Gemeinsam zum Erfolg. Lars Balzer

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Gemeinsam zum Erfolg - Lars Balzer hep praxis

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2010, S. 93)

      Wie die Ausführungen zu den drei Modellen zeigen, ist das schweizerische Schulsystem (mit Ausnahme der Kantone Jura und Tessin) durch frühe Selektionsmechanismen geprägt, die dazu führen, dass Schülerinnen und Schüler bereits auf der Sekundarstufe I unterschiedlichen Schultypen und Anforderungsniveaus zugewiesen werden.

      Aus der einschlägigen Forschung ist nun aber bekannt, dass die Zuweisungsmechanismen stark durch regionale Gegebenheiten, schul- und lehrpersonenspezifische Handhabung von Übertrittsempfehlungen, Referenzgruppeneffekte wie Leistungsstärke der Klasse und Gruppenmerkmale wie Sozialstatus, nationale Herkunft und Geschlecht der Schülerinnen und Schüler beeinflusst werden (Baeriswyl, Wandeler & Trautwein, 2011; Haeberlin, Imdorf & Kronig, 2004; Imdorf, 2005; Kronig, 2007, 2013; Meyer, 2011). Die individuelle schulische Leistung hat nur bedingt prognostischen Wert für die Zuweisung zu einem bestimmten Schultyp oder -niveau (vgl. auch Sacher, 2001; Becker, 2010; SKBF, 2010). Das bedeutet nichts anderes, als dass durch frühe schulische Selektion und eine hierarchisch gegliederte Sekundarstufe I mit unterschiedlichen Leistungsniveaus die ungleiche Verteilung von Bildungschancen strukturell verfestigt wird. Dies ist umso gravierender, als Schultyp und Schulnoten aus den beiden letzten Schuljahren der Sekundarstufe I, vor allem die Noten in Mathematik, als wichtige Einflussgrössen für die Vergabe von Lehrstellen gelten (Haeberlin, Imdorf & Kronig, 2004; Neuenschwander, 2010; SKBF, 2010; vgl. auch → Abschnitt 1.1.2). Die ungleiche Verteilung der Bildungschancen der Jugendlichen setzt sich im Übergang zur und während der Sekundarstufe II fort. Der Schluss drängt sich auf: Zugunsten einer fairen Chancenverteilung müsste auf eine frühe schulische Selektion verzichtet werden.

      Durch die Einführung der neuen Lehrpläne im Rahmen von HarmoS werden nun, wie schon erwähnt, verbindliche Kompetenzen festgelegt, über welche Schülerinnen und Schüler am Ende der obligatorischen Schulzeit verfügen sollen. Die verpflichtenden Inhalte des Lehrplans werden gegen Ende der Sekundarstufe I verringert zugunsten von Wahlangeboten, die eine zielgerichtete Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf die nachobligatorische Ausbildung sicherstellen sollen. Berufliche Orientierung wird zudem als zentrales Thema im Unterricht verankert. Es wird erwartet, dass diese Massnahmen zu einem verbesserten Übergangsprozess mit weniger Zwischenlösungen und Warteschlaufen an der «ersten Schwelle» führen.

      Bereits im EDK-Bericht zum Projekt «Nahtstelle Sekundarstufe I – Sekundarstufe II» (Galliker, 2011) findet sich als Empfehlung zur Optimierung dieses Übergangs, das Ende der obligatorischen Schule sei derart zu gestalten, dass die Jugendlichen gezielt auf den Einstieg in die Berufsausbildung und in allgemeinbildende Schulen vorbereitet werden. Die Bemühungen sollen darauf zielen, den Stand der von den Jugendlichen erworbenen Kompetenzen in Bezug zu ihren Ausbildungswünschen und -möglichkeiten zu setzen. Allfällige Lücken sollen geschlossen, Stärken weiter ausgebaut und die schulische Motivation aufrechterhalten werden. Schülerinnen und Schüler sollen in dieser Phase mehr Selbstständigkeit erhalten, projekt- und problemorientiert arbeiten sowie gewisse Angebote auswählen können.

      Eine zusätzliche Verbesserung der Berufsorientierung und Berufswahl verspricht man sich von ausformulierten Anforderungsprofilen für die berufliche Grundbildung. Das von der EDK und vom Schweizerischen Gewerbeverband (sgv) getragene nationale Projekt «Schulische Anforderungsprofile für die berufliche Grundbildung» hat zum Ziel, bis 2014 für rund 250 Berufe solche Profile zu erstellen (Zahno, 2012). Die Profile werden auf der Basis der HarmoS-Kompetenzmodelle für die Fächer Schulsprache, Fremdsprachen, Mathematik und Naturwissenschaften zusammengestellt. Die Resultate individueller fachspezifischer Standortbestimmungen im achten oder neunten Schuljahr ermöglichen den Schülerinnen und Schülern, ihr persönliches Kompetenzprofil mit den Anforderungsprofilen der sie interessierenden Berufe zu vergleichen. Vorarbeiten wurden in den letzten Jahren vom Gewerbeverband des Kantons Zürich geleistet, der Kompetenzprofile für verschiedene Berufe entwickelt hat. Das Projekt hat wegweisenden Charakter, zielt es doch darauf ab, Jugendlichen bereits während des Berufswahlprozesses einen Vergleich ihrer persönlichen Voraussetzungen mit den Anforderungen eines Berufes zu ermöglichen. So können sie während der letzten beiden Schuljahre in einzelnen Fächern spezifisch und gezielt Schwerpunkte setzen und sich optimal auf den Übertritt in eine berufliche Grundbildung vorbereiten. Der Einbezug von Kompetenzprofilen in den Berufswahlprozess kann auch verhindern, dass Jugendliche eine Berufsausbildung wählen, in der sie über- oder unterfordert wären. Es gilt jedoch zu bedenken, dass sich die geplanten Anforderungsprofile, wie der Name des Projektes schon sagt, hauptsächlich auf die schulischen Kompetenzen, also vorwiegend die (Fach-)Kompetenzen der jungen Menschen beziehen. Die Frage ist, ob und wie im Rahmen solcher Profile auch die berufspraktischen Voraussetzungen der Jugendlichen konkret abgeklärt werden können. Leider ist es zum Zeitpunkt der Redaktion des vorliegenden Buches nicht möglich, Einblick in die Kompetenzprofile zu erhalten, sodass die Frage fürs Erste ungeklärt bleiben muss.

      1.1.2Übergang an der «ersten Schwelle»

      Transitionsverläufe: Welche Merkmale bestimmen den Übergang?

      Die TREE-Ergebnisse bestätigen somit, dass nichtlineare, diskontinuierliche Ausbildungsverläufe, geprägt durch Wartezeiten, Unterbrüche und Wechsel, heute fast ebenso häufig auftreten wie der sogenannte Normalverlauf (Hupka, 2003; Keller, Hupka-Brunner & Meyer, 2010).

      Bestimmte Merkmale wie Geschlecht und Region, schulische, kulturelle und sozioökonomische Herkunft sowie Lesekompetenz (Letztere gilt als in der TREE-Studie erhobene Leistungsvariable) bestimmen laut den Ergebnissen des Jugendlängsschnitts den Übergang an der «ersten Schwelle» mit (Hupka, 2003):

      •Geschlecht: Die Bildungsbeteiligung von jungen Frauen und Männern ist insgesamt gleich hoch, Männer

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