Hospiz ist Haltung. Группа авторов

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zurückhaltend war? Und wie sehen Sie die Entwicklung, das Engagement der Politik in der Hospizarbeit?

      Es hat immer wieder Persönlichkeiten gegeben, die auf diesem Weg weiterführend waren wie z. B. Herr Schmidbauer, der sich als erster mit wirklicher Sachkenntnis für uns im Deutschen Bundestag engagiert hatte. Genannt werden sollten auch Norbert Blüm und Horst Seehofer.

       Wie hat nach Ihren Erfahrungen der gesellschaftliche Wandel durch die Ehrenamtsarbeit in der Hospizbewegung stattgefunden?

      Ich denke, die Lebens-, Schmerz- und Leidensverlängerung, die durch unsere großartige Medizin möglich war, hat Bilder von Angst heraufbeschworen. Und dieses Angstgefühl hat uns gezeigt, dass man sein Leben so nicht zu Ende bringen kann. Hier erreichten uns Deutsche noch neue, bis dahin unbekannte Begriffe – Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht, d. h. Selbstbestimmung darüber, „wie ich sterben möchte“.

       Frau Dr. Everding, in welchen Aufgabenfeldern war die Zusammenarbeit mit welchen Gruppen zu ordnen, zu entwickeln und bei welchen Gruppen, Institutionen war zum Schutz des Ehrenamtes eine Abgrenzung erforderlich?

      Ich denke, ein wichtiger Partner war für uns sicher das Sozialministerium, das zunächst nicht wusste, wie es die Hospizleute einordnen sollte, aber dann im Laufe der Jahre sehr gut mitgewirkt hat. Was den zweiten Teil Ihrer Frage angeht: Es musste nicht alles geordnet werden, weil es zwischen den Ehrenamtlichen und den Hauptamtlichen mit der Zusammenarbeit klappte, wie ich bereits im Sozialdienst festgestellt hatte. Im Sozialdienst hat es eine lange Tradition, dass die Vorstände ehrenamtlich sind und die Mitarbeiter Festangestellte, die ergänzt werden durch Ehrenamtliche. Ich glaube, es hat auch geholfen, dass ich als Ärztin über gewisse Dinge gut Bescheid wusste oder mich informieren konnte, so dass ich mir das Wissen sowohl einer Ehrenämtlerin als auch einer hauptberuflich Tätigen angeeignet habe. Schwierig wurde es erst, als wir größere Organisationen und die Landesarbeitsgemeinschaften in die BAG, die Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz, aufgenommen hatten. Das Ziel war, jedem kleinen Hospizverein Informationsmöglichkeiten zu bieten. Sehr hilfreich waren schon sehr früh die Malteser mit ihrem Informationsheft HiT. Und es gab dann so einige Gruppen, über die man sehr ungern spricht. Große Schwierigkeiten haben uns auch die Menschen gemacht, die gedacht haben, sie könnten wie die Deutsche Hospizstiftung eine Dachorganisation für alle Hospize sein, ohne dass sie in der operativen Arbeit Erfahrung hatten. Das waren leider eher Stolpersteine.

       Und wenn Sie heute auf Ihren langen und erfolgreichen Weg zurückblicken, was würden Sie anders bewerten oder wo und wie würden Sie anders vorgehen?

      Da fällt mir ein Satz ein, den ich immer als Mutter sage: „Ich hab’s zu jeder Zeit versucht, es so gut zu machen, wie ich konnte, habe aber auch immer versucht, weiter zu lernen“. Ich war selbst in London und habe Cicely Saunders noch kennengelernt, und aus diesen Begegnungen konnte ich vor allem im Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft immer wieder die Erfahrungen einbauen. Ich konnte das, was andere gemacht hatten, zusammentragen, um Curricula für die Schulung von Hauptamtlichen zu erstellen. Dies war der längste Weg. Ich würde sagen, dies war auch ein Stachel im Fleisch, weil von unserer Ausbildung als Mediziner so wenig davon zu hören war. Und diese ersten Versuche, die ich mit der Ausbildungsverordnung der Ärzte erlebte, bestätigen dies.

