Der gläserne Fluch. Thomas Thiemeyer

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Der gläserne Fluch - Thomas Thiemeyer Die Chroniken der Weltensucher

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Wallenberg.«

      »So?«

      »Ganz recht. Mein Name ist von Humboldt. Schon seit einer ganzen Weile. Alexander war mein Vater, aber vielleicht haben Sie das nicht mitbekommen. Die mathematische Fakultät war schon immer ein wenig langsam.«

      Vereinzelt erklang Gelächter.

      Wallenbergs gerötete Wangen wurden eine Spur dunkler.

      »Ich habe so etwas läuten hören«, erwiderte er mit Blick auf seine perfekt manikürten Hände. »Ich konnte nur nicht glauben, dass der alte Knabe mit achtzig noch ein gesundes Kind gezeugt haben soll.« Er kippte den letzten Rest Wein in seinen Schlund und ließ sich nachschenken. »Aber Alexander von Humboldt war eben ein großer Mann.«

      Oskar hielt den Atem an. Wallenberg schien nicht zu wissen, in welcher Gefahr er sich befand.

      Doch Humboldt blieb erstaunlich ruhig. Immer noch lächelnd sagte er: »Das war er in der Tat. Gegen ihn sind wir nur Eintagsfliegen. Und was Ihre Frage betrifft: Ja, ich biete meine Dienstleistungen Firmen oder Privatpersonen an, wenn diese ein ungewöhnliches Problem haben. Zwei Fälle konnten wir schon zur vollen Zufriedenheit aller Beteiligten lösen. Jetzt arbeiten wir wieder an einem neuen Fall. Wenn Sie ein Problem haben, ich stehe Ihnen gern zu Diensten.«

      »Nein, nein. Vielen Dank.« Wallenberg winkte ab. Sein Backenbart war gesträubt und beim Sprechen flogen kleine Speicheltropfen durch die Luft. »So weit kommt’s noch, dass ich meine Aufgaben von einer Gruppe Schausteller erledigen lasse. Ich finde es schon unerhört, dass uns zugemutet wird, am selben Tisch mit einer dunkelhäutigen …«

      Weiter kam er nicht. Er hatte sich halb aus seinem Sitz erhoben, als er unvermutet abbrach und mit großen Augen in die Runde starrte. Er sah aus, als hätte er eine Gräte verschluckt.

      »Herr Dekan?« Gertrud Bellheim blickte besorgt auf ihren Gast. »Geht es Ihnen nicht gut?«

      »Ich …« Wallenberg sank zurück. Er schien mitten im Satz vergessen zu haben, was er eigentlich sagen wollte.

      Oskar warf einen verborgenen Blick zu Eliza hinüber. Die Haitianerin hielt Wallenberg mit ihren geheimnisvollen dunklen Augen gefangen. Oskar sah, dass sie stumme Worte murmelte und dabei ganz unauffällig mit der Hand über ihr Amulett strich.

      Wallenberg setzte noch einmal an, doch dann schüttelte er verwirrt den Kopf. »Tja, es scheint, ich habe vergessen, was ich eigentlich sagen wollte.«

      »Sicher zu viel Wein«, sagte Humboldt. »Das ist gar nicht gut bei Ihrem hohen Blutdruck.«

      »Ja, vermutlich haben Sie recht.« Wallenberg ließ sich ein Glas Wasser einschenken und trank es gierig aus. »Schon viel besser«, sagte er. »Vielen Dank. Und falls ich eben irgendwie ausfallend geworden bin, so bitte ich das zu entschuldigen. Was ich eigentlich sagen wollte, war, dass ich Ihnen viel Glück bei Ihren Unternehmungen wünsche und dass Sie bald wieder in die Dienste unserer Universität treten mögen.«

      »Diesem Wunsch schließe ich mich von Herzen an«, sagte Frau Bellheim, sichtlich überrascht, dass das Gespräch eine so unerwartete Wendung genommen hatte. Wie alle am Tisch schien sie damit gerechnet zu haben, dass es gleich zu einer unangenehmen Auseinandersetzung kommen würde. »Mit Ihrer Erlaubnis würde ich die Tafel gern auflösen und Sie zu einem kleinen Punsch in den Salon bitten. Dort erwarten Sie Musik und Tanz.« Sie stand auf und klatschte in die Hände. Im Nu eilte das Dienstpersonal herbei, half den Gästen beim Aufstehen. Nicht wenige hatten schon sichtbare Schlagseite.

