Hospiz ist Haltung. Группа авторов

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sind. Als Joseph von Radowitz schließlich 1993 in der Malteser Hospizarbeit landete, hatte er bereits ein angefülltes Berufsleben, u. a. als Militärattaché in Rom und Führungspositionen in Washington und Oslo, hinter sich. Losgelöst von Loyalitäten zu den prädestinierten Gesundheitsberufen konnte er entideologisierend und verbindend wirken. Selten findet man bei einem Menschen in solcher Weise Humor, Lebensfreude, die Fähigkeit zur Menschenliebe und -führung und Sprachgewandtheit, gepaart mit einer unstillbaren Neugier und der Fähigkeit, auch Einzelheiten nach vielen Jahren noch rezitieren zu können.

       Dass er von 1993 – 2003 maßgeblich den Aufbau der hospizlichen Arbeit der Malteser und der damaligen Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz mitgeprägt hat, verdankte er der Fähigkeit, sich in Sachverhalte hineindenken, klar formulieren und andere dabei in ihrer eigenen Fachlichkeit stärken zu können. Sein geschultes diplomatisches Geschick half ihm, innerhalb der Malteser ehrenamtliche Sozialdienste, wie z. B. Hospizdienste und Besuchs- und Begleitungsdienste, hoffähig zu machen. Damit wurde eine Weitung einer damals weithin männlich geprägten Hilfsorganisation (vorwiegend Rettungsdienst, Katastrophenschutz und Breitenausbildung) eingeleitet. In der BAG Hospiz waren es die politischen Verbindungen des Wahlbonners, die die ersten parlamentarischen Abende auf den Weg brachten. In seinen 9 Jahren Vorstandsarbeit begleiteten ihn die starken Geburtswehen in der Neuordnung der BAG Hospiz im Zusammenspiel mit den neu gegründeten Landesarbeitsgemeinschaften ebenso wie die steten Grundsatzauseinandersetzungen mit den großen Wohlfahrtsverbänden.

       Heute ist Joseph von Radowitz ehrenamtlich u. a. aktiv bei der Organisation der Romwallfahrten mit Behinderten, nimmt regelmäßig an den Lourdes-Krankenwallfahrten des Malteserordens teil und unterstützt zwei Malteser Hospiz-Fördervereine durch seine Mitarbeit in den Vorständen und Beiräten. Der Ruhestand eines Vaters von drei Söhnen und mittlerweile einiger Enkel ist weiterhin geprägt durch die tief im christlichen Glauben verwurzelte Motivation, seine Kraft in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen. In diesem ist er heute wie zu Beginn seiner Zeit in der Hospizbewegung Beispiel für die Bedeutung jedes Einzelnen, um an einer verbesserten Lebenskultur für Menschen in Not, im Besonderen schwerkranken, sterbenden und trauernden Menschen mitzuwirken. Er ist auch ein Beispiel für diejenigen der Generation 55+, die sich nach „getaner Arbeit“ gegen den Trend nicht ins Private zurückziehen, sondern sich mit ihren Erfahrungen der Gesellschaft weiterhin zur Verfügung stellen.

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      1.3Das Lebensende therapieren?

       Interview von Radowitz

       Interview und Vita Herr von Radowitz

       Herr von Radowitz, Sie haben die Hospizarbeit in der Aufbauphase der BAG Hospiz maßgeblich mitgestaltet und als „Botschafter“ erfolgreich gewirkt.

      Ja, ich erinnere mich gerne daran, wie wir gerade in Ihrem Büro, aber auch bei anderen Abgeordneten, oft auch zusammen mit Monika Müller, unser Anliegen vortragen konnten. Es ging damals um eine Gesetzesinitiative zur Finanzierung stationärer Hospize. Ich habe auf Ihren Rat hin die Parlamentarischen Abende der BAG Hospiz mit den zuständigen Abgeordneten des Bundestages organisiert.

      Was mich besonders beeindruckt hat: An einem dieser Abende kamen die Vertreter aller Fraktionen und Ausschüsse zu einer übereinstimmenden Feststellung: Alle Parteien unterstützen das Anliegen und Ziel der Hospizbewegung und bejahten eine rasche gesetzliche Regelung.

      Da ich als Vorstandsmitglied der BAG Hospiz in Bonn am nächsten an den politischen Gremien dran war, konnte ich dazu beitragen, unsere Anliegen in Einzelgesprächen in den Bundestag und die Ministerien zu übermitteln.

      Als Botschafter bezeichnet zu werden, ist eine hohe Ehre, man bezeichnet das sonst ja als Lobbyarbeit.

