Irrlichter und Spöckenkieker. Helga Licher

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Irrlichter und Spöckenkieker - Helga Licher

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und sah überrascht zu dem Mädchen hinüber, das dem Bauern nach draußen gefolgt war. Das anzügliche Grinsen im sonnengebräunten Gesicht des Viehhändlers ließ seine Gedanken erahnen. In seinen Augen glitzerte es verdächtig. Er konnte kaum den Blick von Stine lassen.

      Clausen betrachtete neugierig das Motorrad und brummte:

      »Du musst ja viel Geld haben, dass du dir so was leisten kannst, Kruskopp.«

      Missmutig runzelte der Bauer die Stirn. Er hatte Zeit seines Lebens sparen müssen, um über die Runden zu kommen, für solche Spielereien hatte er absolut nichts übrig.

      »Dein Viehtransporter reicht dir wohl nicht mehr, oder? Jetzt muss auch noch ein Motorrad her. Damit kommt man bei den Deerns bestimmt gut an, stimmt`s?«

      Der Viehhändler hatte indessen sein Motorrad abgestellt und ging lächelnd auf Stine zu. Ohne auf Clausens Bemerkung einzugehen griff er ihr unter das Kinn und hob ihren Kopf ein wenig an. Sein Blick wanderte an ihr hinunter und blieb schließlich an ihren nackten Füßen hängen.

      »Was haben wir denn da? So etwas Hübsches hatte der alte Clausen aber schon lange nicht mehr auf dem Hof«, sagte er leise, während er ausgiebig ihre Beine musterte.

      »Wie heißt du denn, Süße?«

      Ärgerlich schüttelte Stine die Hand des Viehhändlers ab, trat einen Schritt zurück und murmelte:

      »Stine Knudtsen heiße ich.«

      »Ach, du bist eine Knudtsen. Die Enkelin von Ole, habe ich Recht? Was machst du denn hier auf dem Clausenhof?«

      Kruskopp steckte sich eine Zigarette an und setzte sich breitbeinig auf die Bank, während er Stine nicht aus den Augen ließ. Marten Clausen beobachtete ihn misstrauisch. Kruskopp war ein Schürzenjäger, kein Mädel war vor ihm sicher. Stine musste sich vorsehen, Marten wollte keinen Ärger mit ihrem Großvater riskieren.

      »Was Stine auf meinem Hof macht, geht dich nichts an. Was willst du eigentlich hier? Du bist doch sicher nicht gekommen, um mir dein neues Motorrad vorzuführen.«

      Roluf Kruskopp streckte seine langen Beine weit von sich und zog an seiner Zigarette. Genüsslich blies er den Rauch durch seine gelblich verfärbten Zähne.

      »Ich wollte dich fragen, ob du Ferkel abzugeben hast. Die Schweinepreise sind im Augenblick gut, wenn du willst, können wir ins Geschäft kommen.«

      Clausen dachte einen Augenblick nach, bevor er antwortete.

      »In einer Woche sind unsere Ferkel soweit, dann kannst du sie haben. Jetzt noch nicht.«

      Zustimmend nickte Kruskopp und schwang sich wieder auf sein Motorrad.

      »Ich komme dann in einer Woche mit dem Viehtransporter vorbei. Über den Preis unterhalten wir uns noch. Ach …«, Kruskopp war noch etwas eingefallen.

      »Habt ihr schon gehört, dass die alte Trientje vermisst wird? Sie ist schon seit Wochen nicht mehr gesehen worden. Wenn du mich fragst - ist nicht schade drum, soll der Teufel sie holen! In Oldsum gibt es jetzt eine junge Hebamme, ein süßes Mädchen. Ich glaube sie heißt Lina und ist mit dem Schmied Hinrichsen verwandt. Eine Zuckerschnecke, sag ich dir.«

      Stine horchte auf. Lina Hinrichsen war ihr gut bekannt. Lange Jahre war sie mit ihr in die gleiche Schule gegangen und konnte sich sehr gut an das blonde, zurückhaltende Mädchen erinnern. Lina war die Klassenbeste ihres Jahrgangs und sehr ehrgeizig. Stine war immer davon ausgegangen dass Lina einmal Lehrerin werden würde. Darum war sie jetzt überrascht zu hören, dass Lina den Beruf der Hebamme gewählt hatte.

