100 Boyfriends. Brontez Purnell

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100 Boyfriends - Brontez Purnell

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an der Wand. «Ihr lasst euch von der Maschine zwanzig Minuten ficken und kriegt dafür hundertfünfunddreißig Dollar und wir stellen es dann ins Internet. Könnt ihr euch mal ausziehen?»

      Sie schlüpften aus ihren Klamotten, und zehn Sekunden später sagte der Regisseur, sie sollten sich wieder anziehen.

      «Ruf du mich mal an», sagte der Regisseur und drückte Mike seine Karte in die Hand.

      Die beiden Jungs gingen zurück in ihre Fabriketage, wo sie noch ein halbes Jahr zusammen wohnten, bis Mike auf Speed kollabierte und wegziehen musste.

      Ein paar Jahre später sah R. J. ihn in einem Zug, Mike hatte stinknormale Sachen an und saß neben zwei stinknormalen Männern.

      R. J. ging zu ihm. Mike umarmte ihn, küsste ihn, schaute ihm tief in die Augen und fragte: «Sorry, ist so lange her, wie heißt du nochmal?»

       3

      Er war ein gut aussehender, älterer Schwarzer. In den 1980ern und 90ern hatte er irgendeinen wichtigen Job gehabt, sich aber schon vor vielen, vielen Jahren aus dem Geschäft zurückgezogen – das erzählte er mir wenigstens.

      Er bestellte mich immer ins Arbeitszimmer seines Lofts. Dort standen Bücher, sooooooo viele Bücher. Kunst an der Wand, ein Tisch mit Computer und ein schwarzes Ledersofa, auf dem er nackt saß, während ich davor kniete und ihm den Schwanz lutschte. «Du bist der hübscheste Junge, den ich je hatte. Sei lieb zu Daddy», sagte er. Ich war zwanzig und hatte das Gefühl, er sagte das zu allen Jungs. Trotzdem hörte ich es gern.

      Ich ging auf den Strich, weil das alle meine Bekannten taten. Ich glaubte, ihnen beweisen zu müssen, dass ich es ebenfalls konnte. Als es noch legal war, hatte ich auf den hinteren Seiten der schwulen Castro-Zeitung eine Anzeige geschaltet: «Bester Blowjob, vernünftiger Preis.» Er war mein erster Stammkunde.

      Beim allerersten Termin kniete ich vor ihm und blies ihm einen, als er den tätowierten Frauennamen auf meiner Brust sah. «Ist das deine Freundin?», fragte er.

      «Nein», antwortete ich, «meine Mutter.» Er zuckte merklich zusammen und spritzte quer über mein Tattoo. Ich war viel zu jung, um zu wissen, dass er niemals mein Stammkunde hätte werden dürfen.

      Sein Körper war rund und weich und warm. Hinterher hielt er mich manchmal in den Armen, und die anderen Jungs meinten, dafür müsste ich ihm extra was berechnen, aber das tat ich nicht. Er fühlte sich zu gut an. Vielleicht fühlte sich auch nur die Aufmerksamkeit gut an. Jedenfalls ließ ich ihn einfach machen. Ich spürte, wie mich eine Hand sanft streichelte und mir langsam die Kontrolle entzog, aber ich war noch zu jung, um zu wissen, dass dich alle Männer, die dir etwas wegnehmen wollen, superzärtlich berühren. «Du bist der hübscheste Junge …» Er sagte das so oft, bis ich es irgendwann glaubte.

      Ich nahm nur fünfzig Dollar für Termine, die lediglich einen Blowjob umfassen und eine Stunde dauern sollten, sich aber zu sehr viel mehr entwickelten und erst bei Sonnenaufgang endeten.

      Irgendwann musste er Frau und Kinder gehabt haben, so viel reimte ich mir zusammen. Ältere Fotos, auf denen er eine Frau und zwei kleine Jungs umarmte, hingen überall in seinem Loft – im Flur und im Wohnzimmer, den einzigen Räumen, die ich, abgesehen von Bad und Arbeitszimmer, betreten durfte. Mein Verdacht bestätigte sich, als er zu mir sagte: «Weißt du, ich hab Söhne in deinem Alter.»

      Wenn ich zu ihm kam, führte er mich jedes Mal in sein Arbeitszimmer. Ich wusste nur, wenn ich ihm in einem Monat oft genug den Schwanz lutschte (er holte mich viermal im Monat zu sich, immer nur am Wochenende), dann hatte ich genug Geld für Gras oder die neuesten Jordans zusammen. Ich liebte ihn – wenigstens glaubte ich, Liebe würde sich so anfühlen.

