Adler und Leopard Teil 1. Peter Urban

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Adler und Leopard Teil 1 - Peter Urban страница 8

Автор:
Серия:
Издательство:
Adler und Leopard Teil 1 - Peter Urban

Скачать книгу

ein, wenn die Diskussion auszuarten drohte oder man den Gast aus der Armee zu sehr bedrängte. Sarah war so in ihrem Spiel gefangen, dass sie Arthur vergessen zu haben schien. In einem völlig unverständlichen Fachjargon legte sie sich mit einem schnauzbärtigen Schotten namens Hume an. Ihre Wangen glühten. Sie ähnelte wieder dem kleinen Hitzkopf, dem er vor vielen Jahren Dornen aus den Fingern gezogen hatte, weil sie es bei irgendeinem unerlaubten Vergnügen im Garten zu weit getrieben hatte. Er hatte das Gefühl, dass er gerade dabei war, sich Hals über Kopf in Sarah Lennox zu verlieben. Sie war Charlotte so ähnlich: diese Angewohnheit, ihre Worte mit wilden Gesten zu unterstreichen; die kleine Brille, die zwischen ihren Fingern kreiste, wenn sie sich über irgendetwas ärgerte.

      Als die Tafel spät in der Nacht aufgehoben wurde, stand ihm der Sinn nicht danach, sich mit ihr in die Kutsche zu setzen und auf dem schnellsten Weg nach Richmond Palace zurückzukehren. „Hast Du Lust auf frische Luft nach dem vielen Wein und den heißen Diskussionen?“, fragte er sie leise. „Hat es Dir bei uns gefallen, Sepoy-General?“, antwortete sie spitzbübisch mit einer Gegenfrage. Arthur nickte. “Ihr seid ein munteres Völkchen. Es ist schon sehr lange her, dass ich mich so gut unterhalten habe.“

      Sarah gab dem Kutscher ihres Vaters Zeichen ohne sie ins West End zurückzukehren. Dann schlug sie an Arthurs Arm den Weg Richtung St.James Park ein. “Es macht Dir also doch nichts aus, über Indien und über den Krieg zu erzählen?“ Er schüttelte den Kopf: “Das Gespräch heute Abend hat wenig mit dem Krieg zu tun gehabt.Ich erzähle Dir ja auch immer bereitwillig über Indien und über die Menschen, ihre Sitten, Gebräuche und den ganzen Rest. Es gibt aber auch ein paar Dinge, an die möchte ich mich nicht mehr erinnern, obwohl sie England in einen Zustand hellster Begeisterung versetzt haben: das Soldatenhandwerk ist ein blutiges Geschäft, Sarah!“ Obwohl es ihn viel Selbstbeherrschung kostete, gelang es Arthur einen Schein von Gelassenheit und Ruhe zu wahren. Bereits ein falsches Wort, eine falsche Bemerkung konnten vor seinem inneren Auge Bilder des Grauens auslösen. Zum Glück war der Park beinahe menschenleer. Irgendwo fanden sie eine kleine Holzbank und er bat Sarah sich zu setzen.

      "Lasse mir ein wenig Zeit. Ich muss zuerst einmalmit mir selbst wieder ins Reine kommen und ein paar Dinge verdauen“, bat es sie, “und irgendwann erzähl ich Dir dann die ganze Geschichte vielleicht... Nur nicht hier und heute…es geht einfach nicht…“ Arthurs graublauen Augen blickten Sarah flehend an. Sie waren nicht mehr so kalt und hart, wie auf dem Ball von Lady Holland. Auf den Schlachtfeldern Indiens hatten viele gute Freunde ihr Leben verloren…und noch mehr Feinde. Er war sich nach knapp zwanzig Jahren im roten Rock immer noch nicht sicher, ob er überhaupt für das Kriegshandwerk das Herz besaß. Arthur war nie auch nur im Geringsten auf irgendeinen seiner militärischen Erfolge stolz gewesen. Er hatte sich über keinen einzigen seiner Siege je gefreut. Seit dem Feldzug in den Niederlanden und Boxtel verfolgten ihn die Toten bis in seine Träume. Und es wurden immer mehr: nachts wachte er regelmäßig schweißgebadet und zitternd vor Angst auf, weil die Schreie der Verletzten und Sterbenden ihm in den Ohren klangen…und das Grollen der Kanonen. Namen, wie Assaye, Argaum oder Gawilghur, die sein Land in hellste Begeisterung versetzt hatten, versetzten ihn nur in einen Zustand tiefster Niedergeschlagenheit. Hinter seinen kalten Augen versuchte Arthur verzweifelt ein viel zu weiches Herz und eine sehr verletzliche Seele zu verbergen. “ Du wolltest vorhin doch wissen, worüber ich mir Sorgen mache", wechselte er rasch das Thema. Er hoffte, dass Sarah seine zittrigen Hände übersah. Er klemmte sie sich zwischen die Knie. Während ihm der kalte Schweiß über den Rücken lief und sein Hemd durchtränkte, erzählte ihr ausführlich von den Gesprächen mit dem Kriegsminister Castlereagh und dem Premierminister von England. Als er fertig war, hatte er sich innerlich wieder beruhigt. Die Antwort, die Arthur von Sarah erhielt, ähnelte der, die, er sich selbst einige Stunden zuvor auch gegeben hatte: "Gehe Deinen Weg und lasse Dich nicht kaufen. Wenn Du heute sofort nachgibst, wird man Dich morgen nicht mehr achten und anschließend wird dich irgendjemand aus der Regierung immer wieder als Instrument der Macht benutzen. Und wenn Du niemandem mehr nützlich bist, wird man Dich wegwerfen, wie einen alten Knochen."

