Mettes Flucht in den Tod. Jürgen Hoops von Scheeßel

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Mettes Flucht in den Tod - Jürgen Hoops von Scheeßel

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heute war Tibkes Taufe und keine Hexenjagd.

      Sie litt sehr darunter, denn viele ließen sie spüren, dass der selige Vater wohl eine große Dummheit gemacht hatte, sich mit einem im Vergleich zu anderen wohlhabenden Bauern angelegt zu haben.

      Dass durch das Unglück großes Ungemach über die ganze Familie gekommen war, erlebte sie jeden Tag aufs Neue.

      In Höperhöfen auf dem Hof von Harm und Adelheid ging das Leben weiter und der Alltag ging seinen Weg. Harm Döhrnemann war lange tot und die Sticheleien seines Bruders Cordt ärgerten zwar, wurden aber überwiegend ignoriert.

      Adelheid war als Hebamme und Kräuterfrau weiter im ganzen Kirchspiel unterwegs, mied aber den Kontakt zu Döhrnemanns, den Nachbarn ihrer Eltern.

      1610

      Hibbel Holsten war die 20-jährige Tochter von Claus, dem Mann, der vor zehn Jahren seine Nachbarin Beke Döhrnemann zum Freitod in den Brunnen stürzen sah. Er war aber auch der Nachbar der Familie Stavenhitter, deren Tochter Adelheid nach Höperhöfen in den Hoopshof eingeheiratet hatte.

      Hibbels Eltern hatten entschieden, sie als Magd auf den Hof nach Höperhöfen zu Adelheid Hoops, die als Bademutter bei den Frauen einen nachhaltig guten Ruf wie auch in der Kräuter- und Heilkunde genoss zu geben. Hibbel liebte Kinder über alles und sollte nach dem Willen der Eltern auch Hebamme werden, was dem Wunsch der Tochter entsprach. Diese Entscheidung brachte Hibbels Eltern mit der Nachbarin Maria Hastede heftigen Streit ein, weil deren Vater ja einst gegen Adelheid geklagt und verloren hatte und der sich vor zehn Jahren, nach der Landesverweisung aus dem Amt, bekanntermaßen das Leben genommen hatte. Diese alte, tragische Geschichte erzählte man sich noch immer in den Dörfern und die Gerüchte verstummten einfach nicht. Sie stand wie eine unüberwindbare Mauer des Hasses zwischen den Menschen in dem Dorf.

      Adelheid war zwar erst 45 Jahre alt, wurde aber schon als die „alte Hoops“ bezeichnet, denn sie wirkte zehn Jahre älter als sie biologisch gesehen war. Die Jahre der Anfeindungen hatten tiefe Spuren hinterlassen.

      Sie wusste und hörte es immer wieder, sagte es auch allen Frauen, denen sie vertraute und das Handwerk beibrachte: „Pass aber gut auf dich auf, denn Bademütter leben gefährlich. Weil sie sich aufs Warzen besprechen, die Geburtshilfe, Kräuter und allerlei Arzneien verstehen, hat sie jeder Henker stets im Auge und gedenkt durch sie seinen Geldbeutel merklich zu füllen.“

      1611

      Hibbel war nun schon seit einem Jahr auf dem Hof und hatte eine ganze Menge erlebt und gelernt. Als Magd war sie mit den Hochzeitsvorbereitungen für Adelheids Sohn Joachim beschäftigt, der seine Gesche übermorgen heiraten sollte.

      Ihr fiel die Aufgabe zu, für die Hochzeitssuppe die Hühner zu holen, denen der Knecht Armin eben erst den Hals umgedreht und abgeschlagen hatte. Bevor er sie nun schlachten konnte, mussten sie gerupft werden. Das war Hibbels Aufgabe.

      Sie saß auf der Bank neben der kleinen Seitentür und hatte das erste Huhn in ihren Händen, als eine Amsel ihre Aufmerksamkeit erregte.

      Dabei wanderte ihr Blick über den Hof, der ihr sehr vertraut geworden war und wo sie sich zu Hause fühlte.

      Imponierend standen viele alte und sehr große Eichen auf dem ganzen Hofplatz. Sie boten Schutz vor Wind und Schnee, nahmen aber auch viel Licht. Die Hofschweine fraßen im Herbst die vielen Eicheln auf, mit denen sie auch gemästet wurden.

      Abelke dachte noch an die Zeit von vor einem Jahr zurück, als sie hier ankam und sehr herzlich aufgenommen wurde.

