Ein halbes Dutzend Mord. Bernharda May

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Ein halbes Dutzend Mord - Bernharda May

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alle so eins.‹

      ›Quasi eine Einheitskleidung für alle Mitarbeiter?‹, fragte Tork und Sahin nickte abermals.

      Der Kommissar ging auf besagten Stuhl zu, hielt den Faden daran und wir sahen, dass die dunkelblaue Farbe übereinstimmte. Alle wussten, was uns Tork damit sagen wollte.

      ›Wollen doch mal sehen, ob in den Innentaschen irgendwo eine Faser beschädigt ist‹, sprach er und untersuchte das Sakko.

      Dabei glitt ein Umschlag aus der Innentasche.

      ›Sieh einmal an, ein Brief an Ihren Kollegen Daniel in Ihrem Jackett? Und sogar geöffnet!‹

      Tork holte einen Bogen Papier aus dem Umschlag. Ich konnte an dem getippten Text erkennen, dass es sich um einen Geschäftsbrief handelte. Mein Kollege las ihn nicht laut vor, fasste aber zusammen:

      ›Es ist ein Angebot für eine Beförderung. Sahin, haben Sie diese Post an Ihren Kollegen absichtlich abgefangen?‹

      Bevor der Befragte Antwort geben konnte, mischte sich Ruth ein:

      ›Ich weiß, was Sie denken, Herr Kommissar! Aber Sahin hat mit der Sache nichts zu tun. Seitdem er hier eintraf, war er nie allein im Wohnzimmer, um irgendetwas in Daniels Kaffee oder Kuchen oder sonstwohin zu tun. Er war immer – wie sagt man in Ihrem Metier? – unter Aufsicht! Ebenso wie Herr Herrmann hier. Ich empfing sie alle an der Tür und geleitete sie zu Tisch.‹

      ›Wie aber kam die Schachtel hierher, wenn sie keinem gehörte?‹, höhnte Tork. ›So, wie Sie es alle darstellen, müsste sie ja ungesehen von allein unter den Wohnzimmertisch gekrochen sein.‹

      Der bisher so freundliche Kommissar wurde etwas rot im Gesicht und ich wunderte mich über seine plötzliche Grobheit. Tork musste meine Irritation bemerkt haben, denn er atmete tief durch und fuhr dann etwas ruhiger fort:

      ›Entschuldigen Sie bitte meinen Ausbruch. Mir scheint jedoch, irgendjemand hatte vor, ein kleines, naives Mädchen als Mörderin ihres Vaters darzustellen. Und das wühlt mich auf.‹

      Später lernte ich Tork etwas besser kennen und heute kann ich ihn gut verstehen. Er ist Vater zweier Jungen, die damals wohl im gleichen Alter wie Louise gewesen sein mochten. Der Gedanke, dass Erwachsene für ihre mörderischen Pläne sogar Kinder instrumentalisierten, konnte selbst ihn als Kommissaren erschüttern.

      Ruths ehrenhafte Verteidigung Sahins wiederum hatte mich auf eine Idee gebracht, die eigentlich ziemlich naheliegend war. Ohne Tork um Erlaubnis zu fragen, richtete ich an Agnes eine Frage, wo sie denn gewesen sei, als ich gerade einen Parkplatz suchte.

      ›Vor Ihrer Apotheke befand sich eine lange Schlange von Leuten, also waren Sie gerade nicht dort‹, erklärte ich. ›Wenn Daniel und Ruth gerade Sahin an der Vordertür begrüßten, hätten Sie ohne Weiteres unbemerkt über die Terrasse ins Wohnzimmer schleichen können und das Digoxin präparieren können!‹

      ›Als Apothekerin hätten Sie jedenfalls problemlos Zugriff auf Medikamente dieser Art‹, fügte Tork hinzu.

      Agnes Gesicht färbte sich violett, eine Farbe, die ich selten bei Menschen mit Wutausbruch gesehen habe. Sie keifte Tork und mich an, dass wir ganz typische Polizisten seien, die überall nur Verbrechen wittern. Mit einer eigentümlichen Art von Stolz erklärte sie uns dann, sie sei zu jenem Zeitpunkt auf der Toilette gewesen.

