Gemeinsam zum Erfolg. Lars Balzer

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Gemeinsam zum Erfolg - Lars Balzer hep praxis

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werden im Rahmen eines «runden Tisches» regelmässig die Beobachtungen aller am Förderprozess Beteiligten (Schüler/in, Eltern, Lehrpersonen, Fachpersonen) zusammengetragen, gemeinsame Entscheide gefällt und Förderziele definiert. Es handelt sich um ein standardisiertes Verfahren, das zum Ziel hat, durch den Austausch aller Beteiligten ein gemeinsames Problemverständnis zu entwickeln, spezifische Fördermassnahmen für jede Schülerin und jeden Schüler festzulegen, durchzuführen und zu überprüfen. Federführend für das Einberufen und die Organisation eines Standortgespräches ist die Lehrperson. Die Grundidee des Verfahrens der schulischen Standortgespräche lässt sich auf die berufliche Grundbildung übertragen, indem (regelmässige) Gespräche zwischen lernender Person und Ausbildungsverantwortlichen aller Lernorte institutionalisiert werden könnten (→ Kapitel 2.7). Damit wäre ein wichtiger Grundstein für die Lernortkooperation gelegt.

      Die Phase des Eintritts in eine berufliche Grundbildung ist geprägt durch vielfältige Herausforderungen – persönliche Entwicklungsaufgaben und einschneidende Veränderungen im Lebens- und Berufsalltag stehen an. Die folgenden Abschnitte geben einen Einblick, wie junge Menschen die Herausforderungen in dieser Lebensphase angehen und meistern.

      1.3.1Entwicklungsaufgaben im Jugend- und frühen Erwachsenenalter

      Das psychologische Konzept der Entwicklungsaufgaben nach Havighurst (1948) schreibt jeder Lebensphase bestimmte Aufgaben zu, die ein Individuum erfolgreich meistern muss, damit Glück und Erfolg gewährleistet und gesellschaftliche Ablehnung und persönliches Versagen verhindert werden. Die Aufgaben können als kulturell und gesellschaftlich definierte Anforderungen und Erwartungen verstanden werden, denen man sich in bestimmten Lebensphasen stellen muss. Damit ist sowohl eine individuelle, persönliche als auch eine normative, von der Gesellschaft vorgegebene Dimension angesprochen.

      In der Zeit des Übergangs von der obligatorischen in die nachobligatorische Ausbildung befinden sich junge Menschen aus entwicklungspsychologischer Perspektive in der Adoleszenz ( 12 bis 18 Jahre) oder im frühen Erwachsenenalter (18 bis 30 Jahre). Wie in Abbildung 1-6 ersichtlich wird, gelten als wichtige Entwicklungsaufgaben der Adoleszenz die Ablösung von den Eltern, die Identifizierung mit der eigenen Geschlechtsrolle, das Verinnerlichen eines moralischen Bewusstseins sowie die Berufswahl. Die relevanten Entwicklungsaufgaben des frühen Erwachsenenalters beziehen sich hauptsächlich auf die Neuorganisation des sozialen Umfeldes sowie auf den Einstieg in einen Beruf (vgl. ebd.). Die Bewältigung dieser Entwicklungsaufgaben führt zu einer Sozialisation der jungen Menschen in unterschiedliche Rollen – Berufsrolle, Partner- oder Familienrolle, Rolle als Mitglied der Gesellschaft usw. Dabei sind hauptsächlich zwei Prozesse bestimmend, die Identitätsentwicklung (Selbstfindung) sowie die Autonomieentwicklung (Eigenständigkeit, Selbstständigkeit).

      Identität

      Die Neuorientierungen, mit denen junge Menschen in der Adoleszenz und im frühen Erwachsenenalter konfrontiert werden, führen dazu, dass das bisherige Selbstkonzept infrage gestellt wird. In einem Selbstfindungsprozess werden Ziele, Werte und Überzeugungen definiert, die man für sich als wichtig erachtet und denen man sich verpflichtet fühlt (Flammer & Alsaker, 2011, S. 157). Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit äusseren und privaten Aspekten des Selbstkonzepts – man zeigt gegen aussen nicht immer, wie man wirklich ist und wie man sich fühlt.