      Es gab keinen Tag, an dem der Viehbestand nicht seine Hege und Pflege einforderte, wobei das die Aufgabe der Knechte war. Die Männer kümmerten sich um die Pferde, die Immenvölker, die Kälber und Kühe. Für die Mägde blieben die Schweine, die Ferkel und die Hühner übrig. Für die 60 Schafe gab es sogar einen Schäfer auf dem Hof.

      „Kind, schlaf nicht, oder willst du dem Vieh auch noch die Haut rupfen“, schubste sie Armin laut lachend an.

      Sie schreckte aus ihren Gedanken auf und sagte mit unsicherer Stimme: „Ich habe wohl mit offenen Augen geträumt.“

      Angelockt von diesem Treiben sah der Großknecht Hein vom Schauer herüber, und neugierig wie immer lugte die Großmagd Gesine aus dem Haus, als könnte sie etwas verpassen.

      „Hibbel, bist du bald fertig? Sieh zu, dass du mit den Hühnern herkommst“, rief sie lauthals in den Hof und zog den Kopf wieder ins Haus zurück.

      ***

      Harm Hoops ging mit seinem Sohn und Nachfolger Joachim über den Hof. Sie sprachen sehr innig miteinander, denn der Vater übergab mit der Hochzeit auch die Hofführung an seinen Sohn.

      „Joachim, du kennst dich zwar auf dem Hof aus, dennoch möchte ich als dein Vater mit dir noch einmal einiges durchsprechen und abstimmen, damit ich als Altenteiler nicht mit dir über Kreuz komme und wir miteinander in Streit geraten, wie es mir mit meinem seligen Vater Warneke ergangen war“, begann er das Gespräch.

      „Mein Sohn, ich freue mich, dass du mit Gesche eine fleißige Frau gefunden hast und ich beruhigt auf mein Altenteil gehen kann. Sei gewiss, dass ich mich nicht in deine Wirtschaft einmischen werde. Der Altenteilervertrag regelt die Verhältnisse zwischen uns bis ins Detail. Ich habe dir alles beigebracht, was du wissen musst und ich bin mir sicher, dass du ein guter Bauer bist“, sagte er und legte seine Hand liebevoll und anerkennend zugleich auf die Schulter seines ältesten Sohnes.

      Sie standen vor dem Backhaus und sahen im Rundblick den Speicher und die zwei Scheunen, die halbkreisförmig um das Haupthaus standen und sich in einem guten baulichen Zustand befanden, obwohl alle Gebäude schon weit über 100 Jahre alt waren.

      Dann schauten sie sich noch so einiges an, was dem Vater wichtig war und schritten den Hof, aber auch die Äcker und Wiesen ab, ohne unnötig viele Worte zu wechseln. Sie verstanden sich auch so. Das wiederum verstand Gesche, Joachims Braut, gar nicht. Sie redete viel und gerne über alles. „Männer“, war ihr einziger Kommentar zu dieser Art des schweigenden Verstehens.

      „Du hast dir eine prächtige und ganz liebe Frau ausgesucht. Sie passt hier her und wird eine großartige Schwiegertochter abgeben, auch wenn sie gerne ein wenig viel schwätzt. Darin sind deine Mutter und ich uns einig“, sagte der Vater mit einem Lächeln, während sie auf den Feldern unterwegs waren.

      Als sie nach Hause zurückkehrten, schweifte der Blick der Männer von der Hofeinfahrt in die Hofmitte über das massive, im Jahre 1478 erbaute Vierständerhaus. „In dem auf dem Hof stehenden Häuslingshaus werde ich als Altenteiler mit Adelheid bis zu unserem Tode leben“, schweifte Harm in Gedanken.

      Dort lebte auch seine ledige Schwester Gesine seit vielen Jahren und so stand es auch im Vertrag, der die Zeit nach der Hofübergabe regelte.

      Als habe Joachim die Gedanken seines Vaters erahnt, fragte er ihn: „Gesine hat nie geheiratet. Warum eigentlich nicht?“

      „Es war nie der Richtige dabei, für den sie sich entscheiden wollte und so blieb sie bei mir als Hausmagd auf dem Hof“, antwortete sein Vater.

      „Sie genießt offensichtlich ihre gute Stellung, hat ihr Auskommen und schaut wohlgenährt aus. Sie ist immer gut gelaunt und stets freundlich, was ich sehr an ihr schätze“, schloss Harm seine Gedanken.

      „Gesine, du bist eine Seele

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