Ein halbes Dutzend Mord. Bernharda May

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Ein halbes Dutzend Mord - Bernharda May

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es mir ab.‹

      ›Daniel hatte es mal mit ins Büro genommen‹, fügte Sahin hinzu. ›Er bat mich, es kindersicher zu programmieren, damit es seine Tochter für die Schule und dergleichen verwenden könne. Warum fragen Sie?‹

      Tork antwortete nicht darauf, sondern reichte Sahin das Gerät mit der Bitte, er solle im Internet mithilfe einer beliebigen Suchmaschine nach einem Rezept für Sachertorte stöbern. Der IT-Fachmann gehorchte und nach nur wenigen Klicks runzelte er die Stirn.

      ›An Ihrem Gesichtsausdruck erkenne ich, dass Ihnen die gleiche Ungereimtheit auffällt wie mir‹, sagte Tork. ›Ich bin froh, mich durch einen Experten bestätigt zu sehen.‹

      Da Agnes und ich im Gegensatz zu den beiden nicht wussten, worum es überhaupt ging, bat ich Tork, etwas ausführlicher zu werden.

      ›Als ich die Chronik der aufgerufenen Internetseiten aufgerufen habe, fiel mir auf, dass Louise nur eine einzige Homepage mit einem Rezept für Sachertorten gefunden hatte‹, sagte der Kommissar, ›obwohl es viel mehr gibt. Sehen Sie, wenn ich über mein Handy nach Rezepten suche, werden mir in jeder Suchmaschine Ergebnisse im vierstelligen Bereich gezeigt.‹

      Ich verstand schnell, worauf Tork hinaus wollte: Jemand musste an dem Netbook herumgedoktort haben, damit Louise zwangsläufig das Rezept mit den Maiglöckchen finden würde. Dass sie diese Homepage aufgerufen hatte, war kein Zufall gewesen!«

      »Ein Beweis dafür, dass jemand Daniel bewusst vergiften wollte«, unterbrach Ronald, »und in Vorbereitung darauf für die manipulierte Torte gesorgt hatte.«

      Zum zweiten Mal während der Schilderung des Falles schaltete sich Wilma Voigt ein.

      »Ich bin wirklich nicht sehr klug, was solche kriminologischen Schritte angeht«, sagte sie, »aber sollte der Kommissar nicht erst einmal überprüfen, ob Louise die Torte wirklich allein gebacken hat? Die Mutter, diese Ruth, muss doch mitbekommen haben, dass das Mädchen ein falsches Rezept ausgesucht hat. Oder hat sie das Kind alles völlig allein machen lassen? Wie unverantwortlich! Und faul dazu!«

      »Tatsächlich hatte Ruth die kleine Louise mehrmals unbeaufsichtigt in der Küche gelassen, um den Kaffeetisch zu decken und Sahin zu begrüßen, der sehr zeitig eingetroffen war«, sagte Herrmann. »Sie vertraute auf die Selbständigkeit ihrer Tochter. Einzig beim Stürzen und Zerschneiden des Tortenbodens half sie ihr.«

      »Unverantwortlich«, fand Wilma.

      »Derjenige, der das Internet manipuliert hat, muss gewusst haben, dass Louise unbeaufsichtigt backen würde«, warf ihr Bruder Bert ein.

      »Guter Punkt!«, lobte Herrmann.

      »Und er muss sichergegangen sein, dass sie die Maiglöckchen auch ja nicht vergisst«, setzte Cornelia hinzu. »Wenn wir erfahren, woher Louise die Blumen hatte, kommen wir vielleicht auf den Mörder!«

      »Wie sich herausstellte, hatte Louise die Maiglöckchen am Tag zuvor in Agnes’ kleinem Garten pflücken dürfen«, erzählte Herrmann. »Tork hatte das aus dem kurzen Gespräch mit dem Kind erfahren, und darauf angesprochen bestätigte die Apothekerin diese Information.

      ›Das ist alles, was in meinem winzigen Gärtchen zurzeit wächst‹, rechtfertigte sie sich uns gegenüber, ›und ich habe schließlich nicht wissen können, was die Kleine damit vorhatte.‹«

      »Da haben wir’s!«, rief Cornelia fröhlich aus. »Die Apothekerin war’s!«

      »Noch haben wir gar nichts, liebe Tante«, widersprach Ronald. »Schließlich wissen wir nicht, wie Daniel nun wirklich vergiftet worden ist. Die ganze Maiglöckchenangelegenheit diente ja nur als Ablenkung!«

      »Was die wirkliche Ursache der Vergiftung anging, kam dank der Spurensicherung schnell Klarheit auf«, ergriff Herrmann wiederum das Wort und alle lauschten gespannt. »Die Beamten hatten unterm Tisch eine Schachtel Tabletten gefunden. Es handelte sich um ein Medikament mit dem Wirkstoff Digoxin, welcher bei Überdosis Herzprobleme verursachen kann – bis hin zum Tod. In meiner Laufbahn bin ich bereits öfter mit dieser ›Tatwaffe‹, wenn mir diese Bezeichnung gestattet ist, konfrontiert worden, und auch Tork war sie nicht fremd.

