Der Histamin-Irrtum. Sascha Kauffmann

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Der Histamin-Irrtum - Sascha Kauffmann

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Tryptase

      • Serotonin

      • ECP

      • Leukotriene

      • Chromogranin A

      Insgesamt gehen Forscher von mehreren Hundert Botenstoffen aus. Histamin hat unter allen jedoch eine herausragende Stellung. Es ist nicht nur die häufigste, sondern auch die biologisch stärkste Substanz in den Mastzellen. Da eine Histaminfreisetzung starke Auswirkungen haben kann, darf diese nicht ohne triftigen Grund erfolgen. Daher hat die Natur dafür gesorgt, dass es extra gesichert ist. Es sitzt in kleinen Bläschen abgekapselt und durch das Spurenelement Zink gekettet an Heparin in der Mastzelle.

      Das Histamin im Gehirn ist ein Neurotransmitter und wird von spezialisierten Nervenzellen und Mastzellen im Hypothalamus gebildet. Wissenschaftler vermuten zudem, dass Histamin auch aus dem Blutkreislauf über die (intakte) Bluthirnschranke ins Gehirn übertreten kann.

      Aus der Forschung wissen wir, dass Histamin für folgende Funktionen im Gehirn mitverantwortlich ist:

      • Schlaf-Wach-Rhythmus

      • Lernfähigkeit und Gedächtnis

      • Belohnung

      • Nahrungsaufnahme (Hunger/Durst)

      • Angst und Erregung

      • Thermoregulation

      • Konzentration

      Histamin ist einer der wichtigsten Neurotransmitter im zentralen Nervensystem, kann aber über lange Nervenfasern (Axone) seinen Einfluss auch im peripheren Nervensystem entfalten. Du kennst sicherlich andere Neurotransmitter wie Serotonin, Dopamin, Acetylcholin oder GABA. Histamin steht in enger Kommunikation mit diesen und hat so großen Einfluss auf deine Emotionen, deine Konzentration und deinen Antrieb. Diesem Aspekt von Histamin wird in der Medizin, vor allem in der Neurologie und Psychiatrie, noch viel zu wenig Beachtung geschenkt. Dr. William Walsh, ein Schüler von Dr. Carl Pfeiffer, forscht in Chicago zum Einfluss von Histamin auf die Entstehung und den Verlauf von Depressionen, Angststörungen, Zwängen und schweren Psychosen. Wir durften ihn in Chicago persönlich kennenlernen und waren von seinen fundierten wissenschaftlichen Studien sehr beeindruckt. Seine Erkenntnisse prägen unsere Praxisarbeit.

      Da Histamin überall in der Natur vorkommt, finden wir es auch praktisch in jedem Lebensmittel. Auch wenn einige Obst- und Gemüsesorten, etwa Tomaten, Spinat, Avocados, Erdbeeren und Zitrusfrüchte von Natur aus einen relativ hohen Histamingehalt haben, führen vor allem Verarbeitungsprozesse wie Gärung, Konservierung und Reifung dazu, dass sich der Histaminanteil erhöht. Typische Histamin-Bomben sind zum Beispiel diese:

      • Essig

      • lange gelagerte Nüsse

      • Dosenfisch und Dosenfleisch

      • Salami und andere verarbeitete Wurstwaren

      • lange gereifter Käse, zum Beispiel Roquefort, Parmesan

      • Ketchup

      • Alkohol, besonders Rotwein, Sekt und Champagner

      • Fertigsaucen

      • Convenience Food

      • Fast Food

      Der Anteil an Histamin schwankt allerdings sehr stark, da es ein Naturstoff ist. Auch aus diesem Grund machen Nahrungsmittellisten wenig Sinn. Die durchschnittliche Ernährung hat infolge der zunehmenden Industrialisierung der Lebensmittelbranche heute einen sehr hohen Anteil an Histamin. In der Nahrung unserer Vorfahren kamen die Mengen, wie wir sie heute täglich verzehren, nicht vor. Es gab kein Dosenfutter, Ketchup, Convenience und Fast Food. Für die Wintermonate wurde Gemüse eingelegt, ansonsten aß man frisch, regional und vor allem unverarbeitet. Als im 19. Jahrhundert die ersten Fischkonserven auf den Markt kamen, gab es bald auch die ersten Berichte über entsprechende »Vergiftungen«.