      »Was hast du gesagt, Trientje ist verschwunden? Ach, die war schon öfter für eine Weile weg. Vielleicht ist sie auf dem Festland, sie soll dort einen Bruder haben.«

      Marten klopfte die Tabakreste aus der Pfeife und steckte sie in die Jackentasche.

      Auch in Utersum kannte man die alte Hebamme, und schon oft hatte sie Clausen mit ihrer selbstgebrauten Medizin wieder auf die Füße geholfen. Jeder wusste, dass Trientje auf der ganzen Insel zu Hause war. Niemand machte sich Gedanken, wenn sie mal eine Zeit lang nicht gesehen wurde.

      Mit ohrenbetäubendem Geknatter startete Roluf Kruskopp seine Maschine.

      »Wahrscheinlich ist sie an ihren eigenen Pillen krepiert, wer weiß das schon«, schrie er gegen den Lärm an, bevor er in einer rasanten Kurve mit dröhnendem Gelächter vom Hof fuhr.

       15

      »Ich fahre jetzt zur Post, in etwa zwei Stunden bin ich wieder zurück. Hoffentlich bleibt es trocken, da oben sieht`s nach Regen aus.«

      Stine schwang sich auf ihr Fahrrad, winkte dem Bauern Clausen noch einmal zu und fuhr über den schmalen Kiesweg zur Hauptstraße hinüber. Sie freute sich auf den Nachmittag und hatte sich viel vorgenommen. Beim Schneider Ennen wollte sie hereinschauen um nach neuen Stoffen zu sehen, und beim Schuster Wiemers standen ihre Sonntagsschuhe zur Abholung bereit. Der kräftige Westwind hatte die leichten Morgennebel fast vertrieben, die ersten Regenwolken zogen über die Marsch. Wenn sie noch trocken ins Dorf kommen wollte, musste sie sich beeilen. Ich werde die Abkürzung durch die Kieferschonung nehmen, dachte Stine und bog in den schmalen Feldweg ein. Wie eine zweite Haut legte sich die Feuchtigkeit der letzten Nebelschwaden auf ihre Kleider und behinderte sie beim Vorwärtskommen.

      Zu allem Überfluss kam der Wind jetzt von vorne. Sie musste kräftig in die Pedale treten. Ich hätte besser bis morgen gewartet, dachte Stine, als sie plötzlich hörte, wie jemand leise ihren Namen rief.

      »Stine, so warte doch.«

      Stine horchte auf und wandte sich um. In rasantem Tempo kam ein junger Mann hinter ihr her geradelt, der ihr sehr gut bekannt war.

      »Jan!«

      Sie verlangsamte ihre Fahrt und wartete, bis der Freund sie eingeholt hatte.

      »Ich bin auf dem Weg nach Süderende, um mit dem Pfarrer zu sprechen«, sagte Jan atemlos.

      »Meine Eltern feiern in einigen Wochen ihre Silberhochzeit. Ich wollte eine Messe bestellen.«

      »Dann gibt es wohl ein großes Fest. Wenn der Bürgermeister seine Silberhochzeit feiert, wird sicher das ganze Dorf eingeladen, oder?«

      Stine stieg vom Rad und knöpfte ihre Jacke zu. Der Wind frischte auf, die ersten Regentropfen fielen und zeichneten ein bizarres Muster auf den Asphalt. Zusehends verdunkelte sich der Himmel. In der Ferne vernahm man ein leichtes Grollen, das stetig näher kam.

      »Jan, es gibt ein Gewitter! Wir werden es nicht mehr bis ins Dorf schaffen.«

      Hastig zog Stine ihre Jacke über den Kopf, um sich ein wenig vor dem Regen zu schützen. Es dauerte nur wenige Minuten, bis das dünne Kleid des Mädchens völlig durchnässt war.

      »Komm, hier in der Nähe ist ein Unterstand, da können wir warten, bis das Unwetter vorbei ist.«

      Jan schwang sich auf sein Rad und fuhr los. Vorsichtig umfuhr er die knöcheltiefen Pfützen, die sich inzwischen auf dem Feldweg gebildet hatten.

      Stine versuchte, es ihm gleich zu tun, doch es gelang ihr nicht. Die Jacke war ihr längst vom

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