Pragmatikerwerb und Kinderliteratur. Группа авторов

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Pragmatikerwerb und Kinderliteratur - Группа авторов Studien zur Pragmatik

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spracherwerbsförderliches Format auf. Hier geht es darum herauszufinden, ob es auch bei Kindern/Jugendlichen im Selbstlesealter noch geeignet ist, Spracherwerbsprozesse (in Bezug auf pragmatische Phänomene und Kompetenzen) voranzutreiben/zu unterstützen bzw. bei jüngeren Kinder zu erheben, ob sich das spracherwerbsförderliche Potenzial des Vorlesens auch für bisher nicht oder wenig untersuchte pragmatische Phänomene/Kompetenzen nachweisen lässt. Eng mit dieser hängt auch die Frage (4) zusammen, welche anderen Zugriffsweisen auf Kinderliteratur in ihren verschiedenen medialen Formen geeignet sind, den weiterführenden Spracherwerb von Kindern im Selbstlesealter zu unterstützen.

      Mit den Fragen in (2) und (3)/(4) eng verknüpft ist auch die Unterscheidung von interner und externer Pragmatik. So kann möglicherweise ein kinderliterarischer Text aufgrund der in ihm vorkommenden pragmatischen Phänomene (und vielleicht auch deren spezieller „Darstellung“ durch Prozeduren der Verständlichmachung) den kindlichen Leser in seinem pragmatischen Spracherwerb unterstützen, indem er als spezifischer Input dient. Andererseits können auch die Situationen, in denen kinderliterarische Texte rezipiert werden, aufgrund ihrer Merkmale einen günstigen Rahmen für den Erwerb bestimmter pragmatischer Phänomene bieten. Für die Vorlesesituation ist dieser Umstand und die dazu beitragenden Merkmale schon recht gut erforscht, für andere Formen der Rezeption (Hörspiel, -buch, Filme, Selbstlesen) nicht.

      Da eine Aufgabe des Deutschunterrichts darin besteht, Schülerinnen und Schüler in ihrem sprachlichen Lernen zu unterstützen, stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, inwieweit die unterrichtliche Beschäftigung mit Kinderliteratur dazu geeignet ist, auch einen Beitrag zum sprachlichen Lernen zu leisten, vgl. (5). Die in der Deutschdidaktik entwickelten Konzeptionen des Literaturunterrichts zielen zwar vorrangig auf die Aneignung literarischer Kompetenzen und die Unterstützung des literarischen Lernens ab, jedoch wäre zu untersuchen, inwieweit sich die hier vorgeschlagenen unterrichtlichen Methoden wie Vorlesegespräch (vgl. z. B. Spinner 2004, Kruse 2007), literarisches Gespräch nach dem Heidelberger Modell (vgl. z. B. Steinbrenner/Wiprächtiger-Geppert 2010), intermediale Lektüre (vgl. z. B. Kruse 2010, 2014) oder handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht (vgl. z. B. Haas/Menzel/Spinner 1994) auch dazu eignen, pragmatisches Lernen – und auch sprachliches Lernen im Allgemeinen – voranzutreiben.

      Dass sich das Vorlesen von Kinderliteratur förderlich auf den Spracherwerb bei sich typisch entwickelnden Kindern auswirkt, wurde mittlerweile in vielen Studien gezeigt. Inwieweit das auch bei Kindern mit atypischen Sprachentwicklungsverläufen der Fall ist und ob hier spezielle Rezeptionsformate besser geeignet sind als andere, um das spracherwerbsförderliche Potenzial von Kinderliteratur auch in therapeutischen Kontexten nutzbar zu machen, muss jedoch noch weiter erforscht werden.

      8 Die Beiträge in diesem Band

      Die in diesem Band versammelten Beiträge sind aus der Tagung „Pragmatikerwerb und Kinderliteratur“ hervorgegangen, die im September 2018 an der Universität Leipzig stattfand. Sie greifen jeweils einzelne der oben benannten Aspekte auf und tragen somit zur Erforschung des Zusammenhangs von Pragmatikerwerb und Kinderliteratur bei.

      Die ersten drei Beiträge beschäftigen sich mit Aspekten der internen Pragmatik kinderliterarischer Texte. In dem Beitrag von Bettina Kümmerling-Meibauer und Jörg Meibauer geht es um die Maxime der Art und Weise bzw. das M-Prinzip und die Frage, inwieweit deren/dessen Erwerb durch Kinderliteratur – hier besonders herausfordernde Bilderbücher – unterstützt wird. Die Autoren gehen zunächst auf die Maxime der Art und Weise, das M-Prinzip und den Begriff der Markiertheit im Allgemeinen ein. Sie wenden die Maxime der Art und Weise auf Literatur an und zeigen anhand einiger Beispiele, dass diese in der Literatur systematisch ausgenutzt wird. Ausgehend von der These, dass herausfordernde Bilderbücher solche Bilderbücher sind, die Normalvorstellungen verletzen und daher markiert sind, wird eine Reihe herausfordernder Bilderbücher hinsichtlich deren Text- und Bildebene sowie der Text-Bild-Kombinationen analysiert, um diese These zu erhärten. Im Anschluss wird die Frage diskutiert, wie Pragmatikerwerb – hier insbesondere hinsichtlich der Maxime der Art und Weise/des M-Prinzips – und Kinderliteratur zusammenhängen.

