Gemeinsam zum Erfolg. Lars Balzer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gemeinsam zum Erfolg - Lars Balzer страница 4

Gemeinsam zum Erfolg - Lars Balzer hep praxis

Скачать книгу

durchlaufen und abschliessen können.

      Der Übertritt junger Menschen von der obligatorischen Schulzeit (Primar- und Sekundarstufe I) in eine nachobligatorische Ausbildung (Sekundarstufe II), dieser Übergang an der «ersten Schwelle», stellt eine komplexe Nahtstelle dar, die durch unterschiedlichste Faktoren beeinflusst wird, so unter anderem durch den besuchten Schultyp auf der Sekundarstufe I (→ Abschnitt 1.1.1), die Herkunft und Interessen der Jugendlichen (→ Abschnitte 1.1.2 und 1.3.2), die demografische Entwicklung, strukturelle und konjunkturelle Schwankungen (→ Abschnitt 1.1.3) sowie beim Übertritt in die Berufsbildung massgeblich auch durch das Angebot an Lehrstellen (→ Abschnitt 1.1.3) und die Selektionsstrategien der Ausbildungsbetriebe (→ Abschnitt 1.1.2).

      An ihrer Jahresversammlung vom 27. Oktober 2006 formulierte die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) Leitlinien zur Optimierung der Nahtstelle zwischen obligatorischer Schule und Sekundarstufe II (EDK, 2006). Das Dokument sollte die Grundlage dafür schaffen, dass möglichst alle Jugendlichen einen ihren Fähigkeiten entsprechenden Abschluss auf Sekundarstufe II erlangen können. Mit diesem Beschluss haben sich Bund und Kantone und Organisationen der Arbeitswelt (OdA) verpflichtet, mit entsprechenden Massnahmen die Abschlussquote auf Sekundarstufe II von rund 90 Prozent bis ins Jahr 2015 auf 95 Prozent zu erhöhen (inzwischen ist allerdings von einer Frist bis 2020 die Rede; vgl. BBT, 2012a, S. 3).

      Eine solche Quote entspricht einem gesamtgesellschaftlichen Interesse. Das Ziel kann aber nur durch gute Zusammenarbeit aller Akteurinnen und Akteure im Bildungssystem und mit entsprechenden politischen und finanziellen Rahmenbedingungen realisiert werden. Strahm (2010) betont die Rolle, die hier der Berufsbildung zukommt; er weist auf die Zusammenhänge zwischen mangelnder (Berufs-)Bildung, gefährdeter Integration in den Arbeits­markt und Armutsrisiko hin und definiert Berufsbildung als soziale Absicherung: «Die beste Versicherung gegen Armut ist die Berufsbildung und Arbeitsmarktintegration» (a.a.O., S. 73).

      Hier setzt unser Buch an: Es will mit seiner Zielsetzung – eine den Lernenden in der beruflichen Grundbildung angepasste individuelle Förderung – einen Beitrag dazu leisten, die angestrebte Abschlussquote zu erreichen, indem es zu zeigen versucht,

      •wie möglichst viele Jugendliche im (Berufsbildungs-)System gehalten, wie also Ausbildungsabbrüche ohne Anschlusslösung möglichst vermieden werden können;

      •wie Personen, die bisher ohne nachobligatorische Ausbildung geblieben sind, mit Unterstützung zu einem zertifizierenden Abschluss auf Sekundarstufe II geführt werden können.

      1.1.1Obligatorische Bildung, Sekundarstufe I

      Mit Artikel 62, Absatz 4 der Bundesverfassung (BV), dem die Schweizer Bevölkerung 2006 in einer Volksabstimmung zugestimmt hat, werden die Kantone zu einer Harmonisierung des Bildungswesens im Bereich der obligatorischen Schule verpflichtet. Damit werden Faktoren, die für die aktuellen Probleme an der «ersten Schwelle» mitverantwortlich sind – der Schulföderalismus, die unterschiedlichen kantonalen Schulstrukturen und die damit einhergehende, mehrheitlich frühe Selektion –, womöglich bald an Gewicht verlieren.

