Frank Thelen – Die Autobiografie. Frank Thelen

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etwas Leckeres zu essen für mich. Aber das sollte ja auch nicht ewig so weitergehen.

      Create Media

      Bonn, späte 1990er Jahre

      Ich hielt mich mehr schlecht als recht über Wasser, was eigentlich nicht zu verstehen war, denn das Geschäft brummte, ich arbeitete 60 bis 80 Stunden pro Woche, und meine Produkte kamen gut an. Nach circa zwei Jahren traf ich Severin Tatarczyk, der für Anwaltskanzleien und Arztpraxen die damals aufkommenden lokalen Netzwerke installierte und für Mitarbeiter Office-Schulungen anbot. Severin war ein deutlich besserer Geschäftsmann als ich und kannte, im Gegensatz zu mir, viele wichtige Bonner Geschäftsleute. Das ist aber auch kein Wunder, wenn man wie ich tagelang wie ein Rhesusäffchen im Labor nur in seiner Büro-Wohnung hockt und wie besessen vor sich hin programmiert! Ich konnte viel von Severin lernen. Er sah, glaube ich, das Potenzial in meinem Softwaretalent. Und so vollzog ich meinen ersten Merger: Seine proPC GmbH und meine Softer Solutions GmbH wurden zur Create Media GmbH & Co KG und wir 50/50-Partner. Ab jetzt wurde es ernst, da wir ganz offiziell ein Ein-Zimmer-Büro in Bonn bezogen. Mit eigenem Schild an der Tür – das ich heute noch als Erinnerungsstück habe. Ab jetzt mussten wir also jeden Monat Miete zahlen, laufende Kosten, die gedeckt werden wollten! Aber ich erinnere mich trotzdem noch sehr gerne und sehr genau an dieses Wahnsinnsgefühl: ein eigenes Büro, ein eigener Geschäftsbriefkasten mit eigener Adresse. Krass. Severin und ich ergänzten uns wirklich gut. Er war der Geschäftsmann und Netzwerker, und ich konnte mich aufs Programmieren konzentrieren. Unsere Create Media wuchs: Durch die Kombination von Severins Erfahrung und Netzwerk mit meinem Technik- und Designverständnis gewannen wir sehr schnell viele Kunden. Plötzlich hatten wir zehn Mitarbeiter, um alle Aufträge zu erledigen, und fünf Räume. Kunden besuchten uns – jetzt waren wir eine richtige Firma. Und es gab ein neues Geschäftsfeld: Internetseiten!

      Die Älteren werden sich erinnern: Fiepfiep, blinkblink – ein 14,4-K-Modem! Man musste jede Minute Online-Zeit bezahlen, die Websites bauten sich Zeile für Zeile langsam auf, der Rechner fuhr heiß, bis der Lüfter ansprang und ein lautes Gebläse das ganze Ding wieder kühlte, aber: Man war im World Wide Web. Das war neu, das war aufregend, und es gab viele Unternehmen, die jetzt eine eigene Website haben wollten, weil alle davon redeten und sie vielleicht das Potenzial witterten, aber keine Ahnung hatten, wie man das anstellen musste. Wir hingegen wussten das und waren eine der ersten Agenturen, die das komplette Paket anbieten konnten – und wir waren für damalige Verhältnisse echt gut.

      Ich entwickelte interaktive Seiten, zum Beispiel eines der ersten Content-Management-Systeme mit dem Namen Loom. Oder mit Photoweb eine der ersten Fotodatenbanken im Netz. Das war insofern abenteuerlich, als damals noch kaum jemand seine Fotos digitalisierte, geschweige denn in ausreichender Auflösung zu unserem Server übertragen konnte. Daher wurde unser Photoweb von einem Praktikanten via CD-Lieferung in unserem Keller manuell aktualisiert. Hallo.de war eine Flirt-Community, die ich an den Start brachte. Wahnsinn, wenn ich mir überlege, dass das Jahre vor Facebook war. Was hätte aus mir werden können…! Severin und ich wollten aber jetzt noch größer denken, wir eröffneten Büros in Berlin und München und holten einen dritten Partner an Bord: Sandor Rozsa, einen herausragenden Designer. Zu dritt hatten wir die wichtigen Themen unter Kontrolle und waren auf dem Weg, die Welt zu erobern. Unsere Zeit war gekommen!

      Twisd AG

      Bonn, ab 1997

      Bis jetzt hatten wir nur Produkte für andere entwickelt, also Auftragsarbeiten. Damit konnten wir unser wachsendes Team und die Büros finanzieren. Aber bald wollten wir endlich selbst das große Geld verdienen. Und das geht natürlich nur mit einem eigenen Produkt, das millionenfach verkauft wird. Jetzt wird es kurz ein wenig technisch, aber ich versuche, es verständlich zu halten: Unsere Idee war eine Kombination aus allem, was wir bisher gelernt hatten. Für die Experten: Lokale Netzwerke (LAN, Local Area Network), Web-Applikationen und Design.

