Morgen ist alles besser. Annemarie Selinko

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Morgen ist alles besser - Annemarie  Selinko

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mich?« Toni lacht. »Du meinst, ich soll dem Fräulein Clarisse sagen, dass sie dich hier besuchen darf. Bis jetzt hab ich nämlich allen Leuten, die bei uns angerufen haben, verboten, herzukommen. Ich glaub, du warst sehr krank, Friedl.«

      »Nein, ich hab mich nur für dich rasieren lassen. Obwohl ich sehr müd war. Ich bin überhaupt so schrecklich müd …«

      Und nach einer kleinen Pause: »Anton, wenn du von hier fortgehst, sollst du mich richtig in Erinnerung behalten. So, wie ich immer war, nicht ungepflegt mit einem Stachelkinn …«

      Friedl lächelt. Sein Lächeln ist anders geworden. Fern, als ob er nicht ganz bei der Sache wäre.

      »Nicht wahr, heut hast du kein Fieber mehr?«, redet Toni weiter. »Der Fekete schickt Empfehlungen. Denk dir, jetzt kocht er für sich jeden Tag Knoblauchsuppe. Er sagt, dass Knoblauch für Männer mit vierzig Jahren sehr gesund ist, man verkalkt nicht so schnell. Glaubst du, dass wir beide auch Knoblauchsuppe essen sollen, damit –«

      »Der Herr Rittmeister ist noch etwas schwach, man soll nicht so viel sprechen«, lässt sich der Egger Josef vernehmen. Toni unterbricht ganz erschrocken.

      »Lassen Sie nur«, sagt Friedl mit seiner leisen, fernen Stimme, »ich wollte dir so viel sagen, Anton, jetzt hab ich es vergessen, es wird mir wieder einfallen – nur wegen der Erinnerung hab ich mich rasieren lassen, für dich, Anton –«

      »Du sollst sicherlich nicht viel sprechen, Friedl«, ermahnt Toni, »es ist vielleicht besser, wenn ich schon fortgehe.«

      »Bleib nur, Anton, bleib hier sitzen – ich bin sehr müd, ich werde wieder einschlafen, aber du bleibst hier sitzen, ja, Anton?«

      Bleibt die Toni also sitzen und sieht dem Friedl zu, wie er schläft. Man hört ihn kaum atmen, es ist beinahe unheimlich, wie still er daliegt.

      »Fräulein Huber«, flüstert der Egger Josef, »ich möchte Ihnen etwas sagen.«

      Toni steht leise auf und setzt sich gewohnheitsmäßig auf die Bettkante. Er sollte nicht so laut flüstern, denkt sie, sonst weckt er noch den Friedl auf. »Ja, was gibt’s denn, Herr Egger?«

      »Ich komm weg von hier, Fräulein Huber«, flüstert der Egger Josef.

      Verständnislos blickt ihn Toni an. »Weg? Wieso weg?«

      »Wenn die Besuchsstunde aus ist, werde ich in ein anderes Zimmer gebracht. Die Schwester Mathilde hat mir’s gesagt«, zischelt er und macht ein Verschwörergesicht. Denn die Schwester Mathilde hat ihm sicherlich ein Amtsgeheimnis verraten.

      »Ja, aber warum denn? Ich hab mich immer für Friedl gefreut, weil er einen so netten Zimmerkameraden hat, und jetzt –«

      Während Toni spricht, denkt sie aufgeregt nach. Sie bringen den Egger fort, wahrscheinlich hat sich sein Zustand stark verschlechtert, sicherlich bringen sie ihn fort, damit der Friedl nicht sieht, dass der Egger, mein Gott, der arme Herr Egger, man merkt ihm eigentlich gar nichts an, sein rosarotes, rundes Gesicht sieht doch nicht nach Sterben aus. Trotzdem: Neulich erst hat sie den Doktor Honig gefragt, was mit den Sterbenden geschieht. Es muss doch für andere Kranke entsetzlich sein, wenn ein Mensch im Nachbarbett mit dem Tod ringt. Und der Doktor Honig hat ihr erklärt, dass man sich hier sehr bemüht, Sterbende abzusondern. Sie werden in ein anderes Zimmer gebracht, zum Beispiel in ein Zweibettzimmer. Und wenn man weiß, es dauert nicht mehr lang, dann lässt man sie in dem Zimmer allein. Und jetzt, der arme Egger Josef mit der Gelenkentzündung, ob er ahnt, warum sie ihn wegbringen?

      »Wissen Sie schon, wohin man Sie bringt?« Sie bemüht sich sehr, kein allzu teilnahmsvolles Gesicht zu zeigen.