      Auch wenn wir bei allen Histaminosen zunächst einmal eine histaminarme Kost empfehlen, ist bei systemischen Histamin-Erkrankungen das Mastzellen- und Gehirn-Histamin das Problem, und nicht das Nahrungs-Histamin. Die häufig ausgesprochene Empfehlung, sich histaminarm zu ernähren, kann nicht das Ende der Therapie sein, sondern nur der Anfang. Das Ziel muss es sein, Ernährungseinschränkungen möglichst überflüssig werden zu lassen.

      Wenn Histamin seine Mission erfüllt hat, muss auch wieder Ruhe in den Organismus einkehren. Dafür gibt es zwei Enzymgruppen, die überschüssiges Histamin abbauen:

      • Diaminoxidasen (DAO)

      • Histamin-N-Methyl-Transferasen (HNMT)

      Diese Enzymgruppe wird vor allem in der Dünndarmschleimhaut gebildet und in das Darmlumen abgegeben. Dort patrouillieren die DAO auf der Suche nach Arbeit auf und ab. Sie bestehen überwiegend aus Kupfer und benötigen als Cofaktoren Vitamin B6 (Pyridoxal-5-Phosphat), Zink und ein wenig Mangan. Sind sie gut versorgt, bauen sie anflutendes Histamin aus der Nahrung oder auch aus Darmbakterien in der Regel zuverlässig zu Imidazol-Acetaldehyd ab, welches nach einem weiteren enzymatischen Schritt als Imidazol-Essigsäure über den Urin ausgeschieden wird. Eigentlich war Histamin für die DAO in den vielen Jahren der Evolution nicht die hauptsächliche »Beute«. Sie waren in erster Linie für die Entsorgung anderer, für uns schädlicher biogener Amine zuständig, nämlich:

      • Cadaverin

      • Spermidin

      • Putrescin

      Diese Substanzen entstehen beim Verderb von Lebensmitteln. In den Jahrtausenden der Evolution ohne Kühlschrank und Gefrierfach war die DAO unser Schutz vor einer häufig tödlich verlaufenden Lebensmittelvergiftung. Daher waren DAO-Enzyme auch in vielen Jahren eher histaminarmer Ernährung nie arbeitslos. In unseren modernen Zeiten mit Smart-Kühlschränken mussten sich die Darm-Diaminoxidasen neu anpassen und umlernen. Mangels relevanter Mengen anderer biogener Amine überwachen sie jetzt quasi nur noch den Histaminabbau im Darm.

      Ein weiteres wichtiges Betätigungsfeld der DAO ist die Gebärmutter und während der Schwangerschaft auch die Plazenta. In beiden Organen befinden sich viele Mastzellen. Ihre Zahl und Aktivität schwankt unter dem Einfluss von Östrogen und Progesteron. Während der monatlichen Blutung, bei der Gewebe der Gebärmutterschleimhaut abgestoßen wird, wird Mastzellen-Histamin in die Gebärmutterhöhle freigesetzt und dort von der DAO abgebaut. Ein zu hoher Histaminspiegel in der Gebärmutter und in der Plazenta kann Frühwehen auslösen, dies gilt es zu verhindern. Zudem muss auch der Fötus selbst vor zu viel Histamin geschützt werden. Aus diesem Grund steigt im Verlauf der Schwangerschaft die Anzahl der DAO-Enzyme bis zu 300-fach an. Dieser Effekt tritt allerdings erst etwa ab der 13. Schwangerschaftswoche ein. Wir kommen

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