       Der § 39a des SGB V war ein schöner Erfolg

      Den größten Verdienst hat sich hier Pfarrer Heinrich Pera erworben. Seine sehr gewinnende Art hat auch Gesundheitsminister Horst Seehofer überzeugt. Bei dem entscheidenden Gespräch Ende 1996 sagte dieser: „Sie haben mit ihrem Vortrag bei mir einen Schalter im Kopf umgelegt“. Kurze Zeit später wurde der § 39a des SGB V Gesetz. Damit erschien zum ersten Mal das Wort Hospiz in einem deutschen Gesetz. Das war schon ein schöner Erfolg, der die prekäre Lage der ersten stationären Hospize entscheidend verbesserte und der Ausgangspunkt für die weitere Entwicklung der ambulanten Dienste wurde.

       Wenn Sie heute rückblickend diese Aufbauphase betrachten, was fand oder was finden Sie gut und was war aus Ihrer Sicht weniger gut gelungen?

      Wenn ich die Zeit von 1995 bis zu meinem Ausscheiden aus dem Vorstand 2003 betrachte, dann kann ich sagen: Gut war es, dass trotz vieler Widerstände und Streitgespräche, die sich gegen Ende der 90er Jahre bei dem Zusammenschluss der Landesarbeitsgemeinschaften und der Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz ergaben, die Aufbauarbeit erfolgreich fortgesetzt werden konnte. Es ist durch die von uns erreichten gesetzlichen Regelungen und in Zusammenarbeit mit den Gesetzlichen Krankenkassen, den Wohlfahrtsverbänden und den Kostenträgern gelungen, eine Hospiz-Struktur zu schaffen, die von den wenigen Diensten zu einem sehr breiten und in den alten Bundesländern fast flächendeckenden Angebot an ambulanten und stationären Hospiz- und Palliativdiensten geführt hat.

      Die Entwicklung war wirklich rasant. Gut war sicher auch die Verbesserung der Zusammenarbeit mit der Palliativmedizin. In den 90er Jahren habe ich da auch andere Dinge erlebt: Beim Kongress der European Assoziation Palliative Care in Barcelona und bei anderen Treffen wurde man als Vertreter der Hospizbewegung fast ein wenig belächelt:

       Palliativmedizin und Ehrenamt müssen stärker zusammenarbeiten

       „Das sind die mit offenen Herzen, helfenden Händen und wenig medizinischem Verstand“.

      Leider ist es nicht voll gelungen, das eigentliche Anliegen der Dienste für die sterbenden Menschen, nämlich Zuwendung, psychosoziale Begleitung und all das, was nicht finanziert wird, stärker in das Blickfeld der Öffentlichkeit zu bringen.

      Die Folge davon war die Abnahme des Spendenaufkommens, das lebensnotwendig besonders für die ambulanten Dienste ist.

      Dies ist eine negative Entwicklung, die am Ende meiner aktiven Zeit sich noch nicht so deutlich abzeichnete. Wir sollten ein noch stärkeres Zusammenwirken der Palliativmedizin und der ehrenamtlichen Arbeit an der Basis erreichen. Da ist sicher noch sehr viel zu tun, auch in der Öffentlichkeit, um die ehrenamtliche Arbeit mehr in den Vordergrund zu stellen.

       Nun sind wir beim Stichwort Ehrenamt: Welchen Stellenwert hatte das Ehrenamt in Ihrer aktiven Zeit? Wie würden Sie heute und für die Zukunft das ehrenamtliche Engagement beurteilen?

       Das Ehrenamt wird zunehmend zum Lückenbüßer

      Die Hospizbewegung ist ja nun wirklich als eine ehrenamtliche Bürgerbewegung geboren worden, von daher war der Stellenwert des Ehrenamts schon sehr früh sehr hoch angesehen. Ich erinnere mich aber an Tagungen, z. B. Ludwigshafen und andere, wo schon Anfang der 90er Jahre die Frage Hauptamt / Ehrenamt und deren scheinbare Unvereinbarkeit ein großes Thema war. Man dachte, die Ehrenamtlichen verkörpern Menschlichkeit, Zuwendung und soziales Engagement, während die Hauptamtlichen ihre Menschlichkeit „am Garderobenhaken abgegeben haben“. Dies war sicher eine Überzeichnung. Aber ich kann mich gut erinnern, dass wir im Malteserbereich Diözesangeschäftsführer hatten, die sich weigerten, Hauptamtliche einzustellen, mit der Begründung: „Wir sind im Malteser Hilfsdienst – einer ehrenamtliche Organisation – und unsere Koordinatoren müssen die Arbeit ehrenamtlich

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