      Einmal zündete er sich, nachdem ich ihm einen geblasen hatte, eine Zigarette an und sagte: «Du bist nicht wie andere Jungs – du bist gern bei Daddy.» Er hatte recht.

      An einem Wochenende ging er mit mir wandern. Unterwegs fiel er über mich her und riss mir Hose und Unterhose runter. Er nahm mich mitten auf dem Wanderweg, was mir peinlich war, weil ja jederzeit Leute hätten vorbeikommen und uns sehen können.

      Aber nein sagen, konnte ich nicht. Ich fand es aufregend, auf einem Wanderweg mitten in der Natur gefickt zu werden. Als wäre ich etwas Besonderes. Aber ich wusste auch, auf lange Sicht würde das mit uns nicht halten.

      Eines Tages sah ich ihn dann auf der Straße, mit zwei jungen Männern in meinem Alter. Seine Söhne, wie ich vermutete. Als ich näherkam, trafen sich unsere Blicke und er schüttelte den Kopf, als wollte er sagen: «Nein – nicht hier, nicht jetzt.» Gern wäre ich gekränkt gewesen, aber in Wahrheit war dieser Mann eben ein Fremder, nicht mein Vater. Wie wenig man sich auf Männer im Allgemeinen verlassen kann, sollte ich kurz darauf erfahren. An dem Tag ging ich einfach weiter.

      Die Jahre vergingen und wir mit ihnen – irgendwann funktionierte sein Schwanz nicht mehr, und ich entwickelte mich vom Stricher zum Kellner zum College-Absolventen. Ich musste nicht mehr für Geld ficken und überließ das den Jüngeren.

      Ich weiß noch, dass er bei unserer letzten Begegnung richtig geschockt war, weil meine Haare bereits grau wurden. Wir verloren uns natürlich aus den Augen, aber immer, wenn ich an ihn denke, fällt mir wieder ein, wie hübsch ich bin.

       DER GEERBTE WINTERMANTEL

      Mein Vater hat mal einen umgebracht. Es war ein Unfall.

      Er war Lokführer auf der Strecke zwischen Tennessee und Alabama und sah einen jungen Mann reglos auf den Gleisen stehen – offenbar ein Selbstmörder.

      Mein Vater sagte, er hätte geschrien und geschrien, aber um einen fahrenden Zug zum Stehen zu bringen, braucht man volle zwei Meilen. Er hat gesehen, wie es den Jungen beim Aufprall zerriss, wie die Gliedmaßen vom Torso abgetrennt wurden. Und er sagte, bevor der Zug ihn erfasst hatte, hätte er die Augen des Jungen gesehen – das war der Teil der Geschichte, den er nie vergessen konnte und selbst dann noch vor sich sah, wenn er die eigenen Augen schloss.

      Ich hatte auch so ein Gefühl, als würde es mich innerlich zerfetzen, wenn auch weniger gewaltsam; ich saß verkatert in einem Auto, das an der Grenze zwischen Tennessee und Alabama entlangfuhr, und sah einen Zug vorbeirauschen und dachte wieder an meinen Vater, der nun ebenfalls tot war. Vor einigen Monaten war er überraschend gestorben und ich trauerte immer noch um ihn – manchmal versiegte der Schmerz, dann wieder prasselte er auf mich nieder wie Regen. Momentan erlebte ich eine Trockenphase.

      Ich war auf dem Weg zum Haus meiner Großmutter, um mir mein eigenartiges Erbe abzuholen: ein paar Gewehre und Wintermäntel meines Vaters.

      Am Steuer des Autos saß der Mann, den ich liebte. Er hatte mich begleiten wollen – damit ich eine Schulter hatte, an der ich mich ausweinen konnte. Denn es würden ganz sicher Tränen fließen, wie er gesagt hatte.

      Ich hatte die Landschaft am Fuß der Appalachen vergessen, diese Decke aus Hügeln und Bäumen, die sich je nach Jahreszeit grün, golden, braun oder weiß färbt. Ich war schon zu lange in Kalifornien und hatte die Jahreszeiten und ihre dramatischen Phasen vergessen – die drückende Schwüle im Sommer, die überraschenden Schneestürme im Winter, die Überschwemmungen, Orkane. Ich hatte das Gefühl für Jahreszeiten verloren und ignorierte seit Kurzem auch meine inneren Jahreszeiten. Mein Leben unter der kalifornischen Sonne näherte sich dem Ende – das spürte ich. Oft saß ich nur da und wartete darauf, dass mein Instinkt mich zu etwas Neuem hinführte, ganz gleich, was es sein mochte.

      Ich

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