      Als man ihm die Schachtel zeigte, erledigte er sofort zwei Telefonate: Eines mit dem Krankenhaus, wo Daniels Leiche geblieben war, und eines mit dem Polizeirevier. Die Ärzte sollten den Toten auf Spuren von Digoxin prüfen, die Kollegen hingegen einen Experten hinzuziehen, der die Website hacken konnte. Sie wissen schon, die IP-Adresse des Programmierers herausfinden und damit der Verursacher jenes Maiglöckchenstreichs orten. Solange die Website online war, blieben ja noch viele andere User gefährdet!

      Erst nach den Anrufen begutachtete er die Tablettenschachtel genauer. Er fragte uns alle der Reihe nach, ob uns das Medikament gehöre und falls nicht, ob wir die Schachtel am Nachmittag gesehen hätten. Wir alle, auch Ruth, verneinten. Tork zog sich einen Gummihandschuh über die Finger, öffnete die Packung und zog eine dieser Plastikstreifen heraus, in denen normalerweise die Tabletten in einzelnen Hülsen versiegelt sind, bis man sie jeweils für die Einnahme herausbricht. Die Hülsen dieses Plastikstreifens waren bereits allesamt geleert.

      ›Es ist davon auszugehen, dass der Inhalt der Schachtel dem Verstorbenen zugeführt worden ist und seinen Tod verursacht hat‹, sagte Tork ernst. ›Dem Fundort der Schachtel nach zu urteilen, muss die Zufuhr während Ihrer Kaffeerunde erfolgt sein. Es tut mir leid, aber ich muss Sie alle dazu befragen.‹

      Ich glaube, es tat ihm wirklich leid. Er war ein Fremder mitten in einem Trauerhaus und uns allen sah man an, dass Daniels Tod uns nahe ging. Es war kein guter Augenblick für Vernehmungen, deshalb wies Tork sogleich in freundlicherem Ton darauf hin, dass die Kriminalpolizei die Beteiligten in den Folgetagen aufs Revier laden würde.

      ›Sie kommen zu uns, wenn Sie alle wieder bei Kräften sind‹, sagte er.

      ›Und solange bleiben wir verdächtig, wie?‹, entgegnete Agnes gereizt. ›Ihre Strategie sieht doch nur vor, dass wir uns alle gegenseitig beschuldigen, die Packung Tabletten heimlich hergebracht zu haben!‹

      Tork schüttelte den Kopf und wusste nicht recht, wie er auf die Apothekerin reagieren sollte. Ich versuchte die Situation zu entspannen, indem ich mich bereit erklärte, gleich an Ort und Stelle meine Aussage zu machen. Meinem jungen Kollegen war das sichtlich unangenehm, schließlich war ich sein Vorgesetzter. Als aber Ruth und Sahin bestätigten, dass ich fast als Letzter eingetroffen war und außer einem Blumenstrauß nichts bei mir gehabt hatte, schien Tork erleichtert.

      ›Ihr Sakko passt ohnehin nicht‹, meinte er.

      Ich verstand nicht und fragte, was er meine. Da kramte er aus seiner Jackentasche eine Pinzette hervor, nahm die Plastiktüte mit der Tablettenschachtel in die linke Hand und tauchte mit der rechten die Pinzette hinein. Er erwischte einen dunkelblauen Faden, der sich an einer Ecke der Packung verfangen hatte, zog ihn aus der Tüte und hielt ihn uns allen vor die Nase.

      ›Dieser dünne Faden ist mir gleich aufgefallen. Sie werden ihn dagegen vermutlich übersehen haben. Es könnte sich dabei um einen losen Faden aus eben jener Tasche handeln, in der die Schachtel gesteckt hatte, bevor man sie, vollständig geleert, unter das lange Tischtuch fallen ließ. Möglicherweise wollte der Täter oder die Täterin die Schachtel zunächst dort verstecken und später abholen, um sie ganz zu entsorgen.‹

      Tork wandte sich an Sahin.

      ›Ist das Ihr Sakko, das dort am Kaffeetisch über der Stuhllehne hängt?‹

      Sahin

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