Systemisches Coaching. Bernd Schmid

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Systemisches Coaching - Bernd Schmid

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Phantasiereisen eignen sich ebenfalls, die Erfahrung zu machen, mit leichtem Sinn Wesentliches zu erreichen.

      1.5.5 Ressourcen des »Streng-dich-an-Antreibers«

      Tugenden der »Streng-dich-an-Menschen« sind ihr Durchhalte- und Beharrungsvermögen. Gerade in Zeiten, in denen alles »easy« gehen muss und bei der geringsten Mühe »weitergezappt« wird, können sie mit einer angemessenen Beharrlichkeit für Dinge sorgen. Sie verfolgen Aufgaben mit Beständigkeit und haben den nötigen Sinn für Gründlichkeit und Ausdauer. Sie sind nicht so stark lustgesteuert. Eine nötige Mühsal kann für sie sogar zum stillen Genuss werden. Diese Menschen stehen für die Nachhaltigkeit von Realität dort, wo sie gebraucht wird.

      1.5.6 Konterdynamik: »Alles easy!«

      Auf der anderen Seite vom Pferd gefallen sind »Streng-dich-an-Menschen«, die betont leichtfertig und nachlässig an Aufgaben herangehen. Sie scheuen selbst angemessene Anstrengung und verfolgen damit ebenfalls ein »Ich schaffe es nicht«-Programm, das aber weniger leicht zu identifizieren ist. Eine andere Spielart der Konterdynamik sind »Von-der-Welt-Entrückte«. Sie machen es als Gegenreaktion zum Kult, Leistung nicht zu erbringen nach dem Motto: »Ist doch alles nicht so wichtig«. Wenn diese Menschen ihre lockere Haltung gegenüber Leistung ablegen, geraten sie mit einiger Wahrscheinlichkeit in die »Streng-dich-an-Dynamik«.

      1.6 Antreiber 5 »Ich bin OK, wenn ich mich beeile!«

      1.6.1 Erkennungsmerkmale

      In der »Beeil-dich-Dynamik« entsteht das Gefühl, dass Zeit und Raum nicht ausreichen, um etwas Wichtiges zu tun oder zu erfahren. Die entstehende Unruhe scheint sich aber zu verselbstständigen, trägt meist nicht zu einem effektiven Umgang mit knapper Zeit bei. Ruhe erscheint als Verrat an der Dringlichkeit, Entspannung wirkt wie Aufgabe von Wesentlichem.

      Die dafür typische Sprechweise ist oft abgehackt und geprägt von flachem Reden ohne Punkt und Komma. Eindrücklich ist auch die enorme Geschwindigkeit mit der Worte aneinandergereiht werden. Er/Sie – auch Hektiker genannt – verwendet zudem Begriffe, die Hast und Rasanz ausdrücken wie z.B. »schnell, eben mal, kurz, voran kommen« etc. Ihre Gestik vermittelt Ungeduld.

      1.6.2 Soziale Diagnose

      Typischerweise ist bei Hektikern der Rhythmus zwischen Anspannung und Entspannung gestört. Es ist, als würde jemand von Anspannung zu Anspannung hüpfen. Dieses Verhalten löst bei anderen Impulse von Anhalten, Bremsen oder Begrenzen aus. Es fällt schwer, mitzuerleben, was die Hektikerin erzählt oder tut. Man kriegt leicht das Gefühl beispielsweise »keinen Platz zu haben«. Die meisten Menschen wenden sich daher irgendwann ab oder sind in der Interaktion ebenfalls nicht wirklich anwesend: »Ich lasse Sie einfach reden …«. Manche treten auch in eine Mit-Hektiker-Dynamik ein. Ihr Gefühl, im Kontakt mit dem Hektiker keinen Platz zu haben und Wichtiges nicht unterbringen zu können, führt dazu, selbst auch hektische Verhaltensmuster zu zeigen. Der Versuch, Ruhe in die Situation zu bringen, wird mit verstärkter Hektik beantwortet, da dies die Angst, etwas zu verpassen, steigert.

      1.6.3 Emotionale Dynamik, Wirklichkeitslogik und Beziehungsmuster

      Hektikerinnen trauen sich in wichtigen Situationen nicht, ihr Wesen im Kontakt hindurchtönen zu lassen, weil sie glauben, dass dafür keine Zeit ist oder sich niemand dafür interessiert. Bietet sich dann eine Gelegenheit, versuchen sie ganz schnell ganz viel auszudrücken, weil sie davon ausgehen, dass der Adressat sowieso nicht lange zuhören wird. Die natürliche Reaktion des Gegenüber ist, das Interesse zu verlieren. Der »Beeil-dich-Mensch« wird als nicht anwesend erlebt und lädt daher nicht ein, selbst anwesend zu sein.

