Ein halbes Dutzend Mord. Bernharda May

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Ein halbes Dutzend Mord - Bernharda May

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Stunden, sieben Tage die Woche für sie im Einsatz sind.«

      »Apropos vierundzwanzig Stunden«, unterbrach sie Ronald etwas ungalant. »Die Lösung des Falls wartet, wenn er, wie versprochen, in der vorgegebenen Zeitspanne wirklich aufgeklärt wurde.«

      »Wurde er«, versicherte Herrmann, »allerdings doch nicht ganz so zügig, wie Sie alle im Augenblick denken. Tork stolzierte nicht ins Büro, er nahm Sahin nicht umstandslos fest, und der Verdächtige gestand auch nichts. Es gestaltete sich alles wesentlich komplexer.

      Zunächst sprach Tork mit Daniels Vorgesetzten über das Beförderungsschreiben. Damit hatte alles seine Richtigkeit. Die interne Post hatte den Geschäftsbrief am Vortag um Punkt 9 Uhr geliefert. Zufrieden mit der Antwort ging Tork weiter zu Daniels Büro. Sahin saß darin verloren auf seinem Bürostuhl, während ein Computerexperte von der Polizei die zwei PC durchforstete, die auf dem großen Schreibtisch standen.

      Er hatte sich auf Daniels leeren Platz gefläzt und achtete nicht darauf, wie er das dunkelblaue Jackett über der Lehne dabei zerknitterte. Wirklich schade war es nicht darum, dachte ich, denn die Dinger waren schlecht gearbeitet. Daniels Firma legte vielleicht Wert auf eine Einheitskleidung, viel Geld hatte sie allerdings nicht dafür hingelegt.

      Unser Experte schüttelte unzufrieden den Kopf, erhob sich vom Stuhl und winkte Sahin wortlos von seinem Platz. Dann widmete er sich dem anderen PC. Er starrte auf den Monitor, während er in unglaublich hoher Geschwindigkeit in die Tastatur einhieb.

      ›Bingo‹, rief unser Experte aus und zeigte auf den Bildschirm.

      Tork und ich sahen nur einige weiße Zeilen mit unverständlichen Codes auf blauem Hintergrund. Der Experte bemerkte die Fragezeichen in unseren Gesichtern und ließ sich herab, ausführlicher zu werden:

      ›Von diesem PC hier wurde die Website, die Sie suchen, an den Server geschickt. Erst gestern wurde sie um 9 Uhr früh aktualisiert. Wer immer hier auf diesem Platz sitzt, muss sie demnach programmiert haben.‹

      Sahin wurde blass, jedenfalls soweit man das bei seinem dunklen Gesicht behaupten konnte. Er stotterte hilflos herum, dass das nicht möglich sei. Er verstünde gar nichts von Torten und ebenso wenig von Blumen.

      Ehe Tork auf Sahins Gestammel eingehen konnte, kam eine junge Frau um die Ecke geflitzt. Entschuldigen Sie meine Wortwahl, aber ein anderer Begriff passt hier nicht. Sie schien wirklich wie ein Wirbelwind durch die Gänge zu fegen! Jedenfalls beachtete sie uns alle nicht, sondern äugte nur nach Sahin. Sobald sie ihn erblickt hatte, warf sie ihm drei Postumschläge zu und rief mit kaugummigefülltem Mund:

      ›Ist schon neune durch und du kommst eure Post nicht holen, du Trantüte! Weißt doch, dass ich Zeit verplempere, wenn ich bis zu euch runter in den Keller muss. Nochmal stehe ich nicht in der Raucherecke und warte umsonst!‹

      Und eins fix drei, war sie wieder weg.

      ›Ist das Ihre interne Postbotin?‹, fragte Tork.

      Sahin nickte.

      ›Normalerweise nehme ich ihr den Weg zu uns in die IT-Abteilung ab, da wir uns eh in der Raucherecke sehen. Heute ging es ja nicht, weil Sie alle hier sind. Deswegen ist sie wohl sauer.‹

      Tork schritt langsam zu Daniels Stuhl und nahm dessen Sakko auf.

      ›Das Stichwort Post erinnert mich an den Brief für den Verstorbenen, den Sie abgefangen haben‹, sagte er gemächlich. ›Ein Sachverhalt, für den Sie uns noch eine befriedigende Erklärung schuldig sind. Huch!‹

      Aus Daniels Sakko flog ein weißer Briefumschlag zu Boden.

      ›Den muss er samt Jackett gestern hier vergessen haben‹, vermutete ich.