      »Ich glaube, in ein Zimmer, in dem noch zwei andere liegen. Eine Rippenfellentzündung soll dort sein und eine rätselhafte Lähmungserscheinung. Aber ich weiß nichts Genaues«, flüstert der Egger Josef weiter. Natürlich weiß er nichts Genaues, Gott sei Dank, denkt die Toni, sie werden ihn im neuen Zimmer allein lassen.

      »Und wer kommt hierher, zum Friedl?«, will sie wissen.

      »Ja das … das weiß ich nicht, ich hab vergessen, die Schwester Mathilde zu fragen«, stottert der Egger Josef. Aber jetzt flüstert er sehr eilig weiter: »Ich wollte mich nämlich von Ihnen verabschieden, Fräulein Huber, deshalb hab ich Ihnen alles gesagt.«

      Die Toni ist sehr gerührt und sehr verlegen.

      »Der Friedl wird sicherlich nicht mehr lang hier sein, aber ich komme Sie trotzdem bald einmal besuchen«, verspricht sie.

      Jetzt wird der Egger Josef sehr gerührt und sehr verlegen, die Toni weiß gar nicht warum.

      »Ich wollte Ihnen nur sagen, dass – falls Sie nämlich einmal was brauchen, ich meine, jetzt gehen Sie ja noch in die Schule, aber nach der Schule, wenn Sie nicht wissen, was Sie anfangen sollen – es ist heut so schwer mit den Stellungen, Sie werden auch einen Posten suchen, nicht wahr? Also, da wollte ich Ihnen sagen, dass Sie mich immer in der Radiogesellschaft erreichen, in der technischen Abteilung, ich meine, wenn Sie keine Stellung finden und Sorgen haben –«

      Mein Gott, warum soll ich Sorgen haben, denkt die Toni. Der Friedl wird mir schon eine Stellung verschaffen.

      »Wissen Sie, ich bin dort nur ein kleiner Beamter, aber man erfährt doch allerlei in so einem Betrieb, man horcht herum, unsereiner erfährt schon, wenn sie oben im Präsidium jemanden suchen, eine Hilfskraft oder so was – Fräulein Huber, ich möchte gern wissen, wie es Ihnen gehen wird, nach der Schule, und deshalb, vergessen Sie den Pepi Egger nicht und lassen Sie sich einmal bei mir in der Radiogesellschaft anschauen, Sie brauchen nur dem Portier sagen, Sie wollen zu mir, er lässt Sie schon hinein.«

      So. Dem Egger Josef ist jetzt viel leichter. Er hat sich schon den ganzen Vormittag den Kopf zerbrochen, wie er es ihr sagen soll. Und jetzt ist es doch irgendwie gegangen.

      »Alles Gute, Herr Egger«, sagt die Toni und steht auf. Sie möchte ihm gern die Hand drücken, man kann doch einem Mann, den man zum letzten Mal sieht, nicht einfach »Leben Sie wohl« sagen, man müsste ihm männlich fest und treuherzig die Hand drücken. Aber das geht nicht, der Egger Josef würde sich über einen festen Händedruck nicht freuen, der Arme hat doch solche Gelenkschmerzen.

      Zum Glück steckt die Schwester schon den Kopf zur Tür herein: »Besuchsstunde zu Ende!«

      »Grüß Gott, lieber Herr Egger«, murmelt Toni und wendet sich schnell wieder zum Bett vom Friedl. Friedl schläft noch immer, er hat sich gar nicht gerührt, man muss sich tief über ihn neigen, um seine Atemzüge zu sehen. Etwas beschämt, weil sie so gesund ist, geht Toni leise aus dem Zimmer.

      Draußen auf dem Gang geht gerade ein junger Hilfsarzt vorüber. Vor dem hat Toni weniger Angst als vor den älteren Ärzten, er ist sicherlich noch kein sehr hohes Tier, denn er grüßt sie immer höflich, wenn er ihr im Hof oder hier im Gang begegnet. Deshalb traut sie sich; sie läuft ihm nach und ruft: »Herr Doktor, bitte – Herr Doktor!« hinter ihm her.

      Er bleibt stehen.

      »Bitte schön, Herr Doktor, ich bin die Tochter von dem einen Herrn von Nummer 17b, vom Rittmeister Huber, und ich wollte fragen, wann ich meinen Vater nach Hause nehmen darf.«

      Der junge Doktor macht Stirnfalten und sieht nachdenklich bedeutsam zu Boden: »Tja«, macht er, und dann wieder »Tja, ich meinte, tja –«

      »Er hat nämlich kein Fieber mehr, Herr Doktor,

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