      Als alle drüben waren, fragte Oskar: »War das eben dein Werk, Eliza?«

      »Was meinst du?«

      Er deutete auf den dicken Mann mit dem Backenbart, der sich bereits wieder eifrig Punsch einschenken ließ.

      »Ach das.« Sie lächelte bescheiden. »Ein klein wenig Magie aus meiner Heimat.«

      »Das hast du sehr gut gemacht«, flüsterte Humboldt. »Wer weiß, was geschehen wäre, wenn dieser Idiot weitergeredet hätte. Danke.« Er drückte ihr einen flüchtigen Kuss auf das pechschwarze Haar. »Wie sieht’s aus? Möchtest du tanzen?«

      »Ich dachte, du fragst nie.« Sie streckte ihm ihre Hand hin und gemeinsam gingen sie zu den Klängen eines Walzers in das angrenzende Zimmer hinüber.

      10

      Es war kurz vor halb zwölf, als Oskar völlig erschöpft nach einer kleinen Pause verlangte. Er hätte es nie für möglich gehalten, dass Tanzen ihm so viel Spaß machen würde. Er war wahrhaftig kein geübter Tänzer, aber Charlotte war nachsichtig und beklagte sich nicht, wenn er ihr mal auf den Fuß trat oder aus dem Takt kam. Außerdem war er glücklich, dass sie ihm den kleinen Zwischenfall neulich im Treppenhaus nicht übel nahm. Zwischen ihnen war alles wie zuvor, außer dass er immer noch nicht erfahren hatte, was Charlotte mit all den Dokumenten vorhatte. Doch darüber wollte er sich heute Abend nicht den Kopf zerbrechen. Er war außer Atem und sein Herz schlug wild.

      »Na, ihr beide scheint euch ja prächtig zu amüsieren.« Eliza lächelte. »Passt nur auf, dass euch nicht schwindelig wird.« »Charlotte scheint überhaupt nicht müde zu werden«, keuchte Oskar. »Ich habe mich eigentlich immer für gut trainiert gehalten, aber mit ihr kann ich nicht mithalten.« Er blickte zu seiner Cousine hinüber, die gerade mit einem älteren Herrn eine Mazurka tanzte.

      »Ja, sie ist tatsächlich sehr sportlich.« Der Forscher gab ein verlegenes Räuspern von sich. »Darf ich trotzdem deine Gedanken auf unseren Auftrag lenken?«

      »Mmh?« Oskar fiel es schwer, sich von dem Anblick loszureißen.

      »Es geht um etwas, das Frau Bellheim mir während des Vortrags ihres Mannes erzählt hat.«

      Oskar hörte nur mit halbem Ohr hin, aber er sah ein, dass er den Forscher nicht länger ignorieren konnte.

      »Und um was ging es?«

      »Sie erwähnte ein Tagebuch, das ihr Mann angeblich in Afrika dabeihatte. Sie erwähnte zwei Begriffe. Der eine lautete Dogon und der andere Meteorit.«

      Oskars Interesse war plötzlich erwacht. »Ein Meteorit? Ein Gesteinsbrocken aus dem Weltall?«

      »Ganz recht.« Humboldt blickte zu allen Seiten, um sicherzugehen, dass sie nicht belauscht wurden. »Es gibt da etwas, das ich dir zeigen möchte. Komm mit.«

      Oskar folgte Humboldt und Eliza ins Nebenzimmer.

      »Hier herüber.« Humboldt winkte ihn zu einer großen Vitrine mit aufwendigen Bleiglaselementen. Das Stück sah ungeheuer alt und wertvoll aus.

      »Was ist damit?«, wollte Oskar wissen.

      »Schau dir das mal genau an. Fällt dir irgendetwas daran auf?«

      Oskar trat näher. Auf den ersten Blick wirkte die Vitrine makellos und erlesen, doch beim genaueren Hinsehen stellte sich heraus, dass etliche der Scheiben gesprungen oder zersplittert waren. Viele der gläsernen Einlegearbeiten fehlten oder waren zerstört. Eine Stelle war besonders seltsam. In einer der Scheiben klaffte mittendrin ein rundes Loch. Die Ränder sahen irgendwie geschmolzen aus. Als er den Forscher fragend ansah, nickte dieser.

      »Seltsam, nicht wahr? Wie reingeätzt.«

      »Was

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