      Autonomie

      Bei der Autonomie geht es in diesem Lebensabschnitt hauptsächlich um ein Neuaushandeln der Beziehungen zu den Eltern, weg von einer abhängigen hin zu einer selbstbestimmten und gleichberechtigten Beziehung. Dies beinhaltet auch, dass junge Menschen Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und beispielsweise lernen,

      •sich ihre Tageszeit selbst einzuteilen;

      •ihr Konsumverhalten dem verfügbaren Geld anzupassen;

      •Verlockungen wie beispielsweise Alkohol- oder Drogenkonsum zu widerstehen;

      •ihren Umgang mit elektronischen Medien zu regeln usw. (vgl. auch Flammer & Alsaker, 2011, S. 93 ff.).

      Abbildung 1-6

      Entwicklungsaufgaben der Adoleszenz nach Havighurst – dargestellt unter der Perspektive des Übergangs zwischen Kindheit und frühem Erwachsenenalter (Oerter & ­Montada, 2008, S. 281)

      Die vorangehenden Ausführungen zeigen, dass die Zeit des Übergangs an der «ersten Schwelle» für junge Menschen auch aus entwicklungspsychologischer Perspektive mit vielen Veränderungen und Neuorientierungen verbunden ist. Konkrete Hinweise für einen verständnisvollen Umgang mit jungen Menschen in der Phase dieses Übergangs finden sich bei Lauper und De Boni (2012). Für Berufsbildnerinnen und Berufsbildner ist etwas entwicklungspsychologisches Grundwissen wichtig und hilfreich, damit sie ihre Ausbildungsverantwortung für Lernende professionell wahrnehmen können. Dies trifft insbesondere für die Phase der Früherfassung (→ Kapitel 2) zu, in der es darum geht, die Ausbildungsvoraussetzungen der Lernenden mit den Anforderungen des gewählten Berufes zu vergleichen und darauf aufbauend entsprechende Fördermassnahmen einzuleiten.

      1.3.2Biografien von jungen Menschen im Übergang

      Verschiedene Studien liefern uns Erkenntnisse darüber, wie die Situation an der «ersten Schwelle» von jungen Menschen erlebt und bewältigt wird und welche Faktoren dabei mitbestimmend sind. Am Ende dieses Kapitels ist dokumentiert, wie Anna, die junge Frau, die wir in diesem Buch auf ihrem «Weg des Lernens» begleiten, diesen Übergang erlebt hat. Aus einzelnen Studien, wie beispielweise den Forschungsprojekten «Berufswahlprozess bei Jugendlichen» (Herzog, Neuenschwander & Wannack, 2004, 2006) und «Familie-Schule-Beruf (FASE B)» (Neuenschwander et al., 2012) oder aus dem Kinder- und Jugendsurvey «COCON Competence and Context» (Bayard Walpen, 2013), liegen sprachregionale Längsschnittdaten über Bildungsverläufe von Heranwachsenden aus der Schweiz vor, die Berufswahlprozess, Lebensverhältnisse und psychosoziale Entwicklung untersuchen. Die Erkenntnisse aus diesen Studien unterstützen uns dabei, die Lernenden zu verstehen, wenn sie in die berufliche Ausbildung eingetreten sind, und sind deshalb wichtig für die Phase der Früherfassung, wie wir sie in → Kapitel 2 beschreiben.

      Das im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Bildung und Beschäftigung» (NFP43) durchgeführte Forschungsprojekt «Berufswahlprozess bei Jugendlichen» begleitete 1440 Jugendliche aus den Kantonen Basel-Landschaft, Bern, Luzern und Solothurn von 2000 bis 2002 über drei Messzeitpunkte hinweg in ihrem Berufswahlprozess.

      Das Forschungsprojekt «Familie-Schule-Beruf (FASE B)» untersuchte von 2002 bis 2008 die Bildungsverläufe von 1153 Jugendlichen aus den Kantonen Bern, Zürich und Aargau. Zum ersten Erhebungszeitpunkt befanden sich die Schülerinnen und Schüler in der sechsten und achten Klasse der Sekundarstufe I, der vierte Erhebungszeitpunkt fokussierte das Ende der nachobligatorischen Ausbildung und den Übertritt ins Erwerbsleben.

      Der Kinder- und Jugendsurvey «COCON Competence and Context», gestartet im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Kindheit, Jugend und Generationenbeziehungen im gesellschaftlichen Wandel» (NFP52), erforscht die Wechselwirkungen zwischen sozialem Umfeld, individueller Kompetenzentwicklung

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