      Wir entwickelten eine kleine Box, die lokale Netzwerke mit dem Internet verband und alles drum herum regelte: LIC, das stand für LAN Internet Connect.

Frank Thelen steckt ein Netzwerk Kabel in einen Server

      Damals musste man noch teure Server kaufen

      Heutzutage ist das Standard und auf einem kleinen Chip zu haben. Damals war das spektakulär: Jedes kleine Büro bis zum Mittelständler konnte seinen Internetzugang selber administrieren. Es gab keine komplizierten Zugangsschranken, und man brauchte keine Techniker mehr! Und das alles mit einer attraktiven und leicht verständlichen Benutzeroberfläche, hinter der sich eine ziemlich komplexe Software versteckte. Die Idee und Umsetzung war für damalige Verhältnisse genial, das musst du mir jetzt einfach mal glauben. Auch heute bin ich noch überzeugt davon, dass wir ein sehr gutes Produkt hatten. Aber um die Welt zu revolutionieren, braucht man Geld. Wir zogen mit unserem LIC los – und wer ein bisschen Verständnis für Computer und Netzwerke mitbrachte, war davon auch sehr schnell begeistert. Ein Bonner Kapitalgeber stellte uns 1,4 Millionen DM Venture Capital bereit, um das Produkt zur Marktreife zu bringen.

      Hurra! An der Börse war gerade die Zeit des Neuen Markts. Firmen wie Intershop, EM.TV oder Infineon elektrisierten die Anleger. Und die Idee war brillant: Man wollte junge Unternehmer an die Börse bringen, um ihnen die Chance zu geben, am Kapitalmarkt Investoren von sich zu überzeugen und so zu wachsen. Pro Woche gab es mehrere Börsengänge, und es war keine Ausnahme, dass eine Aktie am ersten Handelstag um 100 Prozent nach oben schoss. Wer zum Beispiel im Oktober 1997 für 3.500 DM EM.TV-Aktien gekauft hatte und behielt, besaß wenige Monate später auf dem Papier Aktien im Wert von 1,2 Millionen DM. Es war ein regelrechter Hype, keiner wollte den Zug verpassen. Deshalb wurde auch in Aktien investiert, deren Unternehmen noch kein funktionierendes Produkt hatten und schon gar nicht erklären konnten, wie sie bald sehr viel Geld verdienen würden. Das war alles eine große Wette auf die Zukunft. Ich war damals in der Firma nicht CEO, sondern CTO, also für die technischen Produkte verantwortlich, das Geschäft machten andere. Aber es sollte auch für uns an die Börse gehen – und ich hatte nichts dagegen! Junge Unternehmer wie Lars Windhorst, Stephan Schambach von Intershop oder die Haffa-Brüder von EM.TV ließen es krachen – und mir gefiel der Gedanke, irgendwie und irgendwann dazuzugehören. Mit dem Geld vom Kapitalgeber sollte sowohl der Börsengang vorbereitet als auch das Produkt entwickelt werden. Mit dem Börsengang würden dann weitere Millionen eingenommen werden, das war der Plan. Es war eine verrückte Zeit!

      Software-Architektur und Technologie waren meine Leidenschaft, und jetzt konnte ich eine komfortable Anzahl von Entwicklern einstellen und mit ihnen Tag und Nacht an meinem Produkt arbeiten. Wir hatten die schnellsten und teuersten PCs und die besten Server. Wir saßen in fancy Büros mit der feinsten Kaffeemaschine und dazu abgestimmten italienischen Bohnen. Wir tranken Cola light ausschließlich aus den kleinen Flaschen. Klar, die großen waren günstiger, aber wen juckte das schon. Keiner fragte nach Umsätzen – und so etwas wie Gewinne erschien sogar uncool. Es ging um große Storys, um Technologie, um Marktführerschaft. »Fantasie« war das Wort der Stunde. Da ist »Fantasie« drin. Hat das Produkt »Fantasie«? Hat die Aktie »Fantasie«? Dann war sie heiß. Unser Produkt hatte Fantasie, aber Hallo.

      Man las von irren Parties, von Superyachten auf den Malediven und Privatjets auf der eigenen Insel in der Karibik. Es gab einen vorbestraften Hacker namens Kim Schmitz – aka Kim Dotcom oder Kimble – der angefangen hatte wie ich, nämlich mit dem Knacken von Computerspielen. Mittlerweile hatte er sich einen zweifelhaften Ruf als »Berater« erworben, indem er zunächst die Firewalls großer Firmen knackte und sich im Anschluss von diesen Firmen einen hochdotierten Vertrag geben ließ. Nach eigenen Angaben hatte er 500 Millionen Euro verdient, was ihm offenbar ermöglichte, sich mit leicht bekleideten Mädchen im Whirlpool ablichten zu lassen, Helikopter zu chartern und beim Großen Preis von Monaco eine Loge für sich zu buchen. Später waren ihm erst die Staatsanwälte und dann sogar das FBI auf den Fersen.

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