      Ich glaube, das waren die ersten Worte, die ich laut aussprach, seitdem ich die Firma betreten hatte. Es war wie ein Déjà-vu: Tork nahm den Umschlag, der ebenfalls bereits geöffnet war, entnahm ihm einen Brief und wieder war es ein Geschäftsbrief. Nur war der Inhalt ein ganz anderer.

      ›Ein Bestätigungsschreiben von einer Lebensversicherung‹, sagte Tork und schaute aufs Datum. ›Daniel hat sie bereits vor zwei Jahren abgeschlossen!‹

      ›Soll das heißen, er trug all die Zeit den Brief mit sich herum?‹, fragte ich ungläubig, wartete die Antwort nicht ab und schob gleich die nächste Frage hinterher: ›Wer ist denn begünstigt?‹

      Die Auskunft überraschte mich nicht: Es war Ruth, die im Falle von Daniels Tod eine ansehnlich hohe Summe Geld erhalten sollte.«

      »Endlich, ein Motiv!«, freute sich Ronald. »Damit rückt Ruth in den Kreis der Verdächtigen!«

      »Ein Motiv hatten wir schon vorher, jedenfalls was Sahin angeht«, meinte seine Großtante. »Wenn er das Schreiben über das Beförderungsangebot abfing, dann sicherlich, weil er selbst auf den Posten scharf war, den Daniel bekommen sollte.«

      Cornelia schloss die Augen und sprach aufgeregt weiter:

      »Ich sehe es genau vor mir: Sahin neidet Daniel den Erfolg, fängt den Brief ab und meint, wenn sein Kollege sich nicht beim Vorgesetzten meldet, wird die Frist verstreichen und er, Sahin, würde den Posten kriegen. Dann fürchtet er aber, der Vorgesetzte könnte das direkte Gespräch mit Daniel suchen. Es käme heraus, dass der Brief verschwand. Die Hausbotin weiß genau, dass sie Sahin den Umschlag gab. Also muss er zu drastischeren Mitteln greifen, um seinen Konkurrenten auszuschalten: Er muss ihn töten!«

      »Ich widerspreche dir, mein Schatz«, sagte Hans-Georg, »und tippe auf die Apothekerin! Dieses Digoxin ist gewiss verschreibungspflichtig (hier nickte Judith bestätigend) und niemand anderes außer ihr konnte daran ohne Probleme rankommen. Sie bringt es heimlich ins Haus, lässt dabei die Kunden vor verschlossener Türe stehen und erfindet dann eine Art von Alibi, welches niemand nachweisen, aber auch niemand anzweifeln kann. Schlaue Dame, diese Agnes!«

      »Und ihr Motiv?«, fragte Cornelia.

      »Das Haus!«, behauptete ihr Ehemann prompt. »Sie will den Urzustand ihres alten Heims wiederherstellen. Beklagte sie sich nicht über den kleinen Garten? Hat Herr Herrmann nicht ausführlich von den beengten Verhältnissen gesprochen, in welchen sich die Apothekerfamilie wiederfand, nachdem sie die Hälfte ihres Eigentums verkaufen musste? Möglicherweise hatte sie genug angespart, um es zurückzukaufen, aber eine junge, aufblühende Familie würde die eigenen vier Wände nicht aufgeben. Eine alleinerziehende Mutter dagegen vielleicht schon..?«

      »Ich halte diese Agnes nicht für schuldig«, bekundete Kay. »Wir dürfen nicht vergessen, dass der Täter oder die Täterin die ganze Angelegenheit mit der Website in die Wege geleitet haben muss. Wer käme da besser in Frage als die Frau eines IT-Spezialisten? Sicherlich hat sie ihren Daniel ab und an im Büro besucht. Wenn er sie nur ein paar Mal dort allein ließ, war es ihr möglich, von einem der PCs aus das leidige Rezept ins Internet zu stellen. Und ihre Kenntnisse hätten bestimmt auch ausgereicht, das Netbook ihrer Tochter wunschgemäß zu manipulieren.«

      »Vielleicht waren es sogar Ruth und Sahin gemeinsam«, meinte Cornelia. »Was, wenn sie ein heimliches Liebespaar gewesen sind? Dann wären Beförderung und Lebensversicherung quasi der Bonus zu dem geglückten Mord gewesen!«

      Kay fand Gefallen an der Idee und stimmte seiner Gastgeberin zu. Cornelia freute sich zwar über die Verstärkung, registrierte aber innerlich, dass sie Kay trotzdem keinen Deut besser leiden konnte. Unterdessen schmunzelte Ronald:

      »Wir haben

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