100 Boyfriends. Brontez Purnell

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100 Boyfriends - Brontez Purnell

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Und bei mir fand eine Eruption der Emotionen statt.

      Mein Lover fuhr. In der letzten Nacht hatte ich ihn im Bett festgehalten und war ganz bei ihm und ganz bei mir gewesen. Warum fühlte sich das so gut an? Mein Sexleben war absurd. Wenn ich mich wie üblich in Saunen herumtrieb, dann um mich zu verlieren; mit ihm war Sex weder geil noch «machomäßig» noch voller unausgesprochener Wut. So was wie mit ihm hatte ich schon lange nicht mehr erlebt. Es war beinahe vertraut. Als wäre ich wirklich ganz nah bei ihm – ich war DA. Fühlte sich so Liebe an?

      Doch zurück zu unserer Mission. Mein Vater hatte sich auf dem Grundstück meiner Großmutter im Süden Alabamas einen Bunker gebaut. Dort lagerten seine Vintage-Wintermäntel aus der Mod-Ära und seine Sammlung von alten Gewehren. Im Schaft einer Flinte war der Name «Jody» eingraviert, so hieß mein Ur-Urgroßvater. Wir wollten auf dem Grundstück meiner Großmutter die Mäntel und Gewehre einsacken und dann für zwei Tage nach New Orleans, bevor wir zu Loverboys Haus in Tennessee weiterfuhren. Von dort aus würde ich nach Kalifornien zurückfliegen. Wenn wir Waffen über die Grenzen dieser ganzen Bundesstaaten schmuggeln wollten, dann ließ ich den Wagen lieber von einem Weißen fahren, wie ich mir überlegt hatte – das gelang ihnen besser.

      Ich dachte an meinen Vater – er war old-school, immer sehr gepflegt, und besonders stolz war er auf seine Mantelsammlung gewesen; selbst ich, als sein einziger Sohn, hatte nicht gegen sie ankommen können. Als ich klein war, hatte ich ihn mal gefragt: «Dei-dii» – so sprach ich Daddy aus – «darf ich deinen Mantel haben?» Er trug dieses braungrüne Hahnentrittteil mit Holzknöpfen und breitem Kragen, das ihm fast bis zu den Knien reichte. Sein älterer Bruder war in den 70ern Mod gewesen und hatte in Soulbands gespielt – seinen Style hatte er bei ihm geklaut.

      «Dads Mantel passt dir noch nicht. Aber du kriegst ihn, wenn ich tot bin.» Damals war ich bestimmt nicht älter als acht. Aber so, wie er es sagte, war mir schon klar, dass er nicht vorhatte, jemals zu sterben. Daran musste ich denken, als wir auf einen Rastplatz fuhren, und ich hätte beinahe geweint, riss mich aber zusammen.

      «Hey, Baby – halten wir bei Popeyes?»

      «Yes, Sir», sagte mein hübscher Fahrer.

      In meiner Kindheit war ich die Strecke zu meiner Großmutter unzählige Male gefahren. Wenn er mich in den Weihnachts- und Sommerferien hinbrachte, fuhr mein Vater vier Stunden Richtung Norden, ich saß daneben, folgte den Straßenschildern mit den Augen und war glücklich und zufrieden. Loverboy und ich machten in Birmingham Pause, wo wir einen Popeyes fanden, und waren nach weiteren anderthalb Stunden in Richtung Süden fast da.

      Der Weg zum Haus meiner Großmutter war so, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Meile um Meile Spanish Moss, zweispurige Landstraßen, Schotterwege und Ruinen aus der Zeit der Reconstruction. Alles – sogar die wenigen Häuser, in denen offenbar noch jemand wohnte – wirkte gespenstisch verlassen. Ich fühlte mich verlassen.

      Meine Großmutter stammte aus Gee’s Bend; vor Jahrzehnten hatte ein Trupp superängstlicher Weißer dort eine Fähre abgefackelt, um die Schwarzen daran zu hindern, zum Wahllokal zu gelangen. Mehr hatte meine Familie mir davon nicht erzählt. Mein Freund war white as fuck und (abgesehen von Versicherungsvertretern) schätzungsweise einer von einem Dutzend Weißen, die in den letzten zwanzig Jahren einen Fuß in diesen Teil des Landes gesetzt hatten.

      Wir sahen etliche aufgegebene Kirchen. Eine Meile vor dem Haus meiner Großmutter hielten wir an, um eine zu besichtigen. Eine Ruine. Wenn mein Vater mich zu Grandma nach Wilcox County gefahren hatte, waren die unbefestigten Straßen an den Sonntagen von Autos gesäumt gewesen. Wir gingen rein. Die Polster der Kirchenbänke waren herausgerissen, überall Schimmel, Löcher im Boden, kreuz und quer liegende Holzbalken, Löcher im Dach. Wie hatte die Kirche so schnell verfallen können? Seit ich sie das letzte Mal gesehen hatte, waren neun Jahre vergangen. Es schien unmöglich, dass ein Gebäude so schnell … nahezu verschwinden konnte.

