Mitspielern ausgelöst wird, ist: »Der/die schafft es nicht bzw. kommt nie an.« Schwere und Anstrengung scheinen nicht länger als notwendiges Mittel für Leistung und Erfolg, sondern scheinen geradezu ein Eigenleben und einen eigenen Wert zu entwickeln. Bei Mitspielern entsteht kein Zutrauen in die Leistungsfähigkeit oder -bereitschaft des »Strengdich-an-Menschen«. Impulse, die Sache zunächst durch Auflockerung oder Ermunterung voranzubringen, bleiben stecken. Mitspieler geraten selbst in Anstrengung, reagieren mit Hilfsangeboten oder Ungeduld, die dann beim »Streng-dich-an-Menschen« zu noch mehr Anstrengung führen. In einer Arbeitsbeziehung erwartet man eher eine Zusatzbelastung als eine Erleichterung.

      1.5.3 Emotionale Dynamik, Wirklichkeitslogik und Beziehungsmuster

      »Streng-dich-an-Menschen« sind erfolgreich darin, ihren Gegenübern den Glauben zu vermitteln, sie wären nur unter Mühen und mit fraglichem Ergebnis leistungsfähig. Aus einer gewohnheitsmäßigen Sorge »ich schaffe es nicht« heraus, wird die Dynamik organisiert. In Situationen, in denen eine Leistungsbewährung ansteht, taucht der Zweifel an der eigenen Leistungsfähigkeit auf. Das drohende Nicht-OK-Gefühl wird mit der Idee: »Ich schaffe es, wenn ich mich sehr anstrenge« verwaltet. Wird das Ziel nicht erreicht, bedeutet das in dieser Logik, dass man sich noch nicht genügend angestrengt hat. Lebensenergie wird damit übersetzt in Anstrengung (»Ich mühe mich, also bin ich«). Auch wenn der Vorgang nicht mit Schwere belastet erscheint, spürt man doch untergründig Zweifel am Erfolg.

      Es entsteht auch leicht Besorgnis, Chancen leichtsinnig zu verspielen. Dies soll dann durch Bemühtsein abgewendet werden. Wenigstens kann niemand Vorwürfe erheben, denn man hat sich ja Mühe gegeben. Schaffen es die »Streng-dich-an-Menschen« trotz der Mühe, glauben sie aber, es wegen der Mühe geschafft zu haben. Sie anerkennen dann auch eher die Mühe als die erbrachte Leistung. Ihre Einschränkung tritt besonders bei Aufgaben in den Vordergrund, die einen »leichten Sinn« benötigen. »Streng-dich-an-Menschen« sehen in dieser Haltung Aufgaben gegenüber »Leichtsinn«.

      Blickt man in die persönliche Geschichte, sind sehr oft Überforderungssituationen zu identifizieren. Es handelt sich beispielsweise um Kinder, die früh Aufgaben übernehmen mussten, für die sie eigentlich noch zu klein waren, oder um jüngere Geschwister, die Dinge so können wollten wie ihre älteren Geschwister.

      Beziehungsanalytisch betrachtet, wählen sich »Streng-dich-an-Menschen« häufig Partner, die ihnen eine Leistung abverlangen. Werden diese dann hingehalten, wenden sie sich nach oben beschriebenen Zwischenstationen genervt ab, gelegentlich mit nachsichtiger oder anklagender Bestätigung der Grundannahme: »Du bringst es nicht!« »Streng-dich-an-Menschen« leben oft den Mythos der Vergeblichkeit. In Anfangsphasen von Projekten können sie sehr aktiv sein, doch wird nach und nach alles zur Mühsal. Sie ackern, solange der Boden noch gefroren ist, kommen aber nicht auf die Idee, reife Früchte zu pflücken.

      1.5.4 Antithesen zum »Streng-dich-an-Antreiber«

      Die Erlaubnis zu »streng-dich-an« lautet: »Du darfst es gelassen tun und vollenden. Ich habe Vertrauen in deine spontane Leistungsfähigkeit. Dabei darfst du dich auch anstrengen. Es ist aber auch wertvoll, wenn es leicht geht.« Damit wird der Glaube in die eigene Unfähigkeit, ein Ziel zu erreichen, als auch die Idee, Leistung könne nur mit Anstrengung erbracht werden, redefiniert. Die Schwierigkeit besteht darin, an die Leistungsfähigkeit des »Streng-dich-an-Menschen« zu glauben, obwohl er sich so quält. Im Coaching ist es wichtig, die Persönlichkeitsanteile anzusprechen, die das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit rechtfertigen.

      Einige hilfreiche Vorgehensweisen im Umgang mit »Streng-dich-an-Menschen«:

      • Es müssen Vereinbarungen über realistische Ziele getroffen werden. »Streng-dich-an-Menschen« neigen dazu, Ziele so zu stecken, dass sie nicht erreichbar sind.

      • Die Zeit sollte immer mitberücksichtigt werden. »Streng-dich-an-Menschen« laden dazu ein, das eigene Zeitmanagement aus dem Auge zu verlieren.

      • Menschen in der »Streng-dich-an-Dynamik« werden um so langsamer, je mehr sie sich dem Ziel nähern. Wie bei Sisyphos rollen sie den Stein immer langsamer, je weiter sie nach oben kommen, und man muss aufpassen, dass sie den Stein nicht wieder loslassen, kurz bevor sie am Ziel angekommen sind. Hier ist es wichtig, Teilziele oder Meilensteine zu definieren: »Angenommen wir erreichen heute nur dieses Teilziel, wie können wir sicherstellen, dass wir uns rechtzeitig vertagen und organisieren, wie es weitergehen soll.«

      • Eine interessante Hilfestellung ist auch die Veränderung der Körperhaltung beim Umgang mit Aufgaben. In entspannten Haltungen lassen sich die »Streng-dich-an-Dynamiken« oft nicht in gleicher Weise aktivieren.

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