      Nachdem Arthur, den Premierminister verlassen hatte, hatte er bereits einen ähnlichen Entschluss gefasst. Er würde genau das Gegenteil von dem tun, was man ihm geraten hatte und in erster Linie seinen eigenen Weg weitergehen. Er wollte sich weder beugen, noch einschüchtern lassen. Sollte er sich allerdings doch irgendwann einmal entscheiden, dann wollte er den Tories seine Bedingungen nennen. Sollte man versuchen ihn zum Gehorsam zu zwingen, wo es nur um persönliche Überzeugung ging, hatte er beschlossen, sich einfach aus dem öffentlichen Leben zurückzuziehen. Sollte es unvermeidbar sein, dann war Arthur sogar bereit seinen Abschied aus der Armee zu nehmen. Sie hatte ihn in Indien nicht mit Geld kaufen können, sie würden ihn in England nicht mit Einfluss und Macht korrumpieren.

      Sarah legte ihren Arm um seine Schulter. Er hatte einen schweren Weg gewählt. Sie befürchtete, dass man einen von Englands begabtesten Soldaten so lange auf einem langweiligen militärischen Posten würde schmoren lassen, bis er entweder nachgab, oder den Abschied nahm. Arthur legte den Kopf zutraulich an ihre Schulter. Er schloss die Augen. Er fühlte sich in diesem Augenblick einfach nur todmüde und erschöpft. Alles war ihm so gleichgültig: seine Karriere, sein nächstes Kommando, der Krieg gegen Frankreich, Bonaparte, Richard. "Verzeih mir bitte, Sarah, aber außer Dir habe ich niemanden, mit dem ich offen reden kann. Es ist sonst nicht meine Art, andere mit meinen Sorgen zu belästigen.", seufzte er leise. Sarah zog ihn fester an sich: „Du belästigst mich nicht mit Deinen Sorgen. Freunde sind dazu da, einander in schwierigen Augenblicken beizustehen. Du hast Dich sehr verändert, Arthur …und nicht zu Deinem Nachteil. Als Du damals mit Deinem Regiment aus Europa fortgegangen bist, hat Papa sich große Sorgen um Dich gemacht. Er war sich nicht sicher, ob Du in der indischen Schlangengrube auch nur einen Tag überleben würdest. Und dann kamen die ersten Nachrichten aus der Kolonie: mein Vater und viele andere haben sich gewundert. Niemand hatte Dir je etwas zugetraut und dann warst Du plötzlich der Einzige, der keine Fehler machte, der nur siegte, dessen Provinz blühte. Weißt Du, Papa hat mir sogar erzählt, dass es einflussreiche Männer in der Regierung und in der Ostindischen Kompanie gab, die an Richards Stelle Dich zum Generalgouverneur von Britisch-Indien ernennen wollten. Doch dann besannen sie sich darauf, dass ‚General Wellesley‘ ja nur ein Soldat sei und der steinalte, todkrank Cornwallis wurde übers Meer geschickt. Den Rest der Geschichte kennst Du." Als Sarah geendet hatte, stand Arthur auf und nahm ihre Hand in die Seine. Langsam gingen die Beiden durch den St.James‘ Park nach Richmond Palace zurück.

      Am 21.Oktober 1805 wurde Frankreich von den Briten in der Seeschlacht bei Kap Trafalgar vernichtend geschlagen. Doch England bezahlte für diesen Erfolg einen hohen Preis: das Leben von Admiral Lord Horatio Nelson. Es hatte kaum eine Woche gedauert, bis diese Nachrichten den Kriegsminister und die Regierung erreichten. Arthur befand sich im Kartenraum des Generalstabs der englischen Landstreitkräfte. Er betrachtete gerade eine große Karte. Am 5.August 1796 hatte in der Anfangsphase des Italien-Feldzuges den Österreicher Wurmser geschlagen, weil dieser sein Heer geteilt hatte, um die französischen Kommunikationslinien zu unterbrechen.

      „General Wellesley, ein Befehl des Kriegsministers,“, riss ihn ein Ordonnanzoffizier aus seinen Gedanken, “man wünscht, Sie umgehend zu sehen!“ Arthur nahm dem Mann den Umschlag ab und lass. Wenn Castlereagh ihm gegenüber das Wort unverzüglich benutzte, dann war irgendetwas Schlimmes geschehen. Er ließ seine Notizen und die Karte liegen und ließ sein Pferd aus dem Stall holen. Nur zehn Minuten später übergab er die Zügel eines aufgeregten und schweißnassen Tieres einem der Wachposten vor dem War Office in Whitehall und betrat das Büro des Kriegsministers ohne anzuklopfen.

      "General, die französische Flotte existiert nicht mehr! Es wird nie eine Invasion Englands geben. Wir haben sie vor Kap Trafalgar geschlagen und die meisten Schiffe der Frösche versenkt!", überfiel der Kriegsminister Arthur mit den letzten Neuigkeiten. Dann zögerte er einen kurzen Moment. “Nelson ist gefallen. Kurz vor dem Ende traf ihn die Kugel eines französischen Scharfschützen ins Rückgrat.“

      Arthur nahm die Nachricht vom Tod seines Kameraden ohne einen Kommentar hin. Die Überlebenschancen hoher Offiziere im Fronteinsatz waren nicht besonders

Скачать книгу