      Wie meine Mutter mir mal erklärt hatte, brauchten Häuser den Atem der Menschen, damit sie nicht austrockneten und zerfielen. Verlassene Häuser sind wie verlassene Menschen – sie sterben schneller.

      Wir erkundeten die Kirche. Loverboy hatte eine Vintage-Kamera aus den 60ern dabei, und das Licht in der Ruine reichte gerade eben zum Fotografieren. Ich schaute zu ihm hin und erstarrte. Seine Kamera war genau auf mich gerichtet.

      Wie heißt er nochmal? überlegte ich und schwieg volle zwanzig Sekunden. Trevor, TREVOR, Trevor, er heißt Trevor … uff!

      Er sagte, ich solle mich vor ein Buntglasfenster stellen, mit einem Loch in der oberen Ecke. Ihm gefiel das hindurchfallende, gebrochene Regenbogenlicht – obwohl das letztlich keine Rolle spielte, da er Schwarz-Weiß-Fotos machte. Trotzdem tat ich ihm den Gefallen, weil ich wusste, dass er die Atmosphäre einfangen wollte.

      Er machte das Foto, aber ich bekam wegen der vielen morschen Bodenbretter langsam Angst und fragte, ob wir weiterkönnten.

      Wir erreichten das Haus meiner Großmutter, stiegen aus und liefen hinter dem Hof noch eine halbe Meile durch den Wald. Auf einer Lichtung, die mein Vater für die Jagd geschlagen hatte, hielten wir an. Unter dem Hochsitz, den er in einem Baum errichtet hatte, befand sich der Bunker. Meine Tante hatte mir den Schlüssel vor ein paar Wochen mit der Post geschickt. Wir schlossen auf und gingen rein. Der Bunker war nicht größer als ein Geräteschuppen, und drinnen herrschte perfekte Ordnung.

      Strom gab es keinen, aber das Sonnenlicht reichte gerade eben aus, um alles einigermaßen erkennen zu können. An der hinteren Wand hatte mein Vater Halterungen befestigt, an denen die Gewehre hingen. Insgesamt fünf, darunter das aus den 1920ern, mit dem eingravierten Namen meines Ur-Urgroßvaters im Schaft. Ich strich mit den Fingern über die Buchstaben. «Jody» – es sah schäbiger aus als in meiner Erinnerung, und ich drückte, etwas zu gefühlsselig, einen Kuss darauf.

      Rechts unter einem Tisch entdeckte ich den alten Armeekoffer, den mein Vater als nicht ganz Zwanzigjähriger beim Militärdienst benutzt hatte. Die Mäntel waren darin. Das wusste ich einfach.

      Ich öffnete den Koffer, und ganz oben lag der braungrüne Hahnentrittmantel. Er hatte ihn als Letztes hineingelegt, als hätte er gewusst, dass ich es sein würde, der ihn eines Tages fand. Der Mantel war in exzellentem Zustand – er hatte ihn extrem pfleglich behandelt. Bevor mich meine Gefühle wieder übermannen konnten, rief mir Trevor vom Ausgang her etwas zu.

      «Baby, lass uns doch auf dem Rückweg von New Orleans noch mal herkommen. Wir sollten lieber weiter, es wird bald dunkel, und ich möchte endlich von den Landstraßen runter», sagte er sachlich. Ich schnappte mir den alten Jagdrucksack meines Vaters und stopfte drei Mäntel rein. Loverboy und ich nahmen vier Gewehre mit und beschlossen, die restlichen Sachen auf dem Rückweg zu holen.

      Als wir über die Brücke Richtung Highway fuhren, wurde mir klar, dass mir Kalifornien fehlte und ich nie wieder an diesen Ort zurückkehren würde. Nach einer weiteren halben Stunde fragte Trevor, ob ich ihn heiraten würde. Ich sagte ja.

       BOYFRIENDS

       BOYFRIEND 007 / DER KELLNER

      Einmal hat er meinetwegen einen Typen plattgemacht. Hat die Schwuchtel einfach k. o. geschlagen. Wir waren Anfang, Mitte zwanzig und Samuel Myers (dieser WICHSER) machte eine fiese Bemerkung über meine Figur. Mein heldenhafter Retter vergaß seine gute Kinderstube und den Kellner-Knigge (hab ich schon erwähnt, dass es in dem Vierundzwanzig-Stunden-Diner-Drecksloch passierte, wo wir beide arbeiteten?), riss sich die Schürze runter und zimmerte dem Wichser Samuel Myers eine rein. Ich war ihm was schuldig – am Valentinstag steckte ich ihm einen Fünfziger ins Tippglas

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