      ›Sie können sich ja einen Hausdurchsuchungsbefehl besorgen, um bei mir Spuren für die Richtigkeit meiner Aussage zu suchen‹, sagte sie trocken. ›Ich für meinen Fall verabschiede mich aus dieser Runde und werde zu Bett gehen.‹

      Sie schritt an den Beamten vorbei, quer durchs Wohnzimmer, und verließ es durch die Terrassentür, ohne sich noch einmal umzusehen.«

      Kay musste auflachen.

      »Sie war auf dem Klo!«, rief er aus. »Köstlich! In einem Kriminalfilm dient so etwas Profanes nie als Alibi! Also, ich glaube ihr.«

      Herrmann überging Kays Geschwätz und fuhr fort:

      »Der Abgang der Apothekerin zeigte uns, dass weitere Befragungen zu jenem Zeitpunkt denkbar ungünstig gewesen wären. Tork und die anderen Beamten zogen sich aus dem Haus zurück, auch ich sagte Ruth gute Nacht und lediglich Sahin blieb bei ihr.

      ›Ich werde das Gästezimmer zurecht machen‹, hörte ich Ruth noch sagen, bevor die Tür hinter mir ins Schloss fiel.

      Draußen stand Tork an seinem Wagen und sah nachdenklich in den dunklen Nachthimmel. Mittlerweile war es 21 Uhr. Ich trat an ihn heran, um nachzufragen, ob er einen Rat von einem alten Hasen wie mir brauche. Just in diesem Moment aber klingelte sein Handy. Er ging ran und rief nach einigen Augenblicken erfreut:

      ›Das ist ja großartig! Was für ein Tempo!‹

      Und zu mir gewandt flüsterte er:

      ›Wir haben die IP-Adresse vom gesuchten Webmaster.‹

      Ich staunte über die Geschwindigkeit, mit der die Experten den Urheber des giftigen Rezeptes ausgemacht hatten. Was doch in der digitalen Welt alles möglich war! Tork hingegen war nicht so schnell zu begeistern. Er schätzte zwar ebenfalls den raschen Fortgang der Ermittlungen, meinte aber, wie seltsam es sei, dass der Webmaster seine Identität nicht besser verschlüsselt habe.

      ›Als ob er nicht damit rechnete, dass die Spur zu ihm führen könnte‹, meinte er, zuckte dann mit den Schultern und bot an, mich morgen früh abzuholen. ›Ich habe die Anschrift bekommen, wo der gesuchte PC steht, mit dem die Website programmiert wurde. Sie können mich gern dorthin begleiten, es ist hier in der Stadt.‹

      Gern nahm ich seinen Vorschlag an. Anschließend stieg Tork in seinen Wagen und fuhr davon. Den Namen oder die Anschrift des Webmasters verriet er mir nicht und ich musste ungeduldig den folgenden Tag abwarten, bis ich Näheres erfuhr. Als Tork schließlich (mit mir auf dem Beifahrersitz) vor jenes Gebäude fuhr, aus dem das giftige Rezept stammte, staunte ich nicht wenig!«

      Hier fügte der ehemalige Kriminaldirektor eine kleine Kunstpause ein. Seine Zuhörer machten keinen Mucks – ihre volle Aufmerksamkeit galt ihm. Henry Herrmann fühlte sich in diesem Augenblick sehr wohl.

      »Wir parkten nämlich ausgerechnet vor der Firma, in deren IT-Bereich Daniel tätig gewesen war«, löste Herrmann den Spannungsmoment auf.

      »Also führte die Spur zu seinem Kollegen Sahin?«, fragte Judith.

      »Dieselbe Vermutung äußerte ich Tork gegenüber«, sagte der Kriminaldirektor, »aber der antwortete mir ebenso munter wie vage:

      ›Wir werden sehen.‹

      Und mit schnellen Sprüngen lief er ins Bürogebäude.

      ›Ich habe uns schon angemeldet und einige Leute vorausgeschickt‹, erklärte er mir unterwegs, während ich hasten musste, um mit ihm Schritt zu halten. Offenbar hat er im Gegensatz zu mir einen gesunden Schlaf gehabt.«

      »Wieder etwas, das im Fernsehen ganz anders dargestellt wird«, warf Kay ein. »Dort arbeiten die Kommissare gern ganze Nächte hindurch an ihren Fällen.«

      »Was großer Quatsch ist«, sagte Herrmann. »Ein Kriminalbeamter ist kein Supermann, der ohne Nachtruhe auskommt.«

      »Ähnliche

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