Systemisches Coaching. Bernd Schmid

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Systemisches Coaching - Bernd Schmid

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des »Beeil-dich-Antreibers«

      »Beeil-dich-Menschen« können kurzfristig auf hohem Aktivationsniveau leistungsfähig bleiben und dies auch bei hoher Situationskomplexität. Sie entwickeln sogar eine gewisse Lust, auf diesem Niveau zu leisten. Diese Menschen wünscht man sich auf der Notfallstation oder bei Crashs im EDV-System. Die Deeskalation und »Erlösung« aus der Dynamik führt zu einer reif entwickelten Tugend. Der Unterschied der erlösten Position zur Antreiberdynamik liegt darin, dass das »erlöste« Verhalten nicht mehr in der »OK, wenn«-Logik steht. Es kann vielmehr kontextspezifisch gewählt werden: »Ich kann mich entscheiden, ob und wann ich mich beeile.«

      1.6.6 Konterdynamik »Jetzt erst mal langsam!«

      Kontrahektiker sind Menschen, die auch fürchten, dass ihnen das Wesentliche verloren geht. Sie geraten aber v.a. im Kontakt mit Hektikern reflexhaft in eine verharrende Haltung: »Jetzt erst mal langsam«. Der Hektiker neigt zum Eilen, wenn er glaubt, Wesentliches zu verfehlen, der Kontrahektiker zum Bremsen, insbesondere wenn er fürchtet, durch die Hektik anderer angesteckt zu werden. Beide leben in der gleichen Welt, nur mit verteilten Rollen. Kontrahektiker sind am ehesten daran zu erkennen, dass man beginnt den Hektikerpart zu spielen. Beide brauchen die Zuversicht, zum Wesentlichen zu kommen, um dies in angemessener Dynamik zu tun.

      1.7 Systemische Beratungsstrategien bei Antreiber-Dynamiken

      Die Dienstleistung systemischer Beratung besteht darin, Unterschiede zu generieren, die für Klienten einen Unterschied machen. Eine der wichtigsten Voraussetzungen hierfür ist aus wirklichkeitskonstruktiver Perspektive, nicht in die Antreiberwirklichkeit des Klienten einzutreten, sondern die einengenden Wirklichkeits- und Beziehungsgewohnheiten des Klienten in Frage zu stellen (Schmid 1987, siehe Lit. Kap. 1, 4) bzw. eine antreiberarme Atmosphäre zu schaffen.

      Eine Art, weiterführende Wirklichkeiten zu stimulieren, wird in der systemischen Beratung durch die Art der Befragung erreicht. Dabei werden durch vielfältige Fragetechniken alte Wirklichkeitsgewohnheiten der Klienten verstört und in einem gemeinsamen Kommunikationsprozess neue schöpferische Wirklichkeiten erzeugt. So kann etwa bei einer »Sei-perfekt-Dynamik« die Idee eingeführt werden, wie Menschen anders reagieren, wenn man ihnen mit der Haltung »Du darfst Fehler machen und aus ihnen lernen« begegnet.

      Eine ebenso effektive Beratungsstrategie besteht darin, auf der Ebene der Beratungsbeziehung einen Unterschied zu (er-)finden. Anknüpfend an die narrative Denkrichtung (vgl. Boeckhorst 1994, siehe Lit. Kap. 1, 1) könnte man sagen, dass sich nicht nur das »Was« der gemeinsamen Erzählung, sondern auch das »Wie« verändert. Der Coach gestaltet die Beratungsbeziehung in einer Art und Weise, die zu Beziehungs- oder Wirklichkeitsgewohnheiten des Klienten einen Unterschied macht. Er erzählt nicht nur davon, dass man Fehler machen und daraus lernen darf, sondern inszeniert diese Idee gleichzeitig in der Beratungsbeziehung.

      Die Herausforderung besteht darin, dass der Klient den Coach einlädt, in seinem alten Stück, seinen gewohnten Beziehungs- oder Wirklichkeitsgewohnheiten mitzuspielen. Trete ich als Coach aber unbewusst in das Stück des Klienten ein, sind die Rollen verteilt und das Drama nimmt seinen gewohnten Gang.

      Wichtigster Schritt ist also zunächst, die Einladungen zu erkennen, zu spüren, welche Gefühle wach werden und welche Beziehungswelten dadurch entstehen. Diesen Vorgang haben wir als »soziale Diagnose« bezeichnet. Ich bekomme beispielsweise bei der »Sei-stark-Dynamik« Angst und glaube, den anderen klein machen zu müssen, weil ansonsten ich in Gefahr bin, klein gemacht zu werden. Meist wird diese Diagnose der inszenierten Wirklichkeitslogik mit Hilfe der Intuition geleistet (Schmid/ Hipp/Caspari 1999, siehe Lit. Kap. 1, 5).