      So ist es beispielsweise für die Ausbildungsverantwortlichen in Lehr­betrieben derzeit noch schwierig, die schulischen Kompetenzen der Schulabgängerinnen und Schulabgänger im Rahmen der Selektion von Lernenden einzuschätzen, da bisher keine minimalen Bildungsstandards definiert waren, die von den Schülerinnen und Schülern am Ende der obligatorischen Schulzeit erreicht werden müssen. Somit waren u.a. interkantonale Vergleiche kaum möglich. Hier soll die «Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule» (HarmoS-Konkordat), in Kraft getreten am 1. August 2009, Abhilfe schaffen. Das Konkordat harmonisiert die Dauer und die wichtigsten Ziele aller Bildungsstufen der obligatorischen Schule und deren Übergänge auf nationaler Ebene. Der Entscheid für einen Beitritt zu HarmoS liegt freilich bei den einzelnen Kantonen. Einige haben einen Beitritt bisher abgelehnt.

      Abbildung 1-1 zeigt auf, welche Kantone dem Konkordat bis 2013 beigetreten sind.

      Abbildung 1-1

      Beitrittsverfahren HarmoS-Konkordat (Quelle: www.edudoc.ch)

      Die dem Konkordat beigetretenen Kantone verpflichten sich, bis zum Schuljahr 2015/2016 die Inhalte des Konkordats umzusetzen. Die Regelungen betreffen die Schulstrukturen (Dauer der Primarstufe einschliesslich Kindergarten acht Jahre, Dauer der Sekundarstufe I drei Jahre – eine Ausnahmeregelung gilt für den Kanton Tessin mit einer vierjährigen scuola media) sowie die Einführung von nationalen Bildungszielen, den sogenannten Bildungsstandards, welche die Grundkompetenzen der Schülerinnen und Schüler für die Fächer Schulsprache, Fremdsprachen, Mathematik und Naturwissenschaften festlegen. Eine Koordination der Lehrmittel und die Harmonisierung der Lehrpläne, basierend auf den zu erwerbenden Grundkompetenzen, werden auf sprachregionaler Ebene angestrebt. Der «plan d’études romand» wurde 2010 freigegeben und befindet sich in den französischsprachigen Kantonen bis zum Schuljahr 2014/2015 in der Einführungsphase. Der «Lehrplan 21» für die deutsch- und mehrsprachigen Kantone und der «piano di studio» für den Kanton Tessin werden voraussichtlich auf Herbst 2014 freigegeben. Wie und wann die Umsetzung der neuen Lehrpläne in der Deutschschweiz und im Tessin konkret in Angriff genommen wird, liegt allerdings wiederum in der Verantwortung der einzelnen Kantone. Für sie bleibt der Spielraum nach wie vor gross, und es wird sich zeigen, welche Folgen die jeweiligen kantonalen Absichtserklärungen haben werden.

      Ob und in welchem Ausmass sich dieser schweizerische Bildungsföderalismus auf längere Frist halten wird, wird die Zukunft zeigen (zum ganzen Themenkreis Schulföderalismus vs. Harmonisierung vgl. auch Criblez, 2008).

      In 21 Kantonen entspricht die Dauer der Sekundarstufe I zum heutigen Zeitpunkt bereits den HarmoS-Vorgaben. Nur fünf Kantone verfügen über eine Sekundarstufe I mit einer Dauer von vier oder fünf Jahren. Trotz fast einheitlicher Dauer weist die Sekundarstufe I zwischen und auch innerhalb der Kantone eine Vielfalt an Strukturen mit verschiedenen Niveaustufen (Grundansprüche – erweiterte Ansprüche) auf. Laut dem letzten «Bildungsbericht Schweiz» (SKBF, 2010, S. 93f.) können die unterschiedlichen Strukturen den drei Modellen integriert, kooperativ und geteilt zugeordnet werden (vgl. Abb. 1-2). Das integrierte Modell ist charakterisiert durch nicht selektionierte Stammklassen mit leistungsdifferenzierten Niveaukursen in einzelnen Fächern. Im kooperativen Modell gibt es zwei Typen von Stammklassen mit unterschied­lichen Anforderungsniveaus sowie ein Angebot von leistungsdifferenzierten Niveaukursen in Fremdsprachen, Mathematik und eventuell einem dritten Fach. Das geteilte Modell weist zwei bis vier verschiedene Schultypen auf, und es werden unterschiedliche Fächer durch unterschiedliche Lehrpersonen mit unterschiedlichen Lehrmitteln in separaten Klassen oder Schulen angeboten.

      Strukturvielfalt auf der Sekundarstufe I in den 26 Kantonen, 2009

      Daten: IDES und Netzwerk Sekundarstufe I

      Abbildung

Скачать книгу