Natürlich heilen mit Bakterien - eBook. Anne Katharina Zschocke

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bakterielle Eiweiße, die von lebenden Bakterien an die Umgebung abgegeben (Exotoxin) oder aus zerfallenden Bakterien freigesetzt werden (Endotoxin). Heute weiß man, dass diese Toxine »mikrobielle Vitamine« sind, die als Botenstoffe das Gleichgewicht im Immunsystem aufrechterhalten.

      Antibiotische Mittel: Ein Missverständnis

      Nachdem Bakterien zu Krankheits»erregern« von Infektionskrankheiten erklärt worden waren, die nicht nur Wundheilungsstörungen verursachten, wie man bereits länger glaubte, sondern auch Erkrankungen innerer Organe, suchte man nach Wegen, um sie im Körper zu beseitigen. 1877 hatte man die bakterientötende Wirkung von UV-Strahlen und 1892 die von elektrischem Licht entdeckt. Man unternahm mit Körperteilen Versuche zur Bakterienvernichtung durch Röntgenstrahlen und Uran, mit Radium und spezifischen Wellenspektren, mit α- und γ-radioaktiven Strahlen, mit Kurzwellen, Hochfrequenzströmen und mit elektrischem Gleichstrom.31 Sie alle scheiterten daran, dass der Mensch dabei zu große Schäden litt, bis die Bakterien wie gewünscht beseitigt waren.

      Gleichzeitig suchte man nach bakterientötenden chemischen Stoffen. Der Erste, der ein chemisches Mittel gegen körperinnere Lebewesen entwickelte, war der Pathologe Albert Adamkiewicz (1850–1921). Er ging davon aus, dass Krebs von einem Parasiten namens Coccidium sarcolytus hervorgerufen werde, und entwickelte dagegen im Jahr 1890 aus Leichengift das »Cankroin«.32 Sein Werk wurde allerdings kaum gewürdigt.

      In einem Arzneimittelbuch von 191633 werden noch vier Wege aufgezählt, Infektionskrankheiten zu behandeln: die vorsorgliche »Abhaltung der Organismen vom Körper«, die »Zustandsverbesserung der befallenen Organe«, eine »Bindung der produzierten Toxine« oder eine »unmittelbare Wirkung auf die Mikroben«. Vier Wege also, Heilung zu bewirken. Im Text behandelt wird jedoch nur der letzte. Dafür unterschied man »Antiseptika«, die bakterielles Leben hemmen, von den »Desinficientia«, die Bakterien töten. Zur Entfernung der »Fäulniserreger« aus dem Darm werden kräftige Abführmittel empfohlen.34 Die anderen drei Heilungsansätze werden nirgends weiter ausgeführt. Damit beschränkte sich die Arzneimittellehre auf die Beseitigung der Bakterien.

      Die große Schwierigkeit dabei bereitete die generelle Wirkung der dazu eingesetzten Desinfektionsmittel, die nicht bloß die Einzeller, sondern zugleich auch Körperzellen schädigten. Man überlegte sogar, verschiedene Antiseptika gemischt anzuwenden, die alle zusammenauf Bakterien wirken, aber dabei verschiedene Körperorgane je nur ein bisschen schädigen. Darauf, eine Mischung verschiedener Einzeller als Heilmittel einzusetzen (siehe Seite 242ff.), wäre man im damaligen Denken im Traum nicht gekommen.

      Der heute übliche Begriff »Antibiotikum« wurde erst ab 1942 benutzt und meinte damals »antimikrobiell wirkende Substanzen von Mikroorganismen«.38 Er entstand aus dem Missverständnis, Mikroben würden sich untereinander genauso verhalten wie die Menschen sich ihnen gegenüber, nämlich einander bekämpfen. Heute wissen wir, dass diese Substanzen Botenstoffe zur Kommunikation sind und Einzellern wie Mehrzellern ein gesundes Miteinander ermöglichen (siehe Seite 63ff.). Es war eine tragische Fehlbezeichnung. Damals unterschied man damit die natürlichen von den chemischen bakterientötenden Mitteln.

      Heute wird die Bezeichnung »Antibiotikum« generalisiert für bakterienhemmende und -tötende Mittel natürlichen, halbsynthetischen oder chemischen Ursprungs verwendet. »Antibiose« meint die medikamentöse Therapie mit diesen Mitteln. Neuerdings wird vorgeschlagen, von »Antiinfektiva« zu sprechen. Wörtlich übersetzt heißt dies »gegen das Hineinmachen«. So ein Begriffswechsel ist jedoch kein Fortschritt, weil sowohl die Idee, gegen Bakterien zu behandeln als auch die, gegen eine Infektion, dem Irrtum unterliegt, Bakterien würden von draußen den Körper bedrohen und müssten beseitigt werden. Wie wir noch sehen werden, hilft erst ein anderes Verständnis von Gesundheit und Krankheit, die passenden Begriffe für wahre Wege in Bezug auf Bakterien und Heilung zu finden. Der Begriff »Chemotherapie« wird heutzutage für chemische Medikamente in der Krebsbehandlung verwendet.

      Dass der Londoner Bakteriologe Alexander Fleming (1881–1955) der »Entdecker des Penicillins« sei, wie landläufig behauptet wird, ist eines der Märchen, mit denen in der Bakteriologie zahlreiche angebliche »Helden« hervorgebracht wurden. Ein anderes rankt sich um »Streptomycin«, das erste bei Tuberkulose wirksame Antibiotikum. Es wurde durch Albert Schatz entdeckt, nicht durch Selman Waksman, der dafür 1952 den Nobelpreis erhielt39. Zum einen waren Schimmelpilze, aus denen man Penicillin zunächst zog, seit alters ein bewährtes Heilmittel (siehe Seite 177). Man hatte auch bereits lange beobachtet, wie arabische Stallknechte Pferdesättel in dunklen, feuchten Räumen lagerten, um das Leder zum Schimmeln zu bringen, weil dies die Wundheilung förderte, wenn die Beine der Reiter aufgescheuert waren.

      Der angehende französische Arzt Ernest Duchesne (1874–1912) schrieb schließlich im Jahr 1897 seine Doktorarbeit über die Wechselwirkungen bei Mikroben. In gemeinsamer Kultur mit Penicillium glaucum blieben je nach Nährstoffmilieu mal die Bakterien, mal die Pinselpilze am Leben. Spritzte er Penicillium jedoch im Tierversuch gleichzeitig mit »giftigen Kulturen pathogener Mikroben« wie Bacillus typhosus oder Bacterium coli in Meerschweinchen, wurde ihre gefährliche

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