      Kristin Börjesson beschäftigt sich in ihrem Beitrag mit dem Phänomen des verbalen Humors in kinderliterarischen Texten. Anhand zweier humoristischer Kinderbücher für jeweils unterschiedliche Altersgruppen erforscht die Autorin in einem textanalytischen Zugriff den Zusammenhang zwischen Humor in der Kinderliteratur und Humorerwerb. Insbesondere geht sie der Frage nach, ob Kinderliteratur einen spezifischen Input für den (weiterführenden) Humorerwerb (im Selbstlesealter) darstellt. Dafür prüft sie, ob der entsprechende Input an den jeweiligen kognitiven Entwicklungsstand des Kindes angepasst ist, d.h., ob in Texten für jüngere Leser (mehr) einfachere Arten von Humor auftreten als in Texten für ältere Leser und ob in literarischen Texten für jüngere Leser Humormarker, welche das Identifizieren humorvoll intendierter Textstellen unterstützen sollen, eine größere Rolle spielen als in Texten für ältere Leser.

      In dem Beitrag von Juliane Stude und Olga Fekete geht es um das Verhältnis kinderliterarischer Texte zum kindlichen Erzähl- und Lügenerwerb. Insbesondere gehen die Autorinnen den Fragen nach, welche sprachlichen Mittel Kinder in Narrationen einsetzen, um Realisierungen des Lügens vorzunehmen, welche Kontextualisierungshinweise zur Kenntlichmachung des Lügens sie aus kinderliterarischen Texten übernehmen, wie Kinder das lügenhafte Verhalten kinderliterarischer Figuren verstehen, wie sie in Nacherzählungen narrative Figuren als Lügner porträtieren und wie sie sich selbst zu lügenden Protagonisten der Kinderliteratur positionieren. Außerdem interessiert die Frage, inwieweit kinderliterarische Texte kindlichen Rezipienten zum einen Kontextualisierungshinweise als Deutungshilfen zur Interpretation unterschiedlicher Interaktionsmodalitäten bereitstellen und inwieweit diese zum anderen von Kindern wahrgenommen werden.

      Es folgen zwei Beiträge, in denen der Fokus auf Aspekten der externen Pragmatik liegt. Linda Stark beschäftigt sich mit der Feinabstimmung der vorlesenden Person bezüglich der kindlichen Fähigkeiten, in Bilderbüchern Referenz herzustellen. Die Autorin beschreibt den Akt der Referenzherstellung als eine sprachliche Handlung mit Glückensbedingungen. Sie macht die Relevanz solcher referenzherstellenden Akte im Spracherwerb deutlich. In Ihrem Beitrag zeigt die Autorin, wie derartige, auf den Entwicklungsstand des Kindes abgestimmte referenzherstellende Akte in Bilderbuchvorlesesituationen durch Bezugspersonen vorgenommen werden und weist auf die besonderen Bedingungen hin, die sich dadurch ergeben, dass neben der sprachlichen, zusätzlich eine bildliche Ebene zu berücksichtigen ist. Zwar wird bei Kindern häufig die Fähigkeit, Bilder inhaltlich zu erschließen, vorausgesetzt, aber tatsächlich muss auch diese Fähigkeit erst erworben werden. Insofern erscheinen referenzherstellende Akte in Bilderbuchvorlesesituationen doppelt relevant: sowohl für den Spracherwerb (inklusive Pragmatikerwerb) als auch für die Ausbildung der visual literacy.

      Lisa Porps stellt die Hypothese auf, dass Vokative Indikatoren für den Redehintergrund seien, so dass ihre Verwendung in Gesprächen zu textlosen Bilderbüchern das Kind bei der Identifikation verschiedener Akteure und ihrer Beziehungen unterstützen kann. Zunächst geht die Autorin auf den Begriff des Redehintergrunds ein, sowie auf den Erwerb der Fähigkeit, Redehintergründe situationsangemessen zu identifizieren. Dann stellt sie den Zusammenhang von Redehintergrund und Vokativ dar, um im Anschluss auf das Besondere an Vorlesesituationen mit textlosen Bilderbüchern in Bezug auf die Menge und Identifikation möglicher Redehintergründe einzugehen. Hier bezieht sie sich auf das Vorlesemodell nach Rothstein (2013), für welches sie eine Erweiterung vorschlägt, mit der sich auch textinterne Kommunikation berücksichtigen und sich das Modell auch auf textlose Bilderbücher anwenden lässt. Die Autorin stellt zwei Datenbeispiele aus Vorlesesituationen mit textlosen Bilderbüchern vor und analysiert die in diesen vorkommenden Verwendungen von Vokativen hinsichtlich deren angenommener Funktion, dem kindlichen Gesprächspartner die Identifikation der angemessenen Redehintergründe zu erleichtern.

      In den nächsten beiden Beiträgen geht es jeweils um den Zusammenhang von Kinderliteratur und der

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