Future Angst. Mario Herger

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Future Angst - Mario Herger

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wir haben das Gefühl, keine Kontrolle darüber zu haben, und wir sind vielleicht ein wenig neidisch auf diejenigen, die sie erschaffen. Der einzige Ausweg, den viele von uns zu sehen scheinen, ist, diese Technologien und Systeme schlechtzureden.

      Die Zunge des Spechts

      Die vorindustrielle Ära litt nicht an einem Mangel an Vorstellungskraft, sondern an einem Mangel an Umsetzungskraft.

      Carl Benedikt Frey

      An die 7.000 eng mit Notizen und Zeichnungen beschriebene Seiten umfasst Leonardo da Vincis Nachlass. Es wird vermutet, dass das einem Viertel seines umfangreichen Schaffens entsprach. Alle damals bekannten Bereiche der Wissenschaft und Kunst hatte er in seinen Notizen behandelt. So groß war da Vincis Wissensdurst gewesen, dass er sich immer wieder in neuen Fragestellungen verzettelte und nur wenige Auftragsarbeiten beenden konnte, sehr zum Missfallen seiner Gönner und Auftraggeber. Ein wahrer Renaissancemensch mit Tendenz zum Prokrastinieren.

      Man konnte es Leonardo nicht übel nehmen, lebte er doch in einer spannenden Phase des Wandels in Europa. Die Renaissance war einerseits bestimmt durch das Interesse an den Lehren der klassischen Antike, andererseits aber auch durch das endgültige Loslösen von ihr und den Beginn der modernen Wissenschaften. Lange glaubten die Gelehrten, es ließen sich alle neuen Erkenntnisse durch intensives Studium der alten Schriften und Texte der antiken Gelehrten ableiten. Doch die „modernen“ Zeiten warfen zu viele neue Fragen auf, auf die es keine befriedigenden Antworten der Altvorderen gab. Bestimmte Indizien und Beobachtungen machten offensichtlich, dass die Antike nicht bloß keine Antworten auf neue Fragen hatte, sondern auch oft mit ihren Antworten auf alte Fragen falschlag. Man brauchte also neue Herangehensweisen. Und wie das so ist, tauchten immer wieder neue Fragen auf, die wiederum neue Methoden zur Beantwortung erforderlich machten. Man begann sich von der reinen theoretischen Ableitung aus Bekanntem zu lösen und Experimente als rechtschaffenes Instrument des Erkenntnisgewinns zu verstehen.

      Da Vinci war ein wichtiger Vertreter, weil er intensiver als alle vor ihm und seinen Zeitgenossen eben genau solche Experimente durchführte. Als uneheliches Kind geboren, genoss er nicht die Vorzüge eines Buchgelehrten. Die wichtigsten Bücher damals waren in Latein verfasst, einer Sprache, in der er nie unterrichtet worden war, die er sich aber im Laufe der Jahre autodidaktisch aneignen sollte. Der Buchdruck war gerade erst erfunden worden und Bücher in der Muttersprache erst im Kommen, es führte somit kein Weg daran vorbei, Latein zu lernen.

      Was ihm in dieser Beziehung fehlte, machte er durch Neugier und Experimentierfreude wett. Er konstruierte für viele seiner Fragestellungen Versuchsapparate, um die Antworten zu finden. Unter anderem entwickelte er ein Glasherz, um zu beobachten, wie sich die Herzklappen öffnen und schließen und das Blut dadurch fließt.

      Sein ganzes Leben lang behielt er diesen unbändigen Wissensdurst. Selbst uns trivial erscheinende Dinge faszinierten ihn. Eine Liste aus dem Jahr 1490, die er in Mailand angelegt hatte, zeigte, was er lernen und tun wollte:1

      •Die Abmessungen von Mailand und Umgebung

      •Zeichne Mailand.

      •Überrede den Arithmetikmeister, mir zu zeigen, wie man ein Dreieck quadriert.

      •Frage Giovanni den Bombardier, wie die Mauer des Turms der Stadt Ferrara gebaut wurde.

      •Frage Benedetto Protinari, auf welche Weise man in Flandern auf dem Eis geht.

      •Frage einen Hydraulikspezialisten, wie man eine Schleuse, einen Kanal und eine Mühle auf lombardische Weise repariert.

      •Frage Maestro Giovanni Francese, den Franzosen, nach der versprochenen Bemessung der Sonne.

      •…

      •Untersuche einen Gänsefuß: Wenn er immer offen oder immer geschlossen wäre, dann könnte das Tier sich kaum fortbewegen.

      •Warum ist der Fisch im Wasser wendiger als der Vogel in der Luft, wenn es doch das Gegenteil sein müsste, da Wasser schwerer und dicker als Luft ist?

      •Beschreibe die Zunge des Spechts.

      Ein Sammelsurium an Fragen, die ihn beschäftigten, aber besonders der letzte Eintrag scheint uns ein Kuriosum zu sein. Eine Spechtzunge beschreiben? Wieso? Was ist daran interessant? Es handelte sich jedenfalls um kein Versehen, derselbe Eintrag findet sich auch Jahre später wieder.

      1508 machte er eine Reihe von anatomischen Studien, für die er eine Liste erstellte. Wie so oft hatte er den Bogen Papier dicht beschrieben und vollgezeichnet. To-dos, Einkaufsliste und Zeichenstudien waren bunt durcheinandergewürfelt. Auf der einen Seite der Liste befanden sich Darstellungen von Anatomiewerkzeugen, auf der anderen kleine Zeichnungen von Blutgefäßen und Nerven, die er im Hirn eines verstorbenen 100-Jährigen untersucht hatte. Und dazwischen eine Liste aus benötigten Werkzeugen und Dingen, die er erledigen wollte:

      •Lass Avicennas Buch von nützlichen Erfindungen übersetzen (Buch eines persischen Universalgelehrten aus dem 11. Jahrhundert);

      •Liste von benötigten Werkzeugen:

      imageBrille mit Hülle

      imageZünder

      imageGabel

      imageGebogenes Messer

      imageKohlekreide

      imageBretter

      imagePapier

      imageWeiße Kreide

      imageWachs

      imageGlasstücke

      imageFeinzahnige Knochensäge

      imageSkalpell

      imageInkhorn

      imageBleistiftmesser

      imageund einen Schädel

      •Finde heraus, wie die Zunge des Spechts funktioniert.

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