Adler und Leopard Teil 1. Peter Urban

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Adler und Leopard Teil 1 - Peter Urban

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ließ. "Ah, unser unbesiegbarer General! Der Held von Assaye! Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Sir Arthur. Möchten Sie unser Krankenhaus ansehen? Ihre Armeehospitäler können hier viel lernen!" Arthur schmunzelte: " Leider verstehen sich die meisten Feldscher am besten aufs Amputieren."

      " Ja, ja, junger Freund“, schmunzelte McGrigor, “bei Migräne schneiden meine militärischen Kollegen den Patienten gleich den Kopf ab. Eine schnelle und sichere Methode. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich dieser Tage von Dr.Lennox dazu verleiten ließen, mit mir und meinen Assistenten zu speisen. Am Lehrstuhl natürlich. Indien ist sicher voll mit schrecklich interessanten Krankheiten. Sie müssen uns alles genau schildern und wir laden einen Freund ein, der sich mit dem neuen Fachgebiet der Tropenmedizin beschäftigt und erfreut sein wird, aus erster Hand zu erfahren, woran man in der Kolonie so alles sterben kann..." McGrigor verabschiedete sich leicht zerstreut und überließ es Sarah, Arthur herumzuführen. “Tut mir leid, mein Lieber! Mac wollte Dich nicht provozieren, aber die Medizin ist nun mal...“ Arthur wiegelte ab. “Lass nur, ich hab ihn schon richtig verstanden und Du kannst Deinem Chef sagen, dass ich seine Einladung gerne annehme, um Euch über Indien zu erzählen. Wenn es vielleicht irgendwann einmal hilft, irgendeinem Rotrock die Haut zu retten...“ Er konnte durchaus über seinen Krieg auf dem Subkontinent sprechen, wenn er einen tieferen Sinn darin sah, sich an die Geister der Vergangenheit zu erinnern. Er war sichtlich beeindruckt von der Organisation des Hospitals und vom Eindruck, den die Patienten machten. In Indien hatte er nach einer unglücklichen und außergewöhnlich schmerzhaften Erfahrung die Feldscher und anderen Ärzte, die mit den Soldaten zogen lieber gemieden und darauf vertraut, dass die Natur ihr Werk tun würde. Der Sanitätsdienst der britischen Landstreitkräfte war dafür berüchtigt, dass er mehr Soldaten umbrachte, als der Feind.

      "Den dritten Stock zeige ich Dir nicht, mein Lieber”, sagte Sarah und schob Arthur in Richtung ihres Büros, “da liegen nämlich die schweren Fälle. Das ist nichts für einen Gentleman!”

      "Ich habe in Indien nicht nur Rosengärten gesehen!", bemerkte der Soldat belustigt.

      "Für heute reicht es! Lasse uns nach Hause reiten, Arthur. Wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann nimmst Du unsere Einladung an und kommst nach Richmond Palace, genauso, wie früher! Das ist besser, als in irgendeiner Absteige der Armee zu hausen.“ bemerkte Sarah, “Und du kennst dich hier doch gar nicht mehr aus.“ Dann fügte sie ohne böse Absichten aber völlig undiplomatisch hinzu: “Deine komische Familie benimmt sich Dir gegenüber ja immer noch genauso miserable, wie damals! Na ja, darüber dürftest Du inzwischen hinweg sein!“ Arthur seufzte. Es hatte eine Zeit gegeben, da hätte ihn eine Aussage dieser Art tief getroffen. Einen kurzen Augenblick lang - in Kalkutta - hatte er tief in seinem Inneren gehofft, die Uhren vielleicht zurückdrehen zu können und neu anzufangen. Doch Richard hatte ihm bewiesen, dass die Kluft zwischen ihnen unüberwindlich war: Auf der einen Seite diejenigen, die um der Macht willen bereit waren jeden zu verraten, auf der anderen die, die zu naiv oder zu dumm waren, um sich zu wehren. Er hatte einfach Abstand zwischen sich und seine Familie gebracht; Henry stand ihm zwar irgendwie nahe und sie mochten sich auch, aber der Benjamin der Wellesleys führte inzwischen sein eigenes Leben und hatte seine eigene Familie gegründet. Gerald, den Zweitältesten und William, der bereits mit drei Jahren von einem entfernten kinderlosen Verwandten adoptiert worden war kannte er kaum. Und seine Mutter hatte ihn - das vorletzte Kind - weggeworfen, wie einen alten Lumpen, als er gerade einmal zwölf Jahre alt gewesen war und sein geliebter Vater starb. Arthur wollte nichts von diesen Menschen, deren Namen er trug und er hoffte, dass sie alle vernünftig genug waren, auch ihn in Ruhe zu lassen. Sarah spürte, dass sie in ein Fettnäpfchen getreten war. Sie schimpfte sich innerlich einen Esel und wechselte rasch das Thema. “Ich habe heute nichts Dringendes mehr zu tun. Das Wetter ist viel zu schön, um Dir und mir die gute Laune mit meinen hoffnungslosen Fällen zu verderben. Es gibt einen hübschen Weg von hier ins West End, entlang der Themse und dann setzen wir uns zuhause gemütlich auf die Terrasse und trinken eine Tasse Tee. Dabei kannst Du mir dann ausführlich von Deinem abenteuerlichen Tag in den Gängen der Macht rund um Whitehall erzählen. Na, ist das ein Vorschlag. " Sie zog ihren weißen Kittel aus und brachte ihn ins Ärztezimmer. Dann kam sie mit einer schwarzen Arzttasche zurück und beide verließen das Gebäude. Gemeinsam ritten sie ins West End, während Arthur von dem Treffen mit Castlereagh berichtete. " Und nun machst Du Dir Sorgen?" Sarah schüttelte den Kopf. Die Information über Richards Abberufung hatte sie bereits vor einigen Monaten von ihrem Vater erhalten. Er vertrat eine ähnliche Position, wie der Kriegsminister und wollte, genauso wie Castlereagh vermeiden, dass Arthur sich um seines ältesten Bruders Willen unnötig Feinde schaffte.