      Grundgefühl der »Beeil-dich-Menschen« ist es, Wesentliches zu verpassen. Sie haben Angst, das Leben zerrinne oder eine Gelegenheit gehe vorbei, bevor etwas ihnen Wichtiges möglich war. Sie versuchen dann im Moment zu packen, was sie kriegen können, so viel zu erzählen wie nur möglich usw. Folglich bleibt keine Zeit, zu atmen oder im Gespräch auf die Reaktionen des Gegenüber zu achten oder gar darauf zu hören, was dieser zu sagen hat.

      Wesentliches glauben sie dadurch zu erreichen, dass sie ihm nacheilen. Erfüllt-Sein wird ersetzt durch Schnell-Sein, Viel-Tun, Aufgeregt-Sein. Dort, wo »Anwesenheit« verlangt ist, um Wesentlichkeit zu spüren, führt die Art und Weise, wie sie dem nacheilen aber gerade dazu, dass sie das Wesentliche verpassen. Was ihnen fehlt ist, Wesentliches zu erleben, sich dafür die angemessene Zeit zu nehmen und andere daran teilhaben zu lassen. Je mehr Energie sie verbrauchen, um etwas nachzujagen, desto mehr schneiden sie sich von den Ressourcen, von der Ruhe ab, die eigentlich nötig wären. Das führt wiederum nicht zu einem Innehalten, sondern zu noch mehr Hektik.

      Die »Beeil-dich-Dynamik« wird selbst mehr und mehr zu einer Kompensation für fehlenden Sinn und Erfüllung des Daseins. Diese Lebensform ständig erhöhter Aktivierung kann einen Suchtcharakter bekommen, so dass auch Situationen, die eigentlich mit innerer Anwesenheit in Ruhe durchlebt werden könnten, zu Hektiksituationen werden. Ihre Feuerwache ist immer in Alarmbereitschaft, auch wenn es nirgends brennt.

      Hektik kann zur agitierten Depression werden, d.h. eine hektische Form, zunehmende innere Entleerung zu verwalten. Das kann bis zu abrupten Zusammenbrüchen führen. Oft wählen sich Hektiker aber kleinere Aus-stiege, werden krank, betrinken sich oder brechen sich ein Bein, damit sie entspannen müssen.

      1.6.4 Antithesen zum »Beeil-dich-Antreiber«

      Aus der Grundfurcht des Hektikers, Wesentliches im Leben zu verfehlen, leitet sich auch die Hauptberatungsstrategie ab. Der Coach muss eine Idee, ein Gefühl entwickeln, was dem »Beeil-dich-Menschen« wichtig ist, und mit ihm gemeinsam erfolgversprechende Wege konzipieren, dies zu verfolgen.

      Diese Menschen brauchen im Kontakt das Gefühl, dass der Coach etwas von dem versteht, was ihnen wesentlich ist. Nur wenn sie die Idee haben, dass sie mehr von dem bekommen, was sie suchen, wenn sie sich führen lassen, entspannen sie sich und können ihr hektisches Agieren loslassen. So können sie die Erfahrung machen, dass – obwohl weniger gesprochen wurde – ein Gewinn entstanden ist, und diese Haltung in andere Situationen übernehmen.

      »Beeil-dich-Menschen« sind auch oft mit der einfachen Intervention zu beruhigen: »Ich höre dir zu«. Das müssen sie öfter hören, um es zu glauben. »Ich höre dir gern zu, nimm dir Zeit.« Und wenn sie fürchten nicht zu Ende zu kommen »Es ist OK, jetzt einen Teil von dem zu erzählen, was dir wichtig ist und zu einem anderen Zeitpunkt wieder dranzukommen«. Demgegenüber stellen die Gesprächsstrategien, das Tempo mitzugehen, als auch Versuche, zu bremsen nach dem Motto: »Jetzt seien Sie erst mal ganz ruhig«, für den Hektiker keine annehmbaren Lösungen dar.

      Eine Schwierigkeit kann sich im Coaching auch dann ergeben, wenn Hektikerinnen im Entspannungszustand beginnen, den depressiven Anteil der Dynamik zu spüren. Hier kann zum einen hilfreich sein, den »Hektik-Entzug« zu planen bzw. etwas zu suchen, was in Maßen anregend ist und doch langsam zur Ruhe kommen lässt. Zum anderen kann dieser depressive Zustand auch als normale Entlastungsreaktion gedeutet werden, ein temporärer Erschöpfungszustand, der sich mit der Zeit und bei angemessener Begleitung wieder normalisiert.

      Die Erlaubnis für Hektikerinnen lautet: »Du darfst dir Raum und Zeit nehmen. Schau, was für dich lebenswerte Zeit oder eine lebenswerte Arbeitswelt ist. Du darfst herausfinden, was dir wesentlich ist, du darfst daran glauben, dass andere dir zuhören können, wenn du dich traust, anwesend zu sein, in dem, was du sagst.« Manchmal muss diese Erlaubnis auch als Anweisung gegeben werden, wenn solche Menschen auf Erlaubnisse nicht mehr reagieren.

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