      Der nächste Schritt ist dann, sich in eine innere Haltung zu bringen, die zu der Inszenierung des Klienten einen schöpferischen Kontrast, eine Antithese bildet. Das Einnehmen antithetischer Haltungen meint, innerlich eine antithetische Wirklichkeitslogik (eine Lösung 2. Ordnung) zu aktivieren und zu stabilisieren. Dadurch schütze ich mich davor, in die Antreiberwelt einzusteigen und habe die Möglichkeit, mich antithetisch zu verhalten, ohne dass das problematische Muster benannt werden muss. Die Umstellung der Haltung und die daraus resultierende Veränderung des Verhaltens reichen oft aus, um das problematische Antreiberverhalten des Klienten in der Beratungssituation aufzulösen. Der Coach gibt dem Klienten durch seine antithetische Haltung und das daraus motivierte Verhalten eine implizite Einladung, in seine Inszenierung überzuwechseln. Nimmt der Klient diese Einladung an, hat er die Möglichkeit, die neue Qualität im Coaching unmittelbar zu erleben und damit erste positive Erfahrungen zu sammeln.

      1.8 Wurzeln des Antreiber-Konzepts

      Das Konzept der Antreiber stammt aus der Transaktionsanalyse. Die erste Beschreibung der Antreiber stammt von Kahler (1977, siehe Lit. Kap. 1, 2). Sie wurden dort als Verhaltensweisen beschrieben, die Verhaltens- und Erbebensketten einleiten. Am Endpunkt dieser Ketten würden Glaubenssätze bestätigt, die zu problematischen Lebensentwürfen (Skripts) und deren Vollzug gehörten. Die Antreiber selbst wurden eher durch Verhaltensmerkmale beschrieben. In der weiteren Entwicklung der Transaktionsanalyse wurden die Antreiber in verschiedene Kontexte gestellt, z.B. als fehlgeleitete Versuche, Grundbedürfnisse zu befriedigen (Köster 1999, siehe Lit. Kap. 1, 3).

      Hier werden Antreiber von solchen Überlegungen losgelöst als Stile beschrieben, die innere und äußere Wirklichkeiten charakterisieren und für die hilfreiche Varianten in normalen gesellschaftlichen Kontexten gefunden werden können.

      1 Unter Mitarbeit von Joachim Hipp

      2. ICH-DU- UND ICH-ES-TYPEN 1

      Das Modell der Ich-Du- und ICH-ES-Typen unterscheidet zwei Grundarten, wie Menschen sich selbst stimmig und wertvoll erleben und auf diesem Hintergrund Beziehungen zu Menschen und Dingen gestalten. Während dem Ich-Du-Typ in einer Beziehung der Aspekt der Bezogenheit auf den anderen wesentlich ist, ist es dem ICH-ES-Typ das Thema, auf das sich eine Beziehung hin ausrichtet. Beide Aspekte sind für das Gelingen sowohl einer Privat-, als auch einer Professionsbeziehung gleichermaßen wichtig. Um eine Beziehung zu erlösen, gehört sowohl, dass man zu dem anderen als Menschen als auch zu seinen Themen ja sagen kann. Wenn möglich sollte man auch Themen teilen, um die herum der andere sein Leben organisiert bzw. die in seinem Leben eine Rolle spielen. Nur zum anderen Menschen ja sagen zu wollen, aber seine Themen abzulehnen, ist in längerfristigen Beziehungen schwierig.

      2.1 Ich-Du-Typ

      Der Ich-Du-Mensch definiert sich wesentlich über seine unmittelbaren Beziehungen zu anderen Menschen. Er ist mit sich selbst im Einklang und fühlt sich wertvoll, wenn seine Beziehungen ›stimmen‹.

      Begegnet ein Ich-Du-Typ einem anderen Menschen, so sind seine Grundfragen:

      • Bist du für mich attraktiv?

      • Interessierst du dich für mich als Person?

      • Sind wir uns sympathisch?

      • Können wir uns vertrauen?

      Wenn wir beide in genügendem Umfang zueinander ja sagen können, wird eine Beziehung zwischen uns möglich. Ich sage ja zu dir, du sagst ja zu mir. Lass’ uns auf dieser Basis als Partner/in, Kollege/in, Kunde/in, Berater/ in, Freund/in etc. zusammen sein.

      Abb. 2: Ich-Du-Menschen in Interaktion

      Wenn diese Fragen für zwei Ich-Du-Menschen

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