      „George,“ unterrichtete die Herzogin von Richmond höflich den Major Domus der Familie, “General Wellesley wird für einige Zeit unser Gast sein. Veranlassen Sie doch bitte, dass man seine Sachen nach Richmond Palace bringt und sagen sie den Mädchen, man möge das blaue Zimmer für unseren lieben Freund herrichten!“ Sie übergab dem Bediensteten ein Papier, auf dem Arthurs aktuelle Adresse stand. Dann wandte sie sich ihrer Tochter und ihrem Gast zu.“ Es ist eine wirklich kluge Entscheidung hier bei uns zu wohnen, so wie Du es früher immer getan hast, Arthur!“

      Der Offizier zog den Mantel aus und reichte ihn einem anderen Bediensteten. Dann sah er sich in der großen Halle um. Die Eichentäfelung erreichte eine Höhe von fast drei Metern und war mit düsteren Familienporträts bedeckt, die in schweren, vergoldeten Rahmen mit allerlei Schnörkeln steckten. Das Gold schimmerte im Schein des Kronleuchters. Der Raum lag durch das Holz in einem dämmrigen Halbdunkel. “Hier hat sich absolut nichts verändert, Mylady! Es ist gut, nach so langer Zeit an einen vertrauten Ort zurückzukehren und zu Menschen, die ...“

      Georgiana legte ihm freundschaftlich den Arm um die Schultern und führte ihn zu einem kleinen Wintergarten mit Blick auf die Themse. Sie kannte Arthur, seit er das Licht der Welt erblickt hatte und sie empfand für ihn eine ähnliche Zuneigung, wie für ihre eigenen Kinder. Ganz leise und kaum hörbar für Sarah, die ein paar Schritte hinter ihnen ging, konstatierte sie wissend. “Du hast eine schwere Zeit hinter Dir mein Junge, nicht wahr? Du hast Dich äußerlich sehr verändert, aber Deine Augen sprechen immer noch Bände!“ Arthur nickte und lies die anfängliche Förmlichkeit der Herzogin gegenüber fallen. „Georgiana, ich habe Dir und Charles schon immer vertraut und Ihr ward für mich ...nach Vaters Tod... Ach, Du weißt schon. Bitte lass gut sein.“ Sein Körper verkrampfte sich plötzlich und seine Bewegungen verloren ihre übliche Geschmeidigkeit. Das Auffälligste allerdings war diese plötzliche, offenkundige Erschöpfung. „Du brauchst nicht darüber zu sprechen, mein Lieber! Hier wird Dich niemand mit Fragen quälen, die Du nicht beantworten möchtest! Gib Dir Zeit. Atme ein paar Mal tief durch.“ Sie verstand, was ein Soldat, der einen langen Krieg gekämpft hatte am Ende durchmachte, wenn die Gefahr überstanden war. Als der Herzog von Richmond noch Lord Charles Lennox gewesen war, war er auch aus einem Krieg zu ihr zurückgekommen und es hatte viele Monate gedauert, bevor er den Mut fand, sich ihr anzuvertrauen. Sie wandte sich ihrer ältesten Tochter zu.“ Sarah, ich muss mich noch um ein paar Dinge kümmern und überlasse Arthur jetzt Deiner Fürsorge.“ Das verschwörerische Lächeln das zwischen Mutter und Tochter ausgetauscht wurde, entging dem Offizier.

      Ein Dienstmädchen tauchte im Wintergarten auf. Sarah bat darum, Tee und Gebäck zu bringen, dann schlenderte sie zu einem kleinen, mit Kissen überfüllten Rattan Sofa unter einer üppigen Bananenstaude und lies sich ausgesprochen lässig und wenig damenhaft hinein plumpsen. “Hier müsstest Du Dich doch richtig wohl fühlen. All unsere komischen Grünpflanzen, die einem die Sicht hinunter auf die Themse versperren und diese feuchte Wärme, wenn die Sonne durch das Glas scheint. Nur Schlangen, Skorpione und andere Ungeheuer, an die Du gewöhnt bist, können wir Dir leider nicht bieten.“

      Arthur zog einen Sessel neben den von Sarah. “Ob Du es glaubst, oder nicht! Ich habe mich zwar dauernd im Dschungel herumgetrieben, aber ich habe in zehn Jahren in Indien nicht eine einzige lebendige Schlange zu Gesicht bekommen und einem Skorpion bin ich auch nie begegnet. Abgesehen von Krokodilen, gigantischen Kakerlaken, riesigen Stechfliegen und Blutegeln hatte ich mit diesem bissigen Viehzeug wirklich Glück.“ Er betrachtete Sarah ziemlich unverfroren.

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