       Vision Christophorus Akademie

      Ein weiteres Beispiel ist das neue Betäubungsmittelgesetz. Ich hätte gerne den Zusatz Schmerzmittelgesetz eingebracht, weil für uns der Gebrauch von Morphin immer noch belastet mit den Schmerzmythen war, die besagen, dass man z. B. sein Bewusstsein verliert, wenn man Morphium nimmt. Es ging also um den offeneren Zugang zu Betäubungsmitteln, wo wir in Deutschland fast am Ende der europäischen Liste standen. Damit war der Plan für eine Akademie gereift. Eine Akademie wie die Mildred-Scheel-Akademie in Bonn wollten wir unbedingt auch in Bayern haben. Dies war nur mit großer finanzieller Hilfe oder eigentlich nur mit der finanziellen Hilfe der Krebsgesellschaft möglich. Mit viel Überzeugungsarbeit musste ich den Vorsitzenden der Krebsgesellschaft klarmachen, dass selbst mit aller Verbesserung und Forschung für Krebsmittel der Tod als solches am Ende jedes Lebens steht. Ich denke, all diese Aktivitäten haben zu dieser Akademie geführt, in der alle Berufe, die im Hospiz oder in der Palliativstation zusammenarbeiten, eine gute Ausbildung erhalten. Die Akademie, die in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen feiert, war eines meiner letzten großen Anliegen.

       Welchen Rat, würden Sie den Ehrenamtlichen in der Hospizarbeit für die Zukunft geben?

      Das ist schwierig, weil ich als ausgebildete Ratgeberin in der Psychotherapie keinen Rat gebe. Aber ich möchte doch sagen, schauen Sie, wie Sie auf Ihrem eigenen Weg immer der Mensch werden, der Sie eigentlich schon immer waren. Schöpfen Sie ihre ganzen Möglichkeiten aus, geben Sie weiter und nehmen Sie das an, was Ihnen von Ihrem Hospizverein an Hilfe angeboten wird. Wie wir früher sagten, Gott schütze mich vor den Erleuchteten. Es gibt immer noch Menschen, die ihre Aufgabe mit großer Begeisterung beginnen und nicht darauf achten, ob sie es auch wirklich aushalten. Also soviel Nähe wie möglich und soviel Distanz wie nötig.

       Wie sollte die Hospizbewegung den Spagat zwischen Ehrenamt und den zunehmend stärker werdenden Professionellen meistern?

      Wieder eine persönliche Antwort. Jeder hat seine Berechtigung. Wenn wir an die Anfänge denken, wussten wir, dass im angelsächsischen Bereich die ehrenamtliche Arbeit viel selbstverständlicher war als bei uns. Ich weiß nicht, ob man bei uns noch auf die Ehre wartet oder was das auch immer ist. Viel wichtiger ist es, dass wir uns immer wieder bemühen und wie bei allen Auseinandersetzungen die Menschen reden lassen, wir zuhören können und einen Kompromiss finden, der es beiden Seiten möglich macht, nebeneinander zu arbeiten.

       Drängen nicht zurzeit die „Hauptamtlichen“ durch die zunehmende Verrechtlichung und die bessere Kassenfinanzierung die „Ehrenamtlichen“ an den Rand?

       Die Fähigkeit, sich dem anderen zuzuwenden, muss nicht professionalisiert werden

      Ich denke, in einem gewachsenen Hospizverein wird sich das lösen lassen. Ich habe diesen Vorwurf oft gehört, auch von unseren Sozialministern: „Ja wollen Sie denn das Sterben professionalisieren?“ Ich konnte dem mit gutem Grund widersprechen, denn was heißt professionalisieren? Jeder Mensch hat diese Fähigkeit, einem anderen beizustehen, sonst würden wir nicht unsere Lieben verheiraten, Kinder bekommen und unsere Eltern pflegen. Die Fähigkeit, sich dem anderen zuzuwenden, ist da, also da muss nichts professionalisiert werden. Vergessen wir aber nicht, dass es Menschen gibt, die in ihrer Profession etwas leisten können, was ein Ehrenamtlicher nicht leisten kann.

       Frau Dr. Everding, meine letzte Frage: Sehen Sie die Gefahr, dass sich die Ehrenamtsbewegung von der Hospizidee auf andere gesellschaftliche Aufgaben verlagert, weil sie sich nicht oder nicht mehr entsprechend einbringen oder verwirklichen kann?

      Diese Angst habe ich nicht. Ich denke, dass Menschen, die sich diese Aufgabe gegeben haben, nicht mehr loslassen können. Wenn Sie das Leben anschauen, ist es doch das Wichtigste, das normale Leben in diese Krankenstuben zu bringen, die Menschen teilhaben zu lassen, auch an dem, was außerhalb geschieht.

       Das Interview führte Horst Schmidbauer

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       Joseph von Radowitz

       Botschafter der BAG Hospiz e.V.

       Joseph von Radowitz, geb. am 11.6.1935 in Insterburg / Ostpreußen, gehört zweifellos zu den Pionieren der Hospizbewegung der 90er Jahre. Er lässt sich in kein Schema einordnen und

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