Frank Thelen – Die Autobiografie. Frank Thelen

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kam allerdings auch hier wieder außerhalb der Schule: Während der Zeit dort musste man ein Betriebspraktikum machen. Meine Freundin Conny erzählte mir: »Ein Freund von mir hat eine kleine Softwarefirma, den solltest du mal anrufen.« Ich rief ihn an, und er wollte mich auch direkt treffen, wahrscheinlich wegen Conny. Er lud mich am Rosenmontag ein. Wer je im Rheinland Karneval gefeiert hat, weiß, was das bedeutet. Aber so im Nachhinein passt das durchaus, denn dieser im Rheinland heilige Tag wurde letztendlich auch für mich zum Glücks- und Feiertag: Der Freund von Conny hieß Martin Hubert und die Firma Chips at Work. Martin öffnete mir persönlich die Tür – alle anderen waren Karneval feiern. Für einen Chef war Martin sehr jung, gerade mal zehn Jahre älter als ich mit meinen 17 Jahren. Er duzte mich und kam irgendwie richtig cool rüber. Chips at Work bestand aus einem Büro mit fünf Räumen und sah nach Entwicklungslabor aus: Überall standen offene Computer rum, aus denen Drähte und alles mögliche Zeugs raushing, Festplatten lagen in der Ecke. Martin kam direkt zum Punkt: »Conny sagt, du willst ein Praktikum bei uns machen. Bist du bereit, auch länger zu arbeiten und dich selbstständig in Themen einzuarbeiten?« »Ja«, murmelte ich verhalten, »absolut. Ich liebe Computer und will unbedingt lernen.« »Okay.« Martin hob die Abdeckung eines Computers hoch. »Dann erklär mir doch mal den Aufbau dieses Computers!«

      YES! Ich hatte unzählige PCs für Verwandte und Freunde gebaut und jede Ausgabe der damals schon angesagten Geek-Zeitschrift C’t gelesen. Hier war ich zu Hause, das war mein Gebiet. Ich erklärte Martin alles im Detail. Bisher hatte ich mein Wissen im Kinderzimmer erworben, dort war es geblieben. Bisher hielt ich es für wertlos, für eine private Spinnerei, mit der nur ich etwas anfangen konnte und sonst keiner. Und jetzt traf ich auf Menschen, mit denen ich dieses Wissen teilen konnte – und die bereit waren, ihr Wissen mit mir zu teilen. »Das hier ist die CPU, das sind die RAM-Module, das ist die Netzwerkkarte am ISA Bus, die Grafikkarte am EISA Bus« und so weiter. Und zum ersten Mal in meinem Leben hörte ich einen Satz, der sich gleichzeitig anerkennend und ermutigend anhörte, der mir eine Perspektive eröffnete und mir zeigte, dass ich nicht ganz alleine war auf der Welt mit meinem Computerzeug. Okay, es ging nur um einen Praktikumsplatz, aber der Satz hieß: »Du hast den Job!«

      Mein erster echter Chef war ein weiterer entscheidender Glücksgriff in meinem Leben: Seine Firma entwickelte das erste Bildschirmtelefon der Welt. Das funktionierte nicht über das Internet, sondern noch via ISDN, über eine damals moderne Telefonleitung. Heute ist ein Videochat nichts Besonderes mehr – Skype, FaceTime, WhatsApp – aber damals, Anfang der 90er Jahre, war es ein Traum wie heute die Reise zum Mars. Erst im Jahr 2010 trat Steve Jobs auf eine Bühne und stellte FaceTime als einen wahr gewordenen Menschheitstraum vor. Ich hatte das Glück, bereits 15 Jahre zuvor dieses Produkt mitentwickeln zu dürfen. Natürlich mit geringerer Auflösung, für klobige PCs, aber es funktionierte.

      Den Begriff »Startup« gab es damals noch nicht, aber Chips at Work war das perfekte Startup: Zehn bis zwölf intelligente Ingenieure arbeiteten sieben Tage die Woche und lebten für das Produkt, jeder konnte und durfte Sachen machen und ausprobieren, es gab keine Politik, keine Hierarchien und keine Stechuhr. Das Bildschirmtelefon mit dem Namen Two-at-One-Desk wurde damals für die Telekom entwickelt – und eines Tages hatten sich deren Projektleiter angekündigt, um sich das Wunderwerk anzuschauen. Bei diesen Meetings war ich nicht dabei, ich war ja nur der Junior Software Developer, aber ich erinnere mich, dass wir am Tag der Präsentation noch morgens um sechs Uhr an den letzten Funktionen gearbeitet haben. Und weil es nur so halb funktionierte, haben wir dann anstelle des echten Produkts ein vorher aufgezeichnetes Video abgespielt. Das war ein wilder Stunt und selbst für Gründer im dunkelgrauen Bereich, aber wir wussten ja, dass unser Gerät prinzipiell funktionierte. Manchmal muss man sich auch in den Graubereich wagen – wie Guy Kawasaki, der unter anderem 1984 für die Vermarktung des ersten Apple Macintosh verantwortlich war, sagt: »Eat like a bird, poop like an elephant.« Und es hat funktioniert, der Projektleiter von der Telekom war überzeugt. Anschließend haben wir dann die Funktionen sauber programmiert – und es lief.

      Nach der Schulzeit habe ich dann für Chips at Work ganz viel programmiert: Multimedia-CD-ROMs, Computer-Telefonie-Integration und andere wirklich moderne und herausfordernde Technologien. Und alles hat damit angefangen, dass Martin an mich geglaubt hat, mir an meinem ersten Tag ein dickes Buch über Visual Basic 3.0 Pro und zwölf Disketten in die Hand gedrückt und mir wirklich böse Fehler verziehen hat. Er hat die Begeisterung gespürt, das war ihm wichtiger als ein eindrucksvoller Lebenslauf. Zu ihm habe ich heute noch Kontakt.

      Danke, Martin!

      Mein erstes »Unternehmen«

      Bonn, 1996

      Zu 80 Prozent bist du deines Glückes Schmied, das meiste ist erlernbar. Du kannst auch mit einer schwierigen Jugend viel erreichen. Aber manches wird eben auch vererbt – die Macht der Gene. Und wer – anders als ich – in der Schule aufgepasst hat, der weiß, dass vererbte Eigenschaften auch gerne mal eine Generation überspringen. Ich bilde mir ein, dass mein Großvater, den ich leider nie kennengelernt habe, mir seine Unternehmergene mitgegeben hat. Er war eigentlich Landwirt, hat aber schon früh geschickt Grundstücke gekauft, die später zu Bauland wurden. Die Landwirtschaft schlief ein, das Immobiliengeschäft florierte. Mein Unternehmerherz bedauert, dass weder mein Vater noch mein Onkel das Geschäft fortgeführt haben. Sie sind ihren eigenen Berufen nachgegangen, das Immobiliengeschäft wurde aufgegeben.

      Bei mir sind die Unternehmergene aber wieder aktiv geworden, und ich habe schon in meiner frühen Jugend angefangen, Geschäfte zu machen. Nachdem der Computer und ich Freunde geworden waren, kam ich schnell auf die Idee, mein neues Wissen zu monetarisieren. Als die ersten CD-Brenner auf den Markt kamen, konnte man plötzlich selber CDs produzieren. Ein CD-Brenner war so groß wie vier Schuhkartons, sehr schwer, extrem empfindlich und vor allem sagenhaft teuer. Ich schlich wöchentlich mit leuchtenden Augen im Elektronikmarkt um ihn herum. Aber ich musste viele Monate programmieren, um mir das Investment leisten zu können.

      Irgendwann hatte ich das Geld dann zusammen – und kaufte mir einen eigenen CD-Brenner. Ein Rohling hat damals 30 DM gekostet, und jeder einzelne Brennvorgang war ein Abenteuer. Der PC musste perfekt auf den Brenner abgestimmt sein, jeder kleinste Stoß gegen den Schreibtisch war tödlich, und natürlich hat es ewig gedauert. Aber CDs waren eine Revolution! Während Disketten maximal 1,44 MB speicherten und es Stunden dauerte, über ein Modem den Inhalt von zwei bis drei Disketten zu übertragen, fassten CDs 650 MB, also über das 400-fache! Sicher, nicht alle Software, die ich auf diese CDs brannte, war legal. Aber wie gesagt: Ich hatte Spaß daran, den Kopierschutz der Großen zu knacken. Ich entwickelte sogar ein eigenes Mini-Programm für meine CDs, das einen interaktiven Katalog des Inhalts anzeigte und den Nutzer bei der Installation unterstützte. Das hat mich begeistert, 400-fache Speicherkapazität, der kleine Frank besiegt die Großen, indem er den Kopierschutz knackt, und er bietet auch noch einen zusätzlichen Wow-Effekt bei der Bedienung, wenn man die CD einlegt. Lizenzen, Rechte und Vertrieb interessierten mich als kleinen »Outlaw« nicht. Die Dinger habe ich dann für 100 DM das Stück an Freunde verkauft.

      Einen anderen »Coup« landete ich während meiner Ausbildung. Dort lernten wir C++, eine Programmiersprache. Ich sah im Bonner Kaufhof 30 Bücher über C++, die um 80 Prozent reduziert waren. Ich kaufte alle. Anschließend überzeugte ich den Lehrer, dass die Klasse mit exakt diesem Lehrbuch lernen solle. Also sollte sich die ganze Klasse dieses Buch anschaffen, vorzugsweise aus meinem Bestand. Ich gewährte einen kleinen Rabatt auf den empfohlenen Verkaufspreis, sodass jeder das Gefühl hatte, ein Geschäft gemacht zu haben. Eine Win-win-Situation für alle. Zu meiner Entschuldigung muss ich sagen, dass es wirklich ein sehr, sehr gutes Buch über C++ war. Insofern hatten alle etwas davon, sogar der Lehrer. Ich glaube, hier zeigte sich mein Macher- und Unternehmergen: Ich habe keinen großen Plan gehabt, sondern einfach aus einem inneren Impuls heraus gehandelt: an das Buch geglaubt, 300 DM riskiert, alle Beteiligten überzeugt, Gewinn gemacht und in das nächste Gadget investiert.

      Studium